Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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32 Supplement II lysen mit den anderen in der Routinediagnostik verwendeten Persönlichkeitsverfahren VPT.2, FRF und VIP untersucht. Hier zeigten sich für alle TAAK-Skalen eine Reihe von sinnvollen und inhaltlich gut interpretierbaren Zusammenhänge, die durch eine Kreuzvalidierung (randomisierte Halbierung der Gesamtstichprobe) abgesichert wurden. Details dazu sowie zu allen weiteren Validierungsergebnissen vgl. wieder die Originalliteratur [9, 17, 18]. Ein zentraler Ansatz zur Überprüfung der Kriteriumsvalidität bestand in einer Analyse des Zusammenhangs der TAAK-Skalen mit der Rückfallwahrscheinlichkeit. Dazu wurde eine Stichprobe von 118 alkoholauffälligen Kraftfahrern mit einer hinsichtlich Alter, Geschlecht und Intelligenz (operationalisiert durch einen Matrizentest zur sprachfreien Prüfung der abstraktlogischen Intelligenz) parallelisierten Stichprobe von unauffälligen Kraftfahrern verglichen. Bekanntlich liegt die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Alkoholdelikts bei bisher unauffälligen Fahrern bei rund fünf bis sechs Prozent [19, 20], während sie bei alkoholauffälligen Lenkern um mindestens das Vierfache höher liegt [vgl. z. B. 20, 21]. Wie Tabelle 1 zeigt, haben Fahrer mit erhöhter Alkoholgefährdung deutlich auffälligere Ergebnisse im TAAK: sie weisen signifikant höhere Informationsdefizite im Hinblick auf Alkoholmetabolismus und -wirkungen auf, haben ein deutlich geringeres Gefahrenbewusstsein bezüglich alkoholbedingter Unfallrisiken, akzeptieren alkoholbezogene Normen im Straßenverkehr weniger und leben in einem wesentlich alkoholaffineren Umfeld. . Interessante Unterschiede in den TAAK-Skalen fanden sich auch zwischen Kraftfahrern mit negativer Verhaltensprognose (Fahrer, die in der verkehrspsychologischen Untersuchung negativ begutachtet wurden - wie erwähnt völlig unabhängig von den TAAK-Ergebnissen) und Fahrern mit positiver Verhaltensprognose (vgl. Tabelle 2). Da hier keine parallelisierten Stichproben vorliegen, wurde der Einfluss der Intelligenz der Probanden auf das Antwortverhalten als Störvariable berücksichtigt (Kovariate Intelligenz in einer multivariaten Kovarianzanalyse). Kraftfahrer mit negativer Verhaltensprognose haben hoch signifikant größere Informationsdefizite bezüglich Alkohol, sind sich alkoholbedingter Unfallrisiken im Straßenverkehr wesentlich weniger bewusst und leben in einem deutlich alkoholaffineren sozialen Umfeld. In den Skalen Normenakzeptanz und alkoholaffine Einstellungen sind keine Unterschiede nachweisbar. TAAK-Skala BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 TAAK -Skala M Auffällige M Unauffällige p ID 20,54 19,05 0,030 GF 32,80 38,81 0,000 NA 35,77 37,49 0,006 AE 21,47 21,77 0,719 AU 26,20 21,85 0,000 Tab. 1: Unterschiede zwischen alkoholauffälligen und unauffälligen Kraftfahrern in den TAAK-Skalen. Nach Alter, Geschlecht, Bildung und Intelligenz parallelisierte Stichproben mit n = 118. Die angegebenen Signifikanzen beziehen sich auf t-Tests für abhängige Stichproben. M negative Eignung M positive Eignung Between- Subjects-Effects p Kovariate Anzahl Richtige im M30 p Between- Subjects-Effects (ohne Kovariate) p ID 24,29 18,50 0,000 0,000 0,000 GF 30,34 35,88 0,000 0,000 0,000 NA 33,22 35,50 0,473 0,000 0,003 AE 24,83 23,34 0,166 0,000 0,006 AU 27,44 24,11 0,000 0,001 0,000 Tab. 2: Unterschiede in den TAAK-Skalen zwischen Personen mit positiver und negativer Verhaltensprognose. Datenbasis ist hier die Gesamtstichprobe (n = 341). Obwohl der Box-M-Test auf Homogenität der Varianz- Kovarianz-Matrix mit p

