Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...
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358 BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 Heinz Schöch, Probleme der Fahrsicherheit und Fahreignung bei Substitutionspatienten und gemäß § 25 I 2 StVG mit bis zu 3 Monaten Fahrverbot sanktioniert werden. In der Anlage zu § 24a StVG sind als berauschende Mittel im Sinne dieser Vorschrift Cannabis, Heroin, Morphin, Kokain und Amphetamine aufgeführt. Eine Ordnungswidrigkeit liegt bei diesen Substanzen nur dann nicht vor, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt (§ 24a II 3 StVG), so etwa bei Schmerzpatienten, die mit Morphium behandelt werden. Dieser Bußgeldtatbestand gegen Drogen im Straßenverkehr gilt für die nicht in die Anlage aufgenommenen Substitutionsmittel Methadon und Buprenorphin nicht. Der Gesetzgeber behandelt diese hier wie Medikamente (insbesondere Benzodiazepine), ohne dass es auf die bestimmungsgemäße Einnahme ankommt. Auch bei illegalem Konsum von Methadon oder Buprenorphin ist somit der Ordnungswidrigkeitentatbestand nicht erfüllt. Diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers ist nicht nur auf Zustimmung gestoßen. So hält z. B. der auf diesem Gebiet besonders engagierte Bundesrichter MAATZ 13 ) die damit verbundene Inkaufnahme des für die Allgemeinheit erwachsenden Risikos aus Gründen besserer Therapiemotivation der Betreffenden für „schwerlich begründbar“. Dennoch zeigt sich durch diese Regelung, dass der Gesetzgeber die Substitutionsmittel im Rahmen des rechtlich Vertretbaren eher den Medikamenten gleichstellen will als den illegalen Drogen. 5. Die Behandlung von Methadon-Substituierten im Fahrerlaubnisrecht Dieser gesetzliche Leitgedanke ist auch bei der Behandlung von Substituierten im Fahrerlaubnisrecht zu beachten. Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerlaubnis ist insbesondere die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, § 2 II 1 Nr. 3 StVG. Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist gemäß § 2 IV 1 StVG, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Diese Voraussetzungen werden seit dem 01. 01.1999 durch die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) konkretisiert. Diese auf europäische Richtlinien zurückgehende Verordnung stellt im Großen und Ganzen strengere Anforderungen auf als die frühere Regelung des § 15b StVZO. Für die Erteilung bzw. Wiedererteilung der Fahrerlaubnis gelten bezüglich der Fahreignung im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel die §§ 11 und 14 FeV in Verbindung mit Anlage 4 Nr. 9 (zu den §§ 11, 13 und 14). Für die Entziehung der Fahrerlaubnis findet sich in § 46 III FeV ein Verweis auf die genannten Regelungen. Nach Anlage 4 Nrn. 9.1–9.3 ist die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes 14 ) (ausgenommen Cannabis), die regelmäßige Einnahme von Cannabis und die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen in der Regel eignungsausschließend. Eignungszweifel können gemäß § 14 I FeV durch Anforderung eines ärztlichen Gutachtens bzw. gemäß § 14 II FeV durch Durchführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) geklärt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die durch Tatsachen begründete Annahme einer Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen oder der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG besteht. Die Regelung des § 14 FeV ist gesetzes- und
Heinz Schöch, Probleme der Fahrsicherheit und Fahreignung bei Substitutionspatienten verfassungskonform 15 ). Streitig waren in diesem Zusammenhang bis zum Jahre 2002 lediglich die Auswirkungen des bloßen Besitzes und der gelegentlichen Einnahme von Cannabis. Nach § 14 I 2 FeV kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. § 14 I 3 FeV regelt ferner, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden kann, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Fahreignung begründen. In den 90er Jahren hatten die Verwaltungsgerichte den bloßen Besitz bzw. die gelegentliche Einnahme von Cannabis überwiegend für ausreichend gehalten, um Eignungszweifel zu begründen und hatten daher die Anordnungen von sog. Drogenscreenings durch die Führerscheinbehörden auf Kosten der betreffenden Fahrer bestätigt. § 14 I 2, 3 FeV beruht noch auf dieser Rechtsprechung. Diese wurde durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 05. 07. 2001 allerdings dahingehend fortentwickelt, dass ein einmaliger oder gelegentlicher Cannabiskonsum ohne konkrete Verknüpfung mit der Teilnahme am Straßenverkehr für sich allein keinen ausreichenden Anlass zur Anforderung eines Drogenscreenings gebe 16 ). Zudem hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20. 06. 2002 17 ) klargestellt, dass der einmalig festgestellte Haschischbesitz keinen hinreichenden Gefahrverdacht begründet, der die Anordnung einer Fahreignungsüberprüfung rechtfertigt. Eine Sachverständigenanhörung im Rahmen der Verfassungsbeschwerde hatte ergeben, dass es nach aktuellem Erkenntnisstand keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür gibt, dass bei einmaligem oder gelegentlichem Haschischkonsum der Betroffene außerstande ist, eine drogenkonsumbedingte zeitweilige Fahruntüchtigkeit rechtzeitig als solche zu erkennen oder trotz einer solchen Kenntnis von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abzusehen. Die Regelung des § 14 I 2 FeV ist daher nur noch bei sehr restriktiver Handhabung verfassungskonform. In Folge der Verfassungsgerichtsentscheidung wurde Anlage 4 Nr. 9 (zu den §§ 11, 13 und 14) dahingehend geändert, dass gemäß Anlage 4 Nr. 9.2.1 nur noch bei der regelmäßigen Einnahme von Cannabis von mangelnder Fahreignung im Regelfall auszugehen ist, also nach den Kriterien der Rechtsprechung nur bei wiederholtem Genuss über einen längeren Zeitraum, wofür z. B. 5–6maliger Konsum innerhalb eines halben Jahres nicht ausreicht 18 ). Die gelegentliche Einnahme beeinträchtigt die Fahreignung im Regelfall nicht, soweit eine Trennung von Konsum und Fahren erfolgt und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen (Anlage 4 Nr. 9.2.2). Für die Substitutions-Diskussion ergibt sich allerdings aus diesem Verfahren nichts. Da es sich bei Methadon und Buprenorphin um psychoaktiv wirkende Arzneimittel handelt, ist bei diesen nach Anlage 4 Nr. 9.4 nur bei missbräuchlicher Einnahme, d. h. bei regelmäßigem übermäßigen Gebrauch, die Fahreignung in aller Regel zu verneinen. Eine Dauerbehandlung mit Arzneimitteln begründet gemäß Anlage 4 Nr. 9.6 regelmäßig keine mangelnde Fahreignung. §§ 11, 14 FeV in Verbindung mit Anlage 4 sehen insoweit auch keine Ausnahme für Substituierte vor. Nach Anlage 4 Nr. 9.5 ist nach Entgiftung und Entwöhnung (von Betäubungsmitteln) allerdings erst wieder nach einjähriger Abstinenz von einer Fahreignung auszugehen. Diese generelle Verneinung der Fahreignung zu Beginn der Substitutionsbehandlung und der Verweis auf die einjährige vollständige Abstinenz stehen aber nicht mehr im Einklang 359 BLUTALKOHOL VOL. 42/2005
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Heinz Schöch,<br />
Probleme der Fahrsicherheit <strong>und</strong> Fahreignung bei Substitutionspatienten<br />
verfassungskonform 15 ). Streitig waren in diesem Zusammenhang bis zum Jahre 2002<br />
lediglich die Auswirkungen des bloßen Besitzes <strong>und</strong> der gelegentlichen Einnahme von<br />
Cannabis. Nach § 14 I 2 FeV kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet<br />
werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel <strong>im</strong> Sinne des Betäubungsmittelgesetzes<br />
widerrechtlich besitzt oder besessen hat. § 14 I 3 FeV regelt ferner, dass die Beibringung<br />
eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden kann, wenn<br />
gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt <strong>und</strong> weitere Tatsachen Zweifel an der Fahreignung<br />
begründen.<br />
In den 90er Jahren hatten die Verwaltungsgerichte den bloßen Besitz bzw. die gelegentliche<br />
Einnahme von Cannabis überwiegend für ausreichend gehalten, um Eignungszweifel<br />
zu begründen <strong>und</strong> hatten daher die Anordnungen von sog. <strong>Drogen</strong>screenings durch die<br />
Führerscheinbehörden auf Kosten der betreffenden Fahrer bestätigt. § 14 I 2, 3 FeV beruht<br />
noch auf dieser Rechtsprechung. Diese wurde durch das Urteil des <strong>B<strong>und</strong></strong>esverwaltungsgerichts<br />
vom 05. 07. 2001 allerdings dahingehend fortentwickelt, dass ein einmaliger<br />
oder gelegentlicher Cannabiskonsum ohne konkrete Verknüpfung mit der Teilnahme<br />
am Straßenverkehr für sich allein keinen ausreichenden Anlass zur Anforderung eines<br />
<strong>Drogen</strong>screenings gebe 16 ).<br />
Zudem hat das <strong>B<strong>und</strong></strong>esverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20. 06. 2002 17 )<br />
klargestellt, dass der einmalig festgestellte Haschischbesitz keinen hinreichenden Gefahrverdacht<br />
begründet, der die Anordnung einer Fahreignungsüberprüfung rechtfertigt. Eine<br />
Sachverständigenanhörung <strong>im</strong> Rahmen der Verfassungsbeschwerde hatte ergeben, dass es<br />
nach aktuellem Erkenntnisstand keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür gibt, dass bei<br />
einmaligem oder gelegentlichem Haschischkonsum der Betroffene außerstande ist, eine<br />
drogenkonsumbedingte zeitweilige Fahruntüchtigkeit rechtzeitig als solche zu erkennen<br />
oder trotz einer solchen Kenntnis von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abzusehen.<br />
Die Regelung des § 14 I 2 FeV ist daher nur noch bei sehr restriktiver Handhabung<br />
verfassungskonform. In Folge der Verfassungsgerichtsentscheidung wurde Anlage 4 Nr. 9<br />
(zu den §§ 11, 13 <strong>und</strong> 14) dahingehend geändert, dass gemäß Anlage 4 Nr. 9.2.1 nur noch<br />
bei der regelmäßigen Einnahme von Cannabis von mangelnder Fahreignung <strong>im</strong> Regelfall<br />
auszugehen ist, also nach den Kriterien der Rechtsprechung nur bei wiederholtem Genuss<br />
über einen längeren Zeitraum, wofür z. B. 5–6maliger Konsum innerhalb eines halben<br />
Jahres nicht ausreicht 18 ). Die gelegentliche Einnahme beeinträchtigt die Fahreignung <strong>im</strong><br />
Regelfall nicht, soweit eine Trennung von Konsum <strong>und</strong> Fahren erfolgt <strong>und</strong> kein zusätzlicher<br />
Gebrauch von <strong>Alkohol</strong> oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung<br />
der Persönlichkeit <strong>und</strong> kein Kontrollverlust vorliegen (Anlage 4 Nr. 9.2.2).<br />
Für die Substitutions-Diskussion ergibt sich allerdings aus diesem Verfahren nichts. Da<br />
es sich bei Methadon <strong>und</strong> Buprenorphin um psychoaktiv wirkende Arzne<strong>im</strong>ittel handelt,<br />
ist bei diesen nach Anlage 4 Nr. 9.4 nur bei missbräuchlicher Einnahme, d. h. bei regelmäßigem<br />
übermäßigen Gebrauch, die Fahreignung in aller Regel zu verneinen. Eine<br />
Dauerbehandlung mit Arzne<strong>im</strong>itteln begründet gemäß Anlage 4 Nr. 9.6 regelmäßig keine<br />
mangelnde Fahreignung. §§ 11, 14 FeV in Verbindung mit Anlage 4 sehen insoweit auch<br />
keine Ausnahme für Substituierte vor.<br />
Nach Anlage 4 Nr. 9.5 ist nach Entgiftung <strong>und</strong> Entwöhnung (von Betäubungsmitteln)<br />
allerdings erst wieder nach einjähriger Abstinenz von einer Fahreignung auszugehen.<br />
Diese generelle Verneinung der Fahreignung zu Beginn der Substitutionsbehandlung <strong>und</strong><br />
der Verweis auf die einjährige vollständige Abstinenz stehen aber nicht mehr <strong>im</strong> Einklang<br />
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BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>