Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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24 Supplement II – Substanzgebrauch, mit dem Ziel, Entzugssymptome zu mildern, und der entsprechenden positiven Erfahrung. – Ein körperliches Entzugssyndrom (siehe F10.4 und F10.5). – Nachweis einer Toleranz. Um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen der Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich (eindeutige Beispiele hierfür sind die Tagesdosen von Alkoholikern und Opiatabhängigen, die Konsumenten ohne Toleranzentwicklung schwer beeinträchtigen würden oder sogar zum Tode führten). – Ein eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit Alkohol oder der Substanz wie z. B. die Tendenz, Alkohol an Werktagen wie an Wochenenden zu trinken und die Regeln eines gesellschaftlich üblichen Trinkverhaltens außer Acht zu lassen. – Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums. – Anhaltender Substanz- oder Alkoholkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen. Die schädlichen Folgen können körperlicher Art sein, wie z. B. Leberschädigung durch exzessives Trinken oder sozial, wie Arbeitsplatzverlust durch eine substanzbedingte Leistungseinbuße, oder psychisch, wie bei depressiven Zuständen nach massivem Substanzkonsum.“ Bemerkenswert ist, dass in diesem Kriterienkatalog körperliche Befunde wie Laborwerte nicht genannt werden, obwohl dieser Katalog großenteils von medizinischen Gremien erarbeitet wurde. Die genannten Kriterien beziehen sich fast ausschließlich auf den Einstellungs- und den Verhaltensbereich. Dies liegt daran, dass aus den körperlichen Befunden nur bei schwersten Entzugserscheinungen auf körperliche Abhängigkeit geschlossen werden kann. Diese Entzugserscheinungen treten in der Regel aber nur für kurze Zeit auf und können daher in Untersuchungssituationen – auch in der Arztpraxis – nur sehr selten beobachtet werden bzw. wenn ärztliche Hilfe wegen der Entzugserscheinungen aufgesucht wird, gelangt dieser Sachverhalt in der Regel nicht zur Kenntnis des Gutachters bzw. der Verkehrsbehörde. Die übrigen körperlichen Befunde können allenfalls den Verdacht auf Alkoholmissbrauch sehr nahe legen, aber eben nicht beweisen. Allerdings können diese Befunde wie beispielsweise die Leberwerte – insbesondere bei kombinatorischer Würdigung der gesamten körperlichen Befunde – das Vorliegen eines Missbrauchs (nur) sehr wahrscheinlich machen. Es kann als allgemein akzeptiert angesehen werden, dass in der Regel weder körperliche noch psychische Alkoholabhängigkeit aus körperlichen Befunden, die in der Begutachtungspraxis selbst erhoben werden, direkt abgeleitet werden können. Im Übrigen – und hierauf kommt es für die Aussage dieses Beitrages entscheidend an – sind die meisten der vorgenannten international anerkannten fachwissenschaftlichen Kriterien nur bei offener Mitarbeit der Betroffenen zu erheben. Allerdings kann der Nachweis der gesteigerten Toleranz in vielen Fällen anhand eines objektiven Befundes, also eines besonders hohen BAK/AAK-Wertes erschlossen werden. Auch das „eingeschränkte Verhaltensmuster“ kann in einem Teil der Fälle dadurch erschlossen werden, dass die fragliche Alkoholfahrt an einem Wochentag – nachmittags – registriert wurde. Die übrigen Kriterien können nur dann festgestellt werden, wenn der Betroffene entsprechend viel Selbstkritik aufbringt und wenn er auch dazu bereit ist, die Ergebnisse dieser selbstkritischen Prüfung in der Begutachtungssituation offen zu berichten. Warum die Laborbefunde hier keinen Erfolg versprechenden Ausweg bieten, soll im nächsten Abschnitt erläutert werden. 4. Laborbefunde als „objektive“ Hilfsmittel zur Diagnose von Alkoholabhängigkeit Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Laborbefunde – wie bereits erwähnt – von den Betroffenen selbst ganz gezielt bereits durch kurze Trinkpausen positiv verändert werden können, wobei die Rückkehr in den Normalbereich je nach Befundart unterschiedlich schnell erfolgt. Biochemische Alkoholismusmarker gelten dennoch traditionellerweise als die wichtigsten „objektiven“ Befunde für die Diagnose Alkoholabhängigkeit bzw. Alkoholerkrankung. An relevanten Befunden sind unter anderem die verschiedenen Leberwerte (wie z. B. die Gamma-Glutamyltransferase), das mittlere korpuskuläre Erythrozytenvolumen (MCV) sowie das Carbohydrate-Deficient-Transferrin (CDT) zu nennen. Mit Hilfe dieser Marker aus unterschiedlichen körperlichen Bereichen soll ein exzessiver Alkoholkonsum in den Wochen vor der Bestimmung aufgedeckt werden. Bezüglich der Leberwerte wird bei Alkoholkranken und akut Alkoholmissbrauch betreibenden Personen am häufigsten eine Erhöhung der Gamma-Glutamyltransferase (γ-GT) festgestellt. Aber eine Vielzahl von Erkrankungen oder Schädigungen der Leber führen auch ohne Alkoholeinfluss zu γ-GT-Erhöhungen; differentialdiagnostisch ist hier beispielsweise an akute oder chronische entzündliche Lebererkrankungen, cholestatische Lebererkrankungen, Leberverfettung, Stauungsleber, Noxen, Parenterale Ernährung oder Schwangerschaft, Pankreatitis, Nierenerkrankungen oder die Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Barbiturate, Anabolika, Antirheumatika und andere) zu denken (vgl. hierzu an Stelle vieler anderer: TIETZ, 1995; THOMAS, 1998; SIGN, 2002) In der Regel normalisiert sich ein erhöhter γ-GT-Wert innerhalb von zwei bis fünf Wochen; die Dauer ist abhängig vom Ausgangswert (SOYKA, 2000). Eine Erhöhung des mittleren korpuskulären Erythrozytenvolumens (MCV) kann in der Folge einer alkoholtoxischen Knochenmarksschädigung auftreten. Die Sensitivität dieses Wertes ist deutlich geringer als beim γ-GT. BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

Supplement II Allerdings haben die Erythrozyten eine wesentlich längere Überlebensdauer, so dass sich MCV-Erhöhungen erst innerhalb von zwei bis drei Monaten normalisieren. Dieser Marker ist also vergleichsweise lange nachweisbar. Allerdings kann dieser Wert durch nicht alkoholabhängige Leberschäden, Vitaminmangel oder exzessiven Nikotinkonsum verfälscht werden (SOYKA, 2000; SIGN, 2002). Die Bestimmung des MCV kann allerdings bei Frauen sinnvoll sein, da gerade bei jungen Frauen das CDT weniger verlässlich ist als bei Männern (CONIGRAVE et al., 2002; SIGN, 2002). Das Carbohydrate-Deficient-Transferrin ist eine atypische Transferrin-Variante, deren Wert im Blut von Personen mit Alkoholmissbrauch erhöht ist. Die Wertigkeit des CDT wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Zunächst sah es so aus, als ob mit dem CDT ein Biomarker gefunden worden wäre, der zu großen Hoffnungen für die Zukunft Anlass gäbe. So berichtete STIBLER (1991) von einer Sensitivität des Markers zwischen >90 bis zu 100 Prozent! Spätere Arbeiten aber, die einen Überblick über die Forschungssituation gaben, konnten diese positive Einschätzung nicht bestätigen (ALLEN et al., 1994; SALASPURO, 1999). Demnach scheint eine durchschnittliche Sensitivität zwischen 30 und 50 Prozent für Frauen und 50 bis 70 Prozent für Männer realistisch zu sein, in Abhängigkeit von der Population, den Trinkgewohnheiten und dem täglichen Alkoholkonsum. CUNO befasste sich 2001 mit der Validität verschiedener laborchemisch bestimmbarer Alkoholismusmarker unter besonderer Berücksichtigung des CDT. Dabei untersuchte er folgende Parameter: Blutalkoholkonzentration (BAK), Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT), Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT), De Ritis-Quotient, γ-GT und CDT. Zur Diagnostik eines kurzzeitig zurückliegenden Alkoholkonsums zeigten sowohl BAK und insbesondere auch der CDT-Wert eine ausreichend hohe Spezifität und Sensitivität (BAK: Sensitivität 86 %, Spezifität 100 %; CDT: Sensitivität 74 %, Spezifität 82 %). Allerdings war keiner der genannten Parameter dazu geeignet, klar zwischen akutem und chronischem Alkoholkonsum bzw. zwischen Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit zu diskriminieren. So kommt auch CUNO (2001) anhand neuer Daten zu dem Schluss: „Die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit kann sich auch nach Einführung des CDT nicht allein auf die Bestimmung laborchemischer Kenngrößen stützen, sie bedarf weiterhin ausführlicher anamnestischer Daten und ist somit auf die Kooperation des Patienten angewiesen.“ (CUNO 2001, S. 78) Erschwert wird die Diskussion durch das Fehlen eines internationalen Standards der CDT-Analyse, der zwar gefordert wird (ARNDT, 1999), aber bisher noch nicht verwirklicht werden konnte. Dies hat zur Folge, dass es problematisch ist, die mittlerweile recht große Anzahl an empirischen Ergebnissen zu vergleichen, weil beispielsweise das CDT unterschiedlich bestimmt wurde. So zeigte eine empirische Untersuchung von GORDON et al. (1997), dass die Spezifität und Sensitivität um 12 Prozent bei identischen Versuchspersonen schwankte, je nachdem, mit welchem Testverfahren der CDT-Wert bestimmt wurde. Häufig unterscheiden sich die Untersuchungen auch hinsichtlich der zugrunde liegenden Untersuchungspopulationen, der Analyseverfahren oder des „clinical settings“. HORNIG und GOTTSCHALDT (1996) konnten in ihrer Studie zwar eine hohe Spezifität und Sensitivität des CDT- Wertes feststellen, eine strikte lineare Beziehung zur konsumierten Alkoholmenge wurde allerdings nicht nachgewiesen. Ein erhöhter CDT-Wert normalisierte sich unter Abstinenz überwiegend innerhalb von 21 Tagen, längere Normalisierungszeiten waren bei Männern häufiger als bei Frauen. Die Autoren sehen in der CDT-Bestimmung die Möglichkeit, die Sicherheit der Primärdiagnostik zu verbessern. Die CDT-Bestimmung kann – so die Autoren – ein nützlicher Baustein im Rahmen einer umfassenden Untersuchung sein. Interessant sind die Untersuchungsergebnisse von LESCH et al. (1996). In der Studie wurde die Abhängigkeit der Serum-CDT-Konzentration von den Trinkgewohnheiten untersucht. Die Experimentalphase dauerte drei Wochen. Es zeigte sich, dass der chronische Konsum geringerer Alkoholmengen eine Erhöhung des CDT-Wertes nach sich zieht, während der gelegentliche Konsum größerer Alkoholmengen zu keiner Erhöhung des CDT-Wertes führte. MÜLLER-WICKOP, LÖHR-SCHWAAB und JANSEN (1995) kommen bei einem Überblick über die aktuellen Forschungsarbeiten zur Sensitivität und Spezifität des CDT zu dem Schluss, dass der Wert des CDT zur Absicherung einer Abstinenzbehauptung als gering zu bewerten ist. MÜLLER-WICKOP et al. (1998) sehen daher den Einsatz des CDT im Rahmen einer MPU als verfrüht an und sehen weiteren Forschungsbedarf. Auch andere Autoren wie BUCHHOLTZ et al. (1999) weisen darauf hin, dass bei allen Laborparametern – einschließlich des CDT-Wertes – die nicht genügend abgesicherte Sensitivität ein Problem ist. Gerade bezüglich des CDT ist der Einfluss von Erkrankungen oder Medikamenten auf den CDT-Wert noch nicht genügend erforscht, um den Wert stringent im Rahmen der verkehrsrelevanten Diagnosen und Prognosen einsetzen zu können. So befassten sich EXNER und BADORREK (1999) beispielsweise mit erhöhten Laborwerten in der Medizinisch-Psychologischen Begutachtung bei Personen mit Leberzysten oder Tetracyclin-Einnahme. Unerkannte kongenitale Zysten ohne Krankheitswert können demnach mit leicht erhöhten Laborwerten einhergehen. Derartige Zysten sind durchaus nicht selten, werden aber häufig nicht entdeckt, da sie keine Beschwerden verursachen. So berichten CAREMANI et al. (1993) eine durchschnittliche Inzidenz für nichtparasitäre Leberzysten von 4,65 %, wobei mit zunehmendem Alter die Häufigkeit ansteigt. Personen mit unerkannten Leberzysten kann also auch im Rahmen einer MPU fälschlicherweise Alkoholmissbrauch unterstellt werden. BUCHHOLTZ, GILG und HUTH (1999) betonen in ihrer umfassenden empirischen Untersuchung zur Bedeutung des CDT und anderer Alkoholmissbrauchsmarker in der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung alkohol- 25 BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