Supplement II In einer weiteren Validierungsstudie [22] wurden alkoholabhängige Fahrer (n = 61) mit einer nach Alter, Geschlecht und Bildungsgrad parallelisierten Stichprobe aus der Normalbevölkerung verglichen, wobei sich ein signifikant geringeres Gefahrenbewusstsein, ein erhöht alkoholaffines soziales Umfeld sowie eine deutlich höhere funktionale Bedeutung des Alkohols (ausgeprägtere alkoholaffine Einstellungen) bei den alkoholabhängigen Fahrern zeigten. Tendenzielle Unterschiede in erwarteter Richtung fanden sich in den übrigen zwei TAAK- Skalen Informationsdefizite und Normenakzeptanz. Normierung Zum TAAK liegt (ebenso wie zu den anderen genannten Persönlichkeits- und Einstellungstests) eine Normstichprobe von mehreren tausend Klienten aus der bundesweiten Begutachtungspraxis vor, die u. a. bezüglich Alter, Intelligenz und Bildungsgrad eine große Streubreite aufweisen. Bezüglich des Untersuchungsanlasses überwiegen mit rund 40 % Kraftfahrer mit Alkoholdelikten im Straßenverkehr. Kriteriumsorientierte Begutachtung Im System einer modernen, hypothesengeleiteten und an Beurteilungskriterien orientierten Fahreignungsbegutachtung [23, 24, 25, 26] können damit die neueren, verkehrsspezifischen Persönlichkeits- und Einstellungstests eine wesentliche Rolle spielen, indem sie Daten zur Beantwortung der Frage liefern, ob im konkreten Einzelfall die Beurteilungskriterien erfüllt sind oder nicht (im Sinne von „Indikatoren“ und „Kontraindikatoren“). Sie können zwar keine individuellen Entwicklungen nachzeichnen, helfen aber die entscheidende Frage zu lösen, ob der Entwicklungs- und Veränderungsprozess zum Untersuchungszeitpunkt so weit gediehen ist, dass die Fahreignung wieder gegeben ist. Beispielhaft sei dies anhand einiger Beurteilungskriterien für alkoholauffällige Kraftfahrer vom Missbrauchstyp [25] gezeigt, die neben einer ausreichenden Veränderung des Alkoholtrinkverhaltens vor allem eine ausreichende Stabilität und motivationale Festigung dieser Änderung fordern. Dies kann dann angenommen werden, wenn u. a. folgende drei Kriterien erfüllt sind: 1. Problembewusstsein „Die Änderung erfolgt aus einem angemessenen Problembewusstsein heraus; das bedeutet auch, dass ein angemessenes Wissen zum Bereich des Alkoholtrinkens und des Fahrens nachgewiesen werden muss, wenn das Änderungsziel kontrollierter Alkoholkonsum ist.“ (S. 79) Das Problembewusstsein gegenüber dem bisherigen Alkoholkonsum ist der zentrale Inhalt der TAAK-Skala „Alkoholspezifische Dissimulation“. Ein geringer Wert auf dieser Skala (geringe Dissimulation, selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Alkoholtrinkverhalten) wird dementsprechend als Indikator für die Erfüllung dieses Kriteriums gewertet werden können, ein normabweichend hoher Wert stellt einen Kontraindikator dar. „Angemessenes Wissen“ zu Trinken und Fahren wird durch die TAAK-Skalen „ID – Informationsdefizite“ und „GF – Gefahrenbewusstsein“ erfasst. Normabweichend hohe ID-Werte und geringe GF-Werte sprechen dementsprechend deutlich gegen die Erfüllung dieses Beurteilungskriteriums. Ebenso kommt hier dem individuellen Testwert auf der Skala „Selbstwahrnehmung“ im Verkehrsspezifischen Itempool VIP Indikatorfunktion zu. 2. Persönlichkeitsproblematik „Eine den Alkoholmissbrauch eventuell bedingende Persönlichkeitsproblematik wurde erkannt und entscheidend korrigiert.“ Zu dieser Frage können z. B. die VPT.2-Skalen „Selbstsicherheit“ und „Soziale Anpassung“ in Verbindung mit der FRF-Skala „Soziale Risikobereitschaft“ Indikatoren liefern, wenn sich im Explorationsgespräch Hinweise auf früheren Alkoholmissbrauch zur Überwindung sozialer Hemmungen und Ängste zeigen und sich in den Testverfahren geringe Selbstsicherheit und geringe soziale Risikobereitschaft bei überhöhter sozialer Anpassung abzeichnen. Andere mögliche Indikatoren für eine noch nicht ausreichend korrigierte Persönlichkeitsproblematik wären z. B. normabweichend hohe Werte in der VPT.2-Skala „Emotionale Ansprechbarkeit“ (erhöhte innere Gespanntheit und emotionale Labilität) oder in der TAAK-Skala „Alkoholaffine Einstellungen“, was – wie erwähnt – auf eine zum Untersuchungszeitpunkt nach wie vor erhöhte funktionale Bedeutung des Alkohols für den Untersuchten weist. 3. Äußere Bedingungen „Neben den inneren stehen auch die äußeren Bedingungen (Lebensverhältnisse, berufliche Situation, soziales Umfeld) einer Stabilisierung des geänderten Verhaltens nicht entgegen.“ Kontraindikatoren für dieses Beurteilungskriterium können z. B. normabweichend hohe Werte in der TAAK- Skala „Alkoholaffines Umfeld“ sein bzw. auch hohe VPT.2-Werte in „Sozialer Anpassung“ bei gleichzeitig normabweichend geringen FRF-Werten in „Sozialer Risikobereitschaft“ (im Sinne einer mangelnden Fähigkeit, sich von negativen äußeren Bedingungen abzugrenzen). Prinzip einer multimodalen Diagnostik Psychometrische Daten aus verkehrsspezifischen Persönlichkeits- und Einstellungstests sowie Explorationsbefunde können somit (mit ihren jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkten) als prinzipiell gleichwertig und einan- 33 BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

32 Supplement II<br />

lysen mit den anderen in der Routinediagnostik verwendeten Persönlichkeitsverfahren VPT.2, FRF <strong>und</strong> VIP<br />

untersucht. Hier zeigten sich für alle TAAK-Skalen eine Reihe von sinnvollen <strong>und</strong> inhaltlich gut interpretierbaren<br />

Zusammenhänge, die durch eine Kreuzvalidierung (randomisierte Halbierung der Gesamtstichprobe) abgesichert<br />

wurden. Details dazu sowie zu allen weiteren Validierungsergebnissen vgl. wieder die Originalliteratur<br />

[9, 17, 18].<br />

Ein zentraler Ansatz zur Überprüfung der Kriteriumsvalidität bestand in einer Analyse des Zusammenhangs<br />

der TAAK-Skalen mit der Rückfallwahrscheinlichkeit. Dazu wurde eine Stichprobe von 118 alkoholauffälligen<br />

Kraftfahrern mit einer hinsichtlich Alter, Geschlecht <strong>und</strong> Intelligenz (operationalisiert durch einen Matrizentest<br />

zur sprachfreien Prüfung der abstraktlogischen Intelligenz) parallelisierten Stichprobe von unauffälligen Kraftfahrern<br />

verglichen. Bekanntlich liegt die Wahrscheinlichkeit eines künftigen <strong>Alkohol</strong>delikts bei bisher unauffälligen<br />

