Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...
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386 Rechtsprechung<br />
men der Einzelfallbetrachtung sind insbesondere auch<br />
die Erfolgsaussichten der Strafanzeige zu berücksichtigen<br />
(vgl. OLG Hamm, a. a. O., zu einer willkürlichen<br />
Anzeige). Die Ermittlungsverfahren <strong>gegen</strong> den abgelehnten<br />
Richter sind, wie sich aus dem von der Revision<br />
mitgeteilten Beschluss des Amtsgerichts Hagen<br />
vom 22. Januar 2004 ergibt, mittlerweile eingestellt,<br />
das Dienstaufsichtsverfahren ruht. Insofern ist auch<br />
unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls<br />
nicht zu erkennen, dass sich Strafanzeigen <strong>und</strong> Dienstaufsichtsbeschwerden<br />
des Verteidigers <strong>gegen</strong> den abgelehnten<br />
Richter auf dessen Unparteilichkeit <strong>gegen</strong>über<br />
dem Angeklagten auswirken.<br />
Der abgelehnte Richter seinerseits hat zudem keine<br />
Maßnahmen <strong>gegen</strong> den Verteidiger des Revisionsführers<br />
ergriffen, insbesondere keine Strafanzeige gestellt<br />
<strong>und</strong> kein Verfahren bei der Anwaltskammer eingeleitet.<br />
Selbst solche Maßnahmen würden <strong>im</strong> Übrigen<br />
nicht in jedem Fall zur Besorgnis einer Befangenheit<br />
führen: So forderte das OLG Braunschweig (vgl.<br />
StraFo 1997, 76) als weiteres Indiz, dass sich eine<br />
Strafanzeige auf das nun zu entscheidende Verfahren<br />
z. B. in der Weise ausgewirkt haben müsse, dass der<br />
Verteidiger wegen ihr sein Mandat niederlegte. Das<br />
OLG Düsseldorf (vgl. wistra 1991, 78 f.) hat ein zumindest<br />
zu Recht bei der Anwaltskammer eingeleitetes<br />
Verfahren ebenfalls nicht als Indiz für eine Befangenheit<br />
ausreichen lassen.<br />
Auch der Vortrag der Revision, es müsse erst recht<br />
ein Indiz für ein erhebliches Zerwürfnis zwischen<br />
Richter <strong>und</strong> Verteidiger darstellen, wenn dieser nicht<br />
die gesetzlich vorgesehenen Verfahren nutze, um<br />
<strong>gegen</strong> den Verteidiger vorzugehen, sondern quasi <strong>im</strong><br />
Wege der „Selbstjustiz“ diesen verhaften lasse, begründet<br />
die Besorgnis der Befangenheit <strong>gegen</strong>über<br />
dem Angeklagten dieses Verfahrens nicht. Insoweit<br />
verkennt die Revision, dass es einen Unterschied<br />
macht, ob der Richter in einem laufenden Verfahren<br />
eine rechtliche Entscheidung trifft, oder ob er den Verteidiger<br />
auch über dieses Verfahren hinaus verfolgt.<br />
Denn nur das zuletzt genannte Verhalten bildet einen<br />
Anhaltspunkt dafür, dass die Spannungen persönlicher<br />
Art sind. Persönliche An<strong>im</strong>ositäten können eher einen<br />
Ablehnungsgr<strong>und</strong> begründen als rechtliche Uneinigkeiten<br />
(OLG Braunschweig StraFo 1997, 76). Hinsichtlich<br />
der von einem Richter vertretenen Rechtsauffassung ist<br />
da<strong>gegen</strong> in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt,<br />
dass der Angeklagte davon ausgehen kann <strong>und</strong><br />
muss, dass sich dieser nicht durch frühere Entscheidungen<br />
für künftige Entscheidungen festgelegt hat.<br />
Dies gilt sogar für frühere Entscheidungen in demselben<br />
Verfahren <strong>und</strong> daher erst recht dann, wenn der<br />
Richter in einem anderen Verfahren eine best<strong>im</strong>mte<br />
Rechtsauffassung vertreten hat (vgl. die Nachweise<br />
aus der Rechtsprechung bei Burhoff, Handbuch für<br />
die strafrechtliche Hauptverhandlung, 4. Aufl., 2003,<br />
Rn. 34a; zudem BGH, Beschluss vom 9. Januar 1996,<br />
5 StR 533/95; OLG Düsseldorf VRS 82, 455 f.).<br />
Der Beschluss, durch den <strong>gegen</strong> den Verteidiger des<br />
Revisionsführers ein Ordnungsmittel angeordnet wurde,<br />