Supplement II<br />

Allerdings haben die Erythrozyten eine wesentlich längere Überlebensdauer, so dass sich MCV-Erhöhungen erst<br />

innerhalb von zwei bis drei Monaten normalisieren. Dieser Marker ist also vergleichsweise lange nachweisbar.<br />

Allerdings kann dieser Wert durch nicht alkoholabhängige Leberschäden, Vitaminmangel oder exzessiven Nikotinkonsum<br />

verfälscht werden (SOYKA, 2000; SIGN, 2002). Die Best<strong>im</strong>mung des MCV kann allerdings bei Frauen<br />

sinnvoll sein, da gerade bei jungen Frauen das CDT weniger verlässlich ist als bei Männern (CONIGRAVE et al.,<br />

2002; SIGN, 2002).<br />

Das Carbohydrate-Deficient-Transferrin ist eine atypische Transferrin-Variante, deren Wert <strong>im</strong> Blut von Personen<br />

mit <strong>Alkohol</strong>missbrauch erhöht ist. Die Wertigkeit des CDT wird in der Literatur kontrovers diskutiert.<br />

Zunächst sah es so aus, als ob mit dem CDT ein Biomarker gef<strong>und</strong>en worden wäre, der zu großen Hoffnungen<br />

für die Zukunft Anlass gäbe. So berichtete STIBLER (1991) von einer Sensitivität des Markers zwischen >90 bis<br />

zu 100 Prozent! Spätere Arbeiten aber, die einen Überblick über die Forschungssituation gaben, konnten diese<br />

positive Einschätzung nicht bestätigen (ALLEN et al., 1994; SALASPURO, 1999). Demnach scheint eine durchschnittliche<br />

Sensitivität zwischen 30 <strong>und</strong> 50 Prozent für Frauen <strong>und</strong> 50 bis 70 Prozent für Männer realistisch zu<br />

sein, in Abhängigkeit von der Population, den Trinkgewohnheiten <strong>und</strong> dem täglichen <strong>Alkohol</strong>konsum.<br />

CUNO befasste sich 2001 mit der Validität verschiedener laborchemisch best<strong>im</strong>mbarer <strong>Alkohol</strong>ismusmarker<br />

unter besonderer Berücksichtigung des CDT. Dabei untersuchte er folgende Parameter: <strong>Blutalkohol</strong>konzentration<br />

(BAK), Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT), Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT), De Ritis-Quotient,<br />

γ-GT <strong>und</strong> CDT. Zur Diagnostik eines kurzzeitig zurückliegenden <strong>Alkohol</strong>konsums zeigten sowohl BAK<br />

<strong>und</strong> insbesondere auch der CDT-Wert eine ausreichend hohe Spezifität <strong>und</strong> Sensitivität (BAK: Sensitivität 86 %,<br />

Spezifität 100 %; CDT: Sensitivität 74 %, Spezifität 82 %). Allerdings war keiner der genannten Parameter dazu<br />

geeignet, klar zwischen akutem <strong>und</strong> chronischem <strong>Alkohol</strong>konsum bzw. zwischen <strong>Alkohol</strong>missbrauch <strong>und</strong> -abhängigkeit<br />

zu diskr<strong>im</strong>inieren. So kommt auch CUNO (2001) anhand neuer Daten zu dem Schluss: „Die Diagnose<br />

einer <strong>Alkohol</strong>abhängigkeit kann sich auch nach Einführung des CDT nicht allein auf die Best<strong>im</strong>mung laborchemischer<br />

Kenngrößen stützen, sie bedarf weiterhin ausführlicher anamnestischer Daten <strong>und</strong> ist somit auf die<br />

Kooperation des Patienten angewiesen.“ (CUNO 2001, S. 78)<br />

Erschwert wird die Diskussion durch das Fehlen eines internationalen Standards der CDT-Analyse, der zwar<br />

gefordert wird (ARNDT, 1999), aber bisher noch nicht verwirklicht werden konnte. Dies hat zur Folge, dass es<br />

problematisch ist, die mittlerweile recht große Anzahl an empirischen Ergebnissen zu vergleichen, weil beispielsweise<br />

das CDT unterschiedlich best<strong>im</strong>mt wurde. So zeigte eine empirische Untersuchung von GORDON<br />

et al. (1997), dass die Spezifität <strong>und</strong> Sensitivität um 12 Prozent bei identischen Versuchspersonen schwankte, je<br />

nachdem, mit welchem Testverfahren der CDT-Wert best<strong>im</strong>mt wurde. Häufig unterscheiden sich die Untersuchungen<br />

auch hinsichtlich der zugr<strong>und</strong>e liegenden Untersuchungspopulationen, der Analyseverfahren oder des<br />