Fahrern bei r<strong>und</strong> fünf bis sechs Prozent [19, 20], während sie bei alkoholauffälligen Lenkern um<br />

mindestens das Vierfache höher liegt [vgl. z. B. 20, 21]. Wie Tabelle 1 zeigt, haben Fahrer mit erhöhter <strong>Alkohol</strong>gefährdung<br />

deutlich auffälligere Ergebnisse <strong>im</strong> TAAK: sie weisen signifikant höhere Informationsdefizite <strong>im</strong><br />

Hinblick auf <strong>Alkohol</strong>metabolismus <strong>und</strong> -wirkungen auf, haben ein deutlich geringeres Gefahrenbewusstsein bezüglich<br />

alkoholbedingter Unfallrisiken, akzeptieren alkoholbezogene Normen <strong>im</strong> Straßenverkehr weniger <strong>und</strong><br />

leben in einem wesentlich alkoholaffineren Umfeld.<br />

.<br />

Interessante Unterschiede in den TAAK-Skalen fanden sich auch zwischen Kraftfahrern mit negativer Verhaltensprognose<br />

(Fahrer, die in der verkehrspsychologischen Untersuchung negativ begutachtet wurden - wie erwähnt<br />

völlig unabhängig von den TAAK-Ergebnissen) <strong>und</strong> Fahrern mit positiver Verhaltensprognose (vgl. Tabelle<br />

2). Da hier keine parallelisierten Stichproben vorliegen, wurde der Einfluss der Intelligenz der Probanden<br />

auf das Antwortverhalten als Störvariable berücksichtigt (Kovariate Intelligenz in einer multivariaten Kovarianzanalyse).<br />

Kraftfahrer mit negativer Verhaltensprognose haben hoch signifikant größere Informationsdefizite<br />

bezüglich <strong>Alkohol</strong>, sind sich alkoholbedingter Unfallrisiken <strong>im</strong> Straßenverkehr wesentlich weniger bewusst <strong>und</strong><br />

leben in einem deutlich alkoholaffineren sozialen Umfeld. In den Skalen Normenakzeptanz <strong>und</strong> alkoholaffine<br />

Einstellungen sind keine Unterschiede nachweisbar.<br />

TAAK-Skala<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong><br />

TAAK -Skala M Auffällige M Unauffällige p<br />

ID 20,54 19,05 0,030<br />

GF 32,80 38,81 0,000<br />

NA 35,77 37,49 0,006<br />

AE 21,47 21,77 0,719<br />

AU 26,20 21,85 0,000<br />

Tab. 1: Unterschiede zwischen alkoholauffälligen <strong>und</strong> unauffälligen Kraftfahrern<br />

in den TAAK-Skalen. Nach Alter, Geschlecht, Bildung <strong>und</strong> Intelligenz parallelisierte<br />

Stichproben mit n = 118. Die angegebenen Signifikanzen beziehen sich auf<br />

t-Tests für abhängige Stichproben.<br />

M<br />

negative<br />

Eignung<br />

M<br />

positive<br />

Eignung<br />

Between-<br />

Subjects-Effects<br />

p<br />

Kovariate<br />

Anzahl Richtige<br />

<strong>im</strong> M30<br />

p<br />

Between-<br />

Subjects-Effects<br />

(ohne Kovariate)<br />

p<br />

ID 24,29 18,50 0,000 0,000 0,000<br />

GF 30,34 35,88 0,000 0,000 0,000<br />

NA 33,22 35,50 0,473 0,000 0,003<br />

AE 24,83 23,34 0,166 0,000 0,006<br />

AU 27,44 24,11 0,000 0,001 0,000<br />

Tab. 2: Unterschiede in den TAAK-Skalen zwischen Personen mit positiver <strong>und</strong> negativer Verhaltensprognose.<br />

Datenbasis ist hier die Gesamtstichprobe (n = 341). Obwohl der Box-M-Test auf Homogenität der Varianz-<br />

Kovarianz-Matrix mit p

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