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Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong><br />

Heinz Schöch,<br />

Probleme der Fahrsicherheit <strong>und</strong> Fahreignung bei Substitutionspatienten<br />

StGB reicht für die Strafbarkeit die abstrakte Gefährlichkeit des Fahrens unter <strong>Alkohol</strong>einfluss<br />

oder sonstiger Berauschung aus (abstraktes Gefährdungsdelikt), während § 315c I<br />

Nr. 1 a StGB eine konkrete Gefährdung durch einen so genannten „Beinahe-Unfall“ erfordert<br />

(konkretes Gefährdungsdelikt).<br />

Die meisten Substituierten werden kaum als reguläre Verkehrsteilnehmer auftauchen,<br />

weil sie in der Regel aufgr<strong>und</strong> früherer Auffälligkeiten nicht mehr <strong>im</strong> Besitz einer Fahrerlaubnis<br />

sind. Nur wenn die Heroinabhängigen während ihrer Sucht ganz auf das Fahren<br />

verzichtet haben <strong>und</strong> ihre Abhängigkeit nicht behördenbekannt wurde, ist es denkbar, dass<br />

sie ihren Führerschein behalten haben. Die strafrechtlichen Vorschriften der §§ 315c, 316<br />

StGB sind aber unabhängig vom Besitz einer Fahrerlaubnis anwendbar.<br />

Die Strafbarkeit betrifft die Fahruntüchtigkeit aufgr<strong>und</strong> von <strong>Alkohol</strong>, <strong>Drogen</strong> <strong>und</strong> Medikamenten<br />

in gleicher Weise. Wegen der Beweisprobleme be<strong>im</strong> Nachweis der Fahrunsicherheit<br />

kommen beide Normen bisher allerdings fast nur bei <strong>Alkohol</strong>fahrern zur Anwendung,<br />

äußerst selten bei illegalen <strong>Drogen</strong> <strong>und</strong> so gut wie nie bei Medikamenten <strong>und</strong><br />

Methadon 7 ). Mitverantwortlich dafür ist vor allem, dass es bei <strong>Drogen</strong> <strong>und</strong> Medikamenten<br />

– anders als bei <strong>Alkohol</strong> (1,1-Promille-Grenze) – keine absoluten Grenzwerte für die Fahrunsicherheit<br />

gibt 8 ). Eine realistische Hoffnung, in absehbarer Zeit solche absoluten<br />

Grenzwerte für <strong>Drogen</strong> <strong>und</strong> Medikamente zu finden, gibt es nach allgemeiner Auffassung<br />

in der Verkehrsmedizin nicht 9 ).<br />

Bei diesen psychotropen Substanzen ist eine Bestrafung nur möglich, wenn Ausfallerscheinungen<br />

<strong>im</strong> Fahrverhalten oder <strong>im</strong> Vor- <strong>und</strong> Nachtatverhalten die relative Fahrunsicherheit<br />

indizieren <strong>und</strong> eine gezielte Untersuchung der Blutprobe nach einzelnen<br />

Substanzen erfolgt.<br />

Bei illegalen <strong>Drogen</strong> hat die spezielle Schulung von Polizeibeamten in letzter Zeit dazu<br />

beigetragen, dass zumindest gelegentlich Fahrer unter <strong>Drogen</strong>einfluss mit Ausfallerscheinungen<br />

identifiziert wurden. Dies gelingt bei Medikamenten <strong>und</strong> Methadon in der Regel<br />

nicht. Voraussetzung einer Analyse hinsichtlich dieser psychotropen Substanzen bei den<br />

Screenings der Polizei am Einsatzort oder in entnommenen Blutproben ist, dass der Fahrer<br />

selbst auf den vorangegangenen Konsum verweist.<br />

Anders als be<strong>im</strong> Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 24a II StVG kommt es be<strong>im</strong><br />

Konsum von Medikamenten <strong>und</strong> Methadon für die Strafbarkeit gem. §§ 315c, 316 StGB<br />

nicht darauf an, ob sie best<strong>im</strong>mungsgemäß nach ärztlicher Verordnung eingenommen<br />

wurden. Auch der legale Konsum von Medikamenten rechtfertigt nicht die Teilnahme am<br />

Straßenverkehr <strong>im</strong> fahrunsicheren Zustand. Die Sicherheit des Straßenverkehrs <strong>und</strong> das<br />

Leben <strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit anderer Kraftfahrer sind höher zu bewerten als die Interessen<br />

des wegen einer Krankheit behandelten Fahrers, um jeden Preis am Verkehr teilzunehmen.<br />

Vor allem <strong>im</strong> Anfangsstadium der Anwendung von Methadon <strong>und</strong> Buprenorphin kann<br />

Fahruntüchtigkeit vorliegen, jedoch ist sie nicht automatisch gegeben. Bei gleich bleibenden<br />

Dosierungen ohne Beikonsum kann – wie bei anderen Opiaten oder bei Benzodiazepinen<br />

– <strong>im</strong> Laufe der Zeit eine Anpassung stattfinden, aufgr<strong>und</strong> derer die Fahrsicherheit<br />

nicht beeinträchtigt ist. Einige neuere Untersuchungen zur Fahrtauglichkeit Methadonsubstituierter<br />

Patienten 10 ) an kleinen Stichproben lassen erkennen, dass es durchaus Personen<br />

gibt, die auch bei sehr hohen Dosierungen noch fahrtauglich sind. Allerdings besteht<br />

eine beträchtliche Gefahr des Beikonsums von anderen <strong>Drogen</strong>.<br />

Bei der Beurteilung der relativen Fahrunsicherheit <strong>im</strong> Einzelfall werden derartige Erkenntnisse<br />

über die Fahrtüchtigkeit eines Teils Methadon-substituierter Verkehrsteilnehmer<br />

<strong>im</strong>plizit berücksichtigt.

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