„clinical settings“.<br />

HORNIG <strong>und</strong> GOTTSCHALDT (1996) konnten in ihrer Studie zwar eine hohe Spezifität <strong>und</strong> Sensitivität des CDT-<br />

Wertes feststellen, eine strikte lineare Beziehung zur konsumierten <strong>Alkohol</strong>menge wurde allerdings nicht nachgewiesen.<br />

Ein erhöhter CDT-Wert normalisierte sich unter Abstinenz überwiegend innerhalb von 21 Tagen,<br />

längere Normalisierungszeiten waren bei Männern häufiger als bei Frauen. Die Autoren sehen in der CDT-Best<strong>im</strong>mung<br />

die Möglichkeit, die Sicherheit der Pr<strong>im</strong>ärdiagnostik zu verbessern. Die CDT-Best<strong>im</strong>mung kann – so<br />

die Autoren – ein nützlicher Baustein <strong>im</strong> Rahmen einer umfassenden Untersuchung sein.<br />

Interessant sind die Untersuchungsergebnisse von LESCH et al. (1996). In der Studie wurde die Abhängigkeit<br />

der Serum-CDT-Konzentration von den Trinkgewohnheiten untersucht. Die Exper<strong>im</strong>entalphase dauerte drei<br />

Wochen. Es zeigte sich, dass der chronische Konsum geringerer <strong>Alkohol</strong>mengen eine Erhöhung des CDT-Wertes<br />

nach sich zieht, während der gelegentliche Konsum größerer <strong>Alkohol</strong>mengen zu keiner Erhöhung des CDT-Wertes<br />

führte.<br />

MÜLLER-WICKOP, LÖHR-SCHWAAB <strong>und</strong> JANSEN (1995) kommen bei einem Überblick über die aktuellen Forschungsarbeiten<br />

zur Sensitivität <strong>und</strong> Spezifität des CDT zu dem Schluss, dass der Wert des CDT zur Absicherung<br />

einer Abstinenzbehauptung als gering zu bewerten ist. MÜLLER-WICKOP et al. (1998) sehen daher den Einsatz des<br />

CDT <strong>im</strong> Rahmen einer MPU als verfrüht an <strong>und</strong> sehen weiteren Forschungsbedarf.<br />

Auch andere Autoren wie BUCHHOLTZ et al. (1999) weisen darauf hin, dass bei allen Laborparametern – einschließlich<br />

des CDT-Wertes – die nicht genügend abgesicherte Sensitivität ein Problem ist. Gerade bezüglich des<br />

CDT ist der Einfluss von Erkrankungen oder Medikamenten auf den CDT-Wert noch nicht genügend erforscht,<br />

um den Wert stringent <strong>im</strong> Rahmen der verkehrsrelevanten Diagnosen <strong>und</strong> Prognosen einsetzen zu können. So befassten<br />

sich EXNER <strong>und</strong> BADORREK (1999) beispielsweise mit erhöhten Laborwerten in der Medizinisch-Psychologischen<br />

Begutachtung bei Personen mit Leberzysten oder Tetracyclin-Einnahme. Unerkannte kongenitale<br />

Zysten ohne Krankheitswert können demnach mit leicht erhöhten Laborwerten einhergehen. Derartige Zysten<br />

sind durchaus nicht selten, werden aber häufig nicht entdeckt, da sie keine Beschwerden verursachen. So berichten<br />

CAREMANI et al. (1993) eine durchschnittliche Inzidenz für nichtparasitäre Leberzysten von 4,65 %, wobei mit<br />

zunehmendem Alter die Häufigkeit ansteigt. Personen mit unerkannten Leberzysten kann also auch <strong>im</strong> Rahmen<br />

einer MPU fälschlicherweise <strong>Alkohol</strong>missbrauch unterstellt werden.<br />

BUCHHOLTZ, GILG <strong>und</strong> HUTH (1999) betonen in ihrer umfassenden empirischen Untersuchung zur Bedeutung<br />

des CDT <strong>und</strong> anderer <strong>Alkohol</strong>missbrauchsmarker in der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung alkohol-<br />

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BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>

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