Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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396 Rechtsprechung jedoch nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass auch ein nüchterner Fahrer aus dieser Situation nur die Reaktion an den Tag gelegt hätte, das Lenkrad derart scharf nach links zu lenken, dass das Fahrzeug beim anschließenden Gegensteuern die komplette Fahrbahnbreite nach rechts überquert hat und schließlich rechts neben der Straße zum Stillstand gekommen war. Dem Landgericht ist zuzugeben, dass ein derartiger Fahrfehler auch einem Nüchternen unterlaufen kann, diese allgemeine Möglichkeit reicht jedoch nicht aus, den Anscheinsbeweis zu erschüttern (BGHZ 57, 509; VersR 1976, 729 [= BA 1976, 372]; 1986,141). Vielmehr hätte der Kläger beweisen müssen, dass der Unfall durch eine andere Ursache herbeigeführt worden ist, die auch ein nüchterner Fahrer nicht hätte vermeiden können. Dies hat beispielsweise das OLG Hamm in einer Entscheidung vom 07. August 1985 bei einem Unfall durch auf der Fahrbahn liegende Holzkeile angenommen (VersR 1986, 1185). Der Kläger hat jedoch bereits nicht dargelegt, wieso er den Überholvorgang durch eine Reduzierung der Geschwindigkeit nicht abbrechen konnte. Auch hat er nicht dargelegt, wieso er nicht von der Möglichkeit, den Zeugen G. durch Betätigung der Hupe zu warnen, Gebrauch gemacht hat. Schließlich ist davon auszugehen, dass der Kläger deutlich schneller als der Zeuge G. gefahren ist, denn diesem nüchternen Fahrer gelang es nach den Schleuderbewegungen des klägerischen Fahrzeugs sein Fahrzeug unbehindert und ohne Kollision zum Stehen zu bringen. Insofern hätte sich dem Kläger als Alternativverhalten auch das weitere Beschleunigen anbieten können, um den Überholvorgang gefahrlos zu beenden. Letztlich ist nach wie vor unklar, wieso der Kläger nur das Ausweichmanöver nach links als Möglichkeit, einen Unfall zu vermeiden, angenommen hat. Diese Unklarheiten gehen aber entgegen der Auffassung des Landgerichts zu Lasten des Klägers, der – wie ausgeführt – Umstände nachzuweisen hat, aus denen sich die ernsthafte und reale Möglichkeit ergibt, dass auch ein nüchterner Autofahrer in die streitgegenständliche Unfallsituation geraten wäre. Vorliegend ist ferner davon auszugehen, dass der Kläger ohne vorherigen Alkoholgenuss allgemein vorsichtiger gefahren wäre und den Unfall dann vermieden hätte. Insofern ist ohne Bedeutung, ob jeder alkoholisierte Fahrer grundsätzlich dazu neigt, schneller zu fahren oder ob alkoholisierte Fahrer eher dazu neigen, besonders langsam zu fahren. Tatsächlich hat der Kläger sein Fahrzeug im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit enthemmt bewegt, ohne dass ernsthaft in Betracht kommt, dies stehe mit dem Alkoholgenuss nicht in Zusammenhang (vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW- RR 2001, 101, 103 [= BA 2001, 296]). Immerhin hat er selbst dargelegt, von der Lenkbewegung des Zeugen G. derart aus der Fassung gebracht worden zu sein, dass er nur ein ruckartiges Ausweichen nach links als Ausweg gesehen habe. Hätte der Kläger aber beim Überholvorgang entsprechend § 5 StVO auch auf den vor ihm fahrenden, zu überholenden PKW des Zeugen G. geachtet, und die nicht fern liegende Möglichkeit in Betracht gezogen, dass auch dieser in der Kolonne ein Überholmanöver beabsichtigen könnte, wäre die von BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 ihm geschilderte Überraschungssituation nicht eingetreten. Schließlich ist zu bedenken, dass die konkrete Situation auch für einen nicht alkoholisierten Fahrer bereits erhöhte Anforderungen an sein Fahrverhalten stellte. Das Überholen stellt nach der StVO ein gefährliches Fahrverhalten dar, was sich aus den umfangreichen Hinweisen des § 5 StVO ergibt. Der Fahrer hat demnach auf nachfolgenden, vorausfahrenden und Gegenverkehr zu achten, so dass an sein Reaktionsvermögen erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Im Übrigen sei bemerkt, dass die offensichtlich anzunehmende starke Lenkbewegung eine typische Reaktion für einen betrunkenen Autofahrer darstellt. Ein nüchterner Autofahrer ist grundsätzlich in der Lage, besonnener zu reagieren. Nochmals: Dass der Unfall auch einem nüchternen Autofahrer hätte geschehen können, ist unerheblich. Entscheidend ist, ob ein nüchterner Autofahrer die Situation besser hätte meistern können. Hiervon ist entsprechend den obigen Ausführungen aber auszugehen, so dass die Beklagte von der Verpflichtung zur Versicherungsleistung frei geworden ist. (Mitgeteilt vom Verein zur Veröffentlichung von Entscheidungen aus der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Naumburg) 71. 1. Aufgrund von Vorschriften der StPO und des EGGVG darf die Staatsanwaltschaft auf Anforderung der Fahrerlaubnisbehörde eine Abschrift eines Strafurteils an diese übersenden, wenn diese im Rahmen der Überprüfung der Fahreignung eines Fahrerlaubnisbewerbers von der Verurteilung als solcher in zulässiger Weise Kenntnis erlangt hat. 2. § 2 Abs. 7 Sätze 2 und 3 StVG regeln den Umfang der Ermittlungen der Fahrerlaubnisbehörde nicht abschließend. Für den Umfang der Ermittlungen der Fahrerlaubnisbehörde im Zusammenhang mit einem Fahrerlaubnisantrag ist § 2 Abs. 12 StVG nicht von Bedeutung. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14. September 2004 – 10 S 1283/04 – – 3 K 3250/03 (VG Stuttgart) – Zum Sachverhalt: Der Kläger begehrt die Erteilung einer Fahrerlaubnis. Der am 13. 10. 1982 geborene Kläger lebte bis zu seinem 15. Lebensjahr in Kroatien. Dort erreichte er den Hauptschulabschluss. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1998 absolvierte der Kläger zunächst einen Sprachkurs und anschließend ein Berufsvorbereitungsjahr. Wegen unzureichender deutscher Sprachkenntnisse wurde der Kläger nochmals in einen Berufsvorbereitungslehrgang aufgenommen. Im Juli 2002 beantragte der Kläger bei der Führerscheinstelle der Beklagten die Erteilung der Fahr-

