Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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8 BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 Supplement I WOLF-RÜDIGER NICKEL Atemalkoholgesteuerte Wegfahrsperren (Interlock) – internationale Entwicklung, Wirksamkeit, Perspektiven 1. Einleitung „Mach dich nicht hilflos durch das Biertrinken in den Kneipen. Werden denn nicht die Worte deinem Mund entschlüpfen ohne dass du weißt, dass sie von dir selbst kommen? Du wirst stürzen und dir die Knochen brechen und niemand wird dir die Hand reichen, dir aufzuhelfen. Deine Saufkumpane werden sich erheben und sagen: Schmeißt diesen Trunkenbold raus!“ (zitiert nach WALLER, 1985, 511). Dieser Auszug aus einem altägyptischen Papyrus zeigt, dass wir uns mit einem mindestens 4 000 Jahre alten Phänomen befassen: es gibt Menschen mit unproblematischem Trinkverhalten und solche, die es nicht im Griff haben. Es ist zu befürchten, dass sich auch unsere Nachfahren noch ausführlich mit dem Problem befassen müssen. Dass die Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss höchst gefährlich ist und auch tödliche Gefahren beinhaltet, ist nicht nur in den vergangenen 50 Jahren mannigfaltig wissenschaftlich untersucht und belegt worden, sondern kann inzwischen auch bei Verkehrsteilnehmern als Binsenweisheit gelten. Trotz vielfältiger Maßnahmen zur Reduktion von Trunkenheitsfahrten ist es bisher weder national noch international gelungen, das Phänomen zufriedenstellend zu bekämpfen: so ist der Anteil der unter Alkoholeinfluss stehender tödlich verletzter Fahrer in den USA zwischen 1992 und 2002 von 28 auf 21 % zurückgegangen, in Schweden von 24 auf 28 % angestiegen und in Deutschland von 20 auf knapp 14 % gesunken (SWEEDLER et al. 2004, 183). Dies liegt sicher zu einem großen Teil daran, dass es sich bei den betroffenen Fahrern um Menschen handelt, bei denen die Komplexität von Motivation und Beeindruckbarkeit, individueller Lebensgestaltung und -problematik sowie der Ausprägung von Verhaltensmustern auch zu unterschiedlichen Sicherheitsorientierungen führt; bei ungünstiger Entwicklung und Konstellation sind Motivations- und Verhaltensänderungen mit dem Ziel der Herstellung oder Wiederherstellung sicherer Mobilität zwar schwierig, aber durchaus möglich. Welchen zusätzlichen Beitrag können atemalkoholgesteuerte Wegfahrsperren leisten, wie schätzen wir deren Wirksamkeit zuverlässig ein und wie müssen wir deren weiteren Einsatz begleiten, um Nachhaltigkeit zu erzielen? Wie sieht das inzwischen errichtete Gebäude von Maßnahmen zur Bekämpfung des Fahrens unter Alkoholeinfluss aus? Wie interagieren technische Maßnahmen 1 ) mit den juridischen 2 ), soziologischen, medizinischen und psychologischen Werkzeugen? Das general- und spezialpräventive Instrumentarium zur Bekämpfung des Fahrens unter Alkoholeinfluss umfasst Maßnahmen in den Bereichen der Aufklärung (Schule, Elternhaus, Fahrschule, Hausärzte, Sicherheitskampagnen, Warnhinweise) Abschreckung (Gesetze mit Sanktionsinstrumentarium, polizeiliche Überwachung, Veröffentlichung der Alkoholfahrer mit Bild und Adresse, wie in einigen US-amerikanischen Regionen praktiziert) Intervention (Fahrverbot, Führerscheinentzug, Fahrzeugbeschlagnahme, Inhaftierung, Wegfahrsperren, Begutachtung, Schulung, Therapie). Diese Beispiele überschneiden einander insbesondere in den Bereichen Abschreckung und Intervention und sie ließen sich zweifellos deutlich vermehren. So wirkt beispielsweise die Intervention eines vollzogenen Fahrverbotes gleichzeitig als Abschreckung auf jene Fahrer, die über eine ausreichende Verhaltenssteuerung verfügen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu bestimmen ist äußerst schwierig, weil sie zum Teil interagieren und weil zu einer exakten Wirksamkeitsbestimmung sämtliche auf den Autofahrer einwirkenden Faktoren bestimmt und gemessen werden müssten. Dennoch kann die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen als ausreichend zuverlässig bestimmt gelten, z. B. gilt dies für die polizeiliche Überwachung, sowie Begutachtung, Schulung und Rehabilitation (WINKLER et al., 1988; JACOBSHAGEN und UTZELMANN, 1996). Man wird ebenso wenig auf solche Maßnahmen verzichten wollen, die ethisch angemessen sind und deren Außerkraftsetzung die Wirksamkeit des Gesamtsystems gefährden könnte wie man Instrumente und Maßnahmen außer Acht lassen sollte, die sich in der Entwicklungs-, Erprobungs- und Erforschungsphase befinden. Die Frage, inwieweit die freie Willensentscheidung des Autofahrers durch den Einsatz technischen Gerätes ersetzt wird, hat viele Facetten. Eine wesentliche ist die Freiheit von unmittelbarem Zwang: bisher ist noch kein Fahrer zum Führen eines Fahrzeugs mit Interlock-Ausrüstung gezwungen worden. Die freie Entscheidung des von der Gesellschaft als Risikoträger erkannten Fahrers zwischen Autofahren unter Bedingungen und Nicht- Autofahren – falls ihm die Bedingungen nicht erfüllbar erscheinen – ist damit nicht beeinträchtigt. Eine weitere Facette ist darin zu sehen, dass die Verfolgung des Ziels der Wiederherstellung der Voraussetzungen für eine freