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Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong><br />

Kunert/Löhrer,<br />

Neuropsychologische Aspekte bei der Beurteilung der Fahreignung<br />

sich auf wechselnde Aufgaben flexibel einzustellen, können auf beobachtbarer Verhaltensebene<br />

Indikatoren von exekutiven Dysfunktionen sein <strong>und</strong> sind insgesamt von hoher<br />

Alltagsrelevanz (GRAFMAN & LITVAN, 1999). GROEGER (2000) hat für das Fahrverhalten<br />

relevante exekutive <strong>und</strong> intellektuelle Teilfunktionen herausgearbeitet, u. a. die Evaluierung<br />

von Verkehrssituationen, die kritische (antizipatorische) Selbsteinschätzung eigener<br />

Fahrfähigkeiten, die Impulskontrolle oder auch die Widerstandsfähigkeit <strong>gegen</strong>über sozialem<br />

Druck. Leider ist diesem wichtigen Funktionsbereich bei der Einschätzung der Fahrtauglichkeit<br />

bisher nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet worden, was unter anderem<br />

daran liegt, dass nicht ausreichend normierte <strong>und</strong> validierte Testverfahren zur Verfügung<br />

stehen. Aber dennoch lassen sich relevante Aspekte von Exekutivfunktionen wie z. B. Flexibilität<br />

<strong>und</strong> Umstellfähigkeit, Planungsfähigkeit, Zeiteinteilung <strong>und</strong> Arbeitsgedächtnis<br />

testpsychologisch recht gut untersuchen.<br />

Persönlichkeit <strong>und</strong> affektive Erlebnisreaktionen<br />

Bei der Prüfung der für die Fahreignung relevanten kognitiven Funktionsbereiche darf<br />

eine Einschätzung der Persönlichkeit einschließlich affektiver Erlebnisreaktionen nicht<br />

fehlen, zumal Menschen mit einem erhöhten Risikostreben („sensation seeking behaviour“),<br />

einer mangelnden Impulskontrolle <strong>und</strong> Einschränkungen in der Frustrationstoleranz<br />

oder erhöhten spontanen oder reaktiven aggressiven Verhaltensneigungen eine große<br />

Gefahr für sich selbst <strong>und</strong> andere <strong>im</strong> Straßenverkehr darstellen können. Zusätzliche kognitive<br />

Funktionsstörungen stellen eine darüber hinausgehende Gefahrenquelle dar. Bei<br />

hirnorganischen Prozessen („hirnorganisches Psychosyndrom“, „hirnorganische Wesensänderung“)<br />

infolge Krankheit oder als Unfallfolge ist die Fahreignung vom Schweregrad<br />

dieser Störungen abhängig (<strong>B<strong>und</strong></strong>esanstalt für Straßenwesen, 2000, S. 37). Allerdings ist<br />

der Begriff des „hirnorganischen Psychosyndroms“ in den Begutachtungs-Leitlinien zu<br />

ungenau <strong>und</strong> sollte in der konkreten Begutachtung <strong>im</strong> Hinblick auf die Einschätzung der<br />

Fahreignung näher spezifiziert werden. Überhaupt wird in der FeV nicht dargelegt, welche<br />

Anforderungen an die Persönlichkeit zur Erlangung einer Fahrerlaubnis gestellt werden.<br />

Dass es <strong>im</strong> Rahmen der Persönlichkeitseinschätzung nicht nur um die Feststellung allgemeiner<br />

Charaktermerkmale, sondern auch um die möglicherweise damit assoziierten<br />

kognitiven Leistungsmerkmale geht, belegen unterschiedliche Studien zu den neuropsychologischen<br />

Korrelaten von Persönlichkeitsstörungen (vgl. KUNERT, HERPERTZ &<br />

SASS, 2004). Nach KAGAN <strong>und</strong> Mitarbeitern (1966) sowie BARRATT (1997) stellt ein hohes<br />

Tempo von Denkprozessen das zentrale kognitive Merkmal von <strong>im</strong>pulsiven Persönlichkeiten<br />

dar. Impulsive Persönlichkeiten erzielten aber insbesondere bei solchen Aufgaben<br />

schlechte Ergebnisse, die aufgr<strong>und</strong> ihres hohen Komplexitätsgrades einen systematischen,<br />

sequentiellen Vergleich von visuellen Details erforderlich machen (DICKMAN <strong>und</strong> MEYER,<br />

1988). Diese Anforderungen erfordern die Fähigkeit zu einem flexiblen Wechseln zwischen<br />

Antworten <strong>und</strong> Abwarten, die von <strong>im</strong>pulsiven Persönlichkeiten nicht ausreichend<br />

geleistet werden kann <strong>und</strong> auch zu deren Schwierigkeiten beitragen könnte, auf naheliegende<br />

Ziele zugunsten zukünftiger Belohnungsreize zu verzichten (delay of gratification,<br />

vgl. GORENSTEIN <strong>und</strong> NEWMAN 1980). Andere Untersuchungsverfahren bei Probanden mit<br />

antisozialer Persönlichkeitsstörung fokussierten speziell auf die Fähigkeit, kognitive Antworten<br />

zu unterdrücken oder zwischen verschiedenen kognitiven Lösungswegen zu wechseln.<br />

WHITE <strong>und</strong> Mitarbeiter (1994) fanden bei <strong>im</strong>pulsiven Jugendlichen Beeinträchtigun-

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