erlaubnis der Klasse B. Die Führerscheinstelle der Beklagten holte Auskünfte anderer Stellen innerhalb des Amtes für öffentliche Ordnung und der Kriminalpolizei über gegen den Kläger vorliegende Erkenntnisse ein. Auf diese Weise erhielt die Beklagte von zwei gegen den Kläger nach § 31a BtMG eingestellten Ermittlungsverfahren wegen Besitzes von geringen Mengen Cannabis (Tatzeitpunkte 08. 10. und 21. 12. 2001) Kenntnis. Ferner wies die Landespolizeidirektion Stuttgart II – Kriminalpolizei – auf ein gegen den Kläger durchgeführtes Strafverfahren hin. Auf ihre Aufforderung übersandte die Staatsanwaltschaft Stuttgart der Beklagten einen Abdruck des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart – Jugendschöffengericht – vom 15. 12. 1999 (201 Ls 51 Js 85525/99). Durch dieses Urteil war der Kläger gemeinsam mit zwei weiteren Angeklagten der versuchten Erpressung und der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen worden. Dem Kläger war auferlegt worden, 50 Stunden gemeinnützige unentgeltliche Arbeit nach Weisung des Jugendamtes zu leisten. Mit Schreiben vom 19. 11. 2002 ordnete die Beklagte gegenüber dem Kläger die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Als im Rahmen der Begutachtung zu klärenden Frage wurde genannt: „Ist trotz der Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential zu erwarten, dass Herr A. die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 (FE-Klasse B) im Verkehr erfüllt?“ Zur Begründung verwies die Beklagte auf das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 15. 12. 1999. Das Verhalten des Klägers zeige ein hohes Aggressionspotential und eine Neigung zur impulsiven Durchsetzung seiner eigenen Interessen. Dies lasse erwarten, dass er auch in konflikthaltigen Verkehrssituationen emotional impulsiv handeln und dadurch das Risiko einer Verkehrssituation noch erhöhen werde, aber auch, dass eigene Bedürfnisse aggressiv durchgesetzt werden sollen. Der Kläger habe daher nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV seine Kraftfahreignung anhand des Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nachzuweisen. Zur Vorlage des Gutachtens wurde dem Kläger eine Frist bis zum 19. 02. 2003 gesetzt. Ferner wurde der Kläger unter Berufung auf § 11 Abs. 8 FeV darauf hingewiesen, dass die unterbliebene oder nicht fristgerechte Vorlage des Gutachtens als Weigerung angesehen werde. Demgegenüber ließ der Kläger erklären, er werde das geforderte Gutachten nicht beibringen. Zur Begründung wies er darauf hin, dass er sich seit der drei Jahre zurückliegenden Tat im Alter von nicht ganz 17 Jahren nichts weiter habe zu Schulden kommen lassen. Mit Verfügung vom 27. 01. 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B ab. Gegen diese Verfügung erhob der Kläger Widerspruch. Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium S. mit Widerspruchsbescheid vom 18. 07. 2003 zurück und führte zur Begründung aus: Das Verhalten des Klägers anlässlich der Straftat vom 09. 10. 1999 lasse auf ein erhöhtes Aggressionspotential schließen. Der Kläger habe den Geschädigten getreten und diesen im Bereich Rechtsprechung 397 des Halses und der Wange verletzt. Die Beklagte habe das ihr nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Fe V zustehende Ermessen sachgerecht ausgeübt. Denn es liege im öffentlichen Interesse, nur denjenigen ein Fahrzeug führen zu lassen, der hierzu auch geeignet sei. Hinzu komme, dass hinsichtlich des Klägers in der Vergangenheit zwei Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz anhängig gewesen seien. Der von der Staatsanwaltschaft angenommene gelegentliche Konsum mache die Anordnung notwendig und rechtfertige die Ermessensentscheidung zu Ungunsten des Klägers. Es liege im öffentlichen Interesse, neben dem belegten aggressiven Potential des Klägers auch feststellen zu lassen, ob unter Umständen der Betäubungsmittelkonsum ebenfalls der Erteilung einer Fahrerlaubnis im Wege steht. Am 08. 08. 2003 hat der Kläger Klage erhoben. Mit Urteil vom 25. 02. 2004 (3 K 3250/03) hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Bescheid der Beklagten vom 27. 01. 2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18. 07. 2003 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 15. 07. 2002 auf Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu bescheiden. Ferner hat das Verwaltungsgericht die Hinzuziehung eines Anwalts im Vorverfahren für notwendig erklärt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die Aufforderung zur Begutachtung sei rechtswidrig gewesen. Die Beklagte habe ihre Entscheidung mit der Kenntnis eines Urteils gerechtfertigt, die sie sich nicht hätte verschaffen, jedenfalls aber bei der Überprüfung der Fahreignung des Klägers nicht hätte verwerten dürfen. Die Fahrerlaubnisbehörde könne die ihr durch § 2 Abs. 12 Satz 2 StVG faktisch untersagte Datensammlung über Delikte Jugendlicher, für die eine Überprüfung der Fahreignung noch nicht in absehbarer Zeit anstehe, nicht dadurch ersetzen, dass sie polizeiliche Datensammlungen zur Vorratshaltung für eine ihr selbst – auch nach § 15 Abs. 1 LDSG – untersagte Speicherung von nicht zu ihrer Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten missbrauche. Die Straftat des Klägers sei nicht nach § 28 Abs. 3 StVG i.V. m. § 59 FeV im Verkehrszentralregister einzutragen. Auch zähle die Verurteilung nicht zu denjenigen, die nach § 4 BZRG überhaupt in das Bundeszentralregister aufgenommen würden. Erst recht könne sie nicht in einem Führungszeugnis zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach § 32 Abs. 3 BZRG stehen. Damit gehöre die Jugendstraftat des Klägers zu denjenigen, von denen die Fahrerlaubnisbehörden in einem späteren Verfahren auf Erteilung der Fahrerlaubnis bundesgesetzlich in der Regel keine Kenntnis haben sollten. Die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei auch dann rechtswidrig, wenn die Beklagte das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 15. 12. 1999 hätte verwerten dürfen. Denn das Urteil lasse gerade nicht auf ein hohes Aggressionspotential des Klägers schließen. Das Amtsgericht habe schädliche Neigungen des voll geständigen Klägers nicht erkennen können und habe bei ihm entwicklungsbedingte Verzögerungen festgestellt. Die Beklagte habe auch BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

erlaubnis der Klasse B. Die Führerscheinstelle der Beklagten<br />

holte Auskünfte anderer Stellen innerhalb des<br />

Amtes für öffentliche Ordnung <strong>und</strong> der Kr<strong>im</strong>inalpolizei<br />

über <strong>gegen</strong> den Kläger vorliegende Erkenntnisse<br />

ein. Auf diese Weise erhielt die Beklagte von zwei<br />

<strong>gegen</strong> den Kläger nach § 31a BtMG eingestellten Ermittlungsverfahren<br />

wegen Besitzes von geringen Mengen<br />

Cannabis (Tatzeitpunkte 08. 10. <strong>und</strong> 21. 12. 2001)<br />

Kenntnis. Ferner wies die Landespolizeidirektion Stuttgart<br />

II – Kr<strong>im</strong>inalpolizei – auf ein <strong>gegen</strong> den Kläger<br />

durchgeführtes Strafverfahren hin. Auf ihre Aufforderung<br />

übersandte die Staatsanwaltschaft Stuttgart der<br />

Beklagten einen Abdruck des Urteils des Amtsgerichts<br />

Stuttgart – Jugendschöffengericht – vom 15. 12. 1999<br />

(201 Ls 51 Js 85525/99). Durch dieses Urteil war der<br />

Kläger gemeinsam mit zwei weiteren Angeklagten der<br />

versuchten Erpressung <strong>und</strong> der gefährlichen Körperverletzung<br />

schuldig gesprochen worden. Dem Kläger<br />

war auferlegt worden, 50 St<strong>und</strong>en gemeinnützige unentgeltliche<br />

Arbeit nach Weisung des Jugendamtes zu<br />

leisten. Mit Schreiben vom 19. 11. 2002 ordnete die<br />

Beklagte <strong>gegen</strong>über dem Kläger die Beibringung eines<br />

medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Als <strong>im</strong><br />

Rahmen der Begutachtung zu klärenden Frage wurde<br />

genannt: „Ist trotz der Anhaltspunkte für ein hohes<br />

Aggressionspotential zu erwarten, dass Herr A. die<br />

körperlichen <strong>und</strong> geistigen Anforderungen an das<br />

sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1<br />

(FE-Klasse B) <strong>im</strong> Verkehr erfüllt?“ Zur Begründung<br />

verwies die Beklagte auf das Urteil des Amtsgerichts<br />

Stuttgart vom 15. 12. 1999. Das Verhalten des Klägers<br />

zeige ein hohes Aggressionspotential <strong>und</strong> eine Neigung<br />

zur <strong>im</strong>pulsiven Durchsetzung seiner eigenen<br />

Interessen. Dies lasse erwarten, dass er auch in konflikthaltigen<br />

Verkehrssituationen emotional <strong>im</strong>pulsiv<br />

handeln <strong>und</strong> dadurch das Risiko einer Verkehrssituation<br />

noch erhöhen werde, aber auch, dass eigene Bedürfnisse<br />

aggressiv durchgesetzt werden sollen. Der<br />

Kläger habe daher nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV<br />

seine Kraftfahreignung anhand des Gutachtens einer<br />

amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung<br />

nachzuweisen. Zur Vorlage des Gutachtens wurde<br />

dem Kläger eine Frist bis zum 19. 02. 2003 gesetzt.<br />

Ferner wurde der Kläger unter Berufung auf § 11 Abs. 8<br />

FeV darauf hingewiesen, dass die unterbliebene oder<br />

nicht fristgerechte Vorlage des Gutachtens als Weigerung<br />

angesehen werde.<br />

Dem<strong>gegen</strong>über ließ der Kläger erklären, er werde<br />

das geforderte Gutachten nicht beibringen. Zur Begründung<br />

wies er darauf hin, dass er sich seit der drei Jahre<br />

zurückliegenden Tat <strong>im</strong> Alter von nicht ganz 17 Jahren<br />

nichts weiter habe zu Schulden kommen lassen.<br />

Mit Verfügung vom 27. 01. 2003 lehnte die Beklagte<br />

den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis<br />

der Klasse B ab. Gegen diese Verfügung erhob<br />

der Kläger Widerspruch. Den Widerspruch des Klägers<br />

wies das Regierungspräsidium S. mit Widerspruchsbescheid<br />

vom 18. 07. 2003 zurück <strong>und</strong> führte<br />

zur Begründung aus: Das Verhalten des Klägers anlässlich<br />

der Straftat vom 09. 10. 1999 lasse auf ein erhöhtes<br />

Aggressionspotential schließen. Der Kläger habe<br />

den Geschädigten getreten <strong>und</strong> diesen <strong>im</strong> Bereich<br />

Rechtsprechung<br />

397<br />

des Halses <strong>und</strong> der Wange verletzt. Die Beklagte habe<br />

das ihr nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Fe V zustehende<br />

