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Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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Die Evaluationsstudien zeigen einheitlich, wenn auch nicht <strong>im</strong>mer signifikant, eine Wirkung der Interlock-Anwendung<br />

in der erwarteten Richtung. Wenn ein Interlock installiert ist, dann kommt es bei Fahrern<br />

des entsprechenden Fahrzeugs zu einer geringeren Anzahl von Rückfällen in das Delikt „Trunkenheit am Steuer“<br />

als bei Fahrern ohne entsprechende Installation. Andererseits ist erkennbar, dass die Ergebnisse der Studien<br />

hinsichtlich des Rückfallkriteriums extrem stark schwanken, nämlich bei Mehrfachtätern zwischen 0,5<br />

<strong>und</strong> 10 %. Dies ist vor allem auf die erwähnten methodischen Schwächen der Studien zurückzuführen.<br />

Auffällig ist ferner, dass der Effekt nach Deinstallation des Interlocks nahezu einheitlich verschwindet. Bei einigen<br />

Untersuchungen weisen die Interlock-Nutzer nach Entfernung des Gerätes sogar höhere Rückfallquoten<br />

auf als eine Vergleichsgruppe. Auf diese viel enttäuschende Erkenntnis <strong>und</strong> die daraus zu ziehenden Konsequenzen<br />

wird unten näher eingegangen werden.<br />

Im Hancock County, Indiana, wird Interlock als Alternative zu drastischen Strafen eingesetzt. <strong>Alkohol</strong>isierte<br />

Fahrer müssen in der Regel mit einer Freiheitsstrafe von 3 bis 6 Monaten rechnen; unter diesen Bedingungen ließen<br />

sich 62 % der angesprochenen Fahrer ein Gerät installieren. Bei erstmals auffälligen Fahrern wurde eine<br />

Rückfallreduktion von 40 % festgestellt, bei wiederholt unter <strong>Alkohol</strong>einfluss ertappten Autofahrern noch eine<br />

Reduktion um 20 % (VOAS et al. 2002).<br />

Ebenfalls nahezu einheitlich wird berichtet, dass die Anwerbung von Teilnehmern an Interlock-Programmen<br />

schwierig sei. Die Ausschöpfungsquote liegt bei unter 5 % der nach den jeweils festgelegten Kriterien in Frage<br />

kommenden potentiellen Teilnehmern. Daher sind solche Evaluationsstudien von großem Interesse, die besonderen<br />

Einfallsreichtum bei der Akquisition von geeigneten <strong>und</strong> interessierten Fahrern aufweisen. Auf die in diesem<br />

Zusammenhang interessante Studie in der Region Annecy <strong>im</strong> französischen Savoyen wurde bereits hingewiesen.<br />

In Quebec, Kanada, nehmen 26 % aller Ersttäter an einem Interlock-Programm teil. Hier wird das Programm<br />

durch die Provinzialregierung gefördert, es findet ein regelmäßiger direkter <strong>und</strong> persönlicher Briefwechsel mit<br />

den Programmteilnehmern statt, es werden ständig Informationen über die Massenmedien verbreitet, es gibt in<br />

sehr vielen Städten <strong>und</strong> Gemeinden Installationsmöglichkeiten für Interlocks, so dass eine aufwändige Anreise<br />

zu wenigen Interlock-Zentren nicht erforderlich ist, es gibt ein paralleles Programm zur Beschlagnahme von<br />

Fahrzeugen bei Fahrern, die trotz Entziehung ihrer Fahrerlaubnis ein Fahrzeug führen. Auf diese Weise wird das<br />

Interlock-Programm für betroffene Fahrer zum „kleineren Übel“ <strong>und</strong> damit zur „besseren Alternative“ (BEIRNESS<br />

<strong>und</strong> MARQUES, 2004).<br />

Es gibt also durchaus Möglichkeiten, die Anzahl der tatsächlichen Teilnehmer aus dem potentiellen Teilnehmerreservoir<br />

deutlich zu erhöhen, auch wenn man auf direkten Zwang verzichtet.<br />

Im Rahmen einer umfangreichen Studie zu mehreren <strong>im</strong> US-<strong>B<strong>und</strong></strong>esstaat Kalifornien durchgeführten Interlock-Programmen<br />

(DEYOUNG <strong>2005</strong>) sind Wirksamkeitsergebnisse berichtet worden, die schwer zu interpretieren<br />

sind. Die Forscher haben sich zwei verschiedene Gruppen angesehen: einer Gruppe ist das Interlock-Programm<br />

von einem Richter <strong>im</strong> Rahmen eines Prozesses wegen Trunkenheit am Steuer auferlegt worden, eine<br />

andere Gruppe hat <strong>im</strong> Zuge der administrativen Entscheidungen zur Fahrerlaubnis am Programm teilgenommen.<br />

Für die erste Gruppe werden folgende Rückfallzahlen berichtet:<br />

(a) Wiederholungstäter hatten um 13 % reduzierte Trunkenheitsfahrten (sowohl alkoholbedingte Auffälligkeiten<br />

wie auch Unfälle).<br />

(b) Fahrer, die <strong>gegen</strong> das Fahrverbot verstoßen hatten, zeigten zwischen 20 <strong>und</strong> 40 % weniger Gesamtunfälle,<br />

jedoch keine Verringerung hinsichtlich der alkoholbedingten Straftaten <strong>und</strong> Unfälle.<br />

(c) Bei Ersttätern mit hoher BAK konnten keine Veränderungen festgestellt werden.<br />

Für die zweite, also die administrative Gruppe, wird berichtet:<br />

(a) Alle Straftäter des administrativen Programms hatten um 18 % geringere Aburteilungen wegen Trunkenheitsfahrten<br />

<strong>und</strong> um 32 % weniger Vorfälle unter <strong>Alkohol</strong>einfluss; allerdings erwies sich die Gesamtunfallquote<br />

um 82 % höher.<br />

(b) Wiederholungstäter zeigten 41% weniger Vorfälle unter <strong>Alkohol</strong>einfluss, jedoch eine 2,3-mal so hohe<br />

Summe aller Unfälle.<br />

Es ist also ersichtlich, dass die Interlock-Programme in der beabsichtigten Richtung wirken. Andererseits<br />

kam es während der Durchführungsphase des Programms zu erhöhten Unfallzahlen, genauer: Unfällen<br />

ohne <strong>Alkohol</strong>einfluss. Da die zitierte Studie erst in diesen Wochen veröffentlicht wird, darf man gespannt<br />

sein, welche konkreten Begleitumstände zu den unbeabsichtigten Nebenwirkungen geführt haben könnten.<br />

Die Studie macht aber deutlich, dass es nicht allein darauf ankommen kann, die direkten <strong>und</strong> beabsichtigten<br />

Wirkungen eines Interlock-Programms zu überprüfen, sondern dass auch die Nebenwirkungen kontrolliert werden<br />

müssen.<br />

Ein erst kürzlich abgeschlossenes, von der EU finanziertes Forschungsprojekt mit dem Kurznamen „IM-<br />

MORTAL“ 5 ) hat sich unter anderem mit dem Nutzen <strong>und</strong> den Kosten verschiedener Maßnahmen zur Verhinde-<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong><br />

Supplement I

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