stellt eine rechtliche Entscheidung des Schöffengerichts<br />
unter Vorsitz des abgelehnten Richters in einem<br />
BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong><br />
anderen Verfahren <strong>gegen</strong> einen anderen Angeklagten<br />
dar. Diese Entscheidung ist zwar vom Senat in seinem<br />
Beschluss von 06. Juni 2003 aufgehoben worden. Insoweit<br />
kann <strong>und</strong> muss der Revisionsführer jedoch<br />
nach den dargestellten Gr<strong>und</strong>sätzen davon ausgehen,<br />
dass sich der abgelehnte Richter nicht für zukünftige<br />
Entscheidungen <strong>und</strong> Verfahren festgelegt hat, solange<br />
keine weiteren Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit<br />
vorliegen.<br />
Ein weitere Ausnahme von dem o. a. Gr<strong>und</strong>satz<br />
wird in der Rechtsprechung u. a. dann angenommen<br />
<strong>und</strong> die Befangenheit des Richters erscheint ausnahmsweise<br />
dann möglich, wenn der Streit zwischen<br />
Richter <strong>und</strong> Verteidiger außerhalb der Justizkreise bekannt<br />
geworden ist (OLG Düsseldorf wistra 1991, 78;<br />
OLG Hamm NJW 1951, 731). Zwar führt die Revision<br />
insoweit aus, dass mehrere regionale <strong>und</strong> überregionale<br />
Tageszeitungen sowie die Fachpresse über den Vorfall<br />
berichtet haben, sie schweigt jedoch dazu, auf<br />
wessen Veranlassung diese Veröffentlichungen beruhen.<br />
Dazu wäre jedoch ein Vortrag erforderlich gewesen,<br />
denn nur, wenn der abgelehnte Richter (zumindest<br />
auch) die Ursache für diese Veröffentlichungen gesetzt<br />
hat, könnte möglicherweise die Besorgnis der Befangenheit<br />
begründet sein. Hat hin<strong>gegen</strong> nur der Verteidiger<br />
für die entsprechenden Veröffentlichungen gesorgt,<br />
ist das nicht ausreichend. Denn durch eine von<br />
einem Verfahrensbeteiligten ausgehende öffentliche<br />
Berichterstattung kann diesem ebenso wenig wie<br />
durch von ihm gestellte Strafanzeigen die Möglichkeit<br />
eingeräumt werden, sich nach Belieben jedem Richter<br />
zu entziehen.<br />
Das angefochtene Urteil war jedoch auf die Sachrüge<br />
hin aufzuheben.<br />
3. Das Amtsgericht hat <strong>im</strong> angefochtenen Urteil folgende<br />
Feststellungen getroffen:<br />
Zu dem festgestellten Diebstahl nach § 243 Abs. 1<br />
Nr. 1 StGB schildert das Urteil zunächst, dass der Angeklagte<br />
eine heftige Auseinandersetzung mit seiner<br />
Fre<strong>und</strong>in hatte <strong>und</strong> enthält sodann die folgenden Feststellungen:<br />
„Im angetrunkenen Zustand suchte er anschließend<br />
in den frühen Morgenst<strong>und</strong>en des 11. Februar<br />
2003 den Parkplatz am Evangelischen Krankenhaus<br />
in H. auf <strong>und</strong> entwendete dort den Personenkraftwagen<br />
…, indem er dieses Kraftfahrzeug der Zeugin<br />
R. durch so genanntes „Schlossstechen“ gewaltsam<br />
öffnete <strong>und</strong> das Lenkradschloss gewaltsam<br />
entfernte. Danach fuhr er mit dem Personenkraftwagen<br />
von H. nach E. über öffentliche Straßen, obwohl<br />
er über keine Fahrerlaubnis verfügte, die ihn<br />
berechtigte als Führer eines Personenkraftwagens<br />
am Straßenverkehr teilzunehmen <strong>und</strong> obwohl er infolge<br />
des zuvor genossenen <strong>Alkohol</strong>s nicht sicher in<br />
der Lage war, ein Fahrzeug sicher <strong>im</strong> Straßenverkehr<br />
zu führen …“.<br />
Hinsichtlich des <strong>Alkohol</strong>konsums hat das Schöffengericht<br />
festgestellt, dass der Angeklagte am 10. Februar<br />
2003 nach 22.00 Uhr oder 23.00 Uhr eine Flasche<br />
Wodka, zwei kleine Fläschchen Jägermeister <strong>und</strong> zwei<br />
Flaschen Bier gekauft <strong>und</strong> anschließend getrunken<br />
habe. „In den frühen Morgenst<strong>und</strong>en“ des nächsten