Ermessen sachgerecht ausgeübt. Denn es liege <strong>im</strong> öffentlichen<br />

Interesse, nur denjenigen ein Fahrzeug führen<br />

zu lassen, der hierzu auch geeignet sei. Hinzu<br />

komme, dass hinsichtlich des Klägers in der Vergangenheit<br />

zwei Verfahren wegen eines Verstoßes <strong>gegen</strong><br />

das Betäubungsmittelgesetz anhängig gewesen seien.<br />

Der von der Staatsanwaltschaft angenommene gelegentliche<br />

Konsum mache die Anordnung notwendig<br />

<strong>und</strong> rechtfertige die Ermessensentscheidung zu Ungunsten<br />

des Klägers. Es liege <strong>im</strong> öffentlichen Interesse,<br />

neben dem belegten aggressiven Potential des Klägers<br />

auch feststellen zu lassen, ob unter Umständen<br />

der Betäubungsmittelkonsum ebenfalls der Erteilung<br />

einer Fahrerlaubnis <strong>im</strong> Wege steht.<br />

Am 08. 08. 2003 hat der Kläger Klage erhoben.<br />

Mit Urteil vom 25. 02. 2004 (3 K 3250/03) hat das<br />

Verwaltungsgericht Stuttgart den Bescheid der Beklagten<br />

vom 27. 01. 2003 <strong>und</strong> den Widerspruchsbescheid<br />

des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18. 07. 2003<br />

aufgehoben <strong>und</strong> die Beklagte verpflichtet, den Antrag<br />

des Klägers vom 15. 07. 2002 auf Erteilung der Fahrerlaubnis<br />

der Klasse B unter Beachtung seiner<br />

Rechtsauffassung erneut zu bescheiden. Ferner hat das<br />

Verwaltungsgericht die Hinzuziehung eines Anwalts<br />

<strong>im</strong> Vorverfahren für notwendig erklärt. Zur Begründung<br />

hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die Aufforderung<br />

zur Begutachtung sei rechtswidrig gewesen.<br />

Die Beklagte habe ihre Entscheidung mit der Kenntnis<br />

eines Urteils gerechtfertigt, die sie sich nicht hätte verschaffen,<br />

jedenfalls aber bei der Überprüfung der Fahreignung<br />

des Klägers nicht hätte verwerten dürfen. Die<br />

Fahrerlaubnisbehörde könne die ihr durch § 2 Abs. 12<br />

Satz 2 StVG faktisch untersagte Datensammlung über<br />

Delikte Jugendlicher, für die eine Überprüfung der<br />

Fahreignung noch nicht in absehbarer Zeit anstehe,<br />

nicht dadurch ersetzen, dass sie polizeiliche Datensammlungen<br />

zur Vorratshaltung für eine ihr selbst –<br />

auch nach § 15 Abs. 1 LDSG – untersagte Speicherung<br />

von nicht zu ihrer Aufgabenerfüllung erforderlichen<br />

Daten missbrauche. Die Straftat des Klägers sei nicht<br />

nach § 28 Abs. 3 StVG i.V. m. § 59 FeV <strong>im</strong> Verkehrszentralregister<br />

einzutragen. Auch zähle die Verurteilung<br />

nicht zu denjenigen, die nach § 4 BZRG überhaupt<br />

in das <strong>B<strong>und</strong></strong>eszentralregister aufgenommen<br />

würden. Erst recht könne sie nicht in einem Führungszeugnis<br />

zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach<br />

§ 32 Abs. 3 BZRG stehen. Damit gehöre die Jugendstraftat<br />

des Klägers zu denjenigen, von denen die Fahrerlaubnisbehörden<br />

in einem späteren Verfahren auf<br />

Erteilung der Fahrerlaubnis b<strong>und</strong>esgesetzlich in der<br />

Regel keine Kenntnis haben sollten. Die Anordnung<br />

zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen<br />

Gutachtens sei auch dann rechtswidrig, wenn die Beklagte<br />

das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom<br />

15. 12. 1999 hätte verwerten dürfen. Denn das Urteil<br />

lasse gerade nicht auf ein hohes Aggressionspotential<br />

des Klägers schließen. Das Amtsgericht habe schädliche<br />

Neigungen des voll geständigen Klägers nicht erkennen<br />

können <strong>und</strong> habe bei ihm entwicklungsbedingte<br />

Verzögerungen festgestellt. Die Beklagte habe auch<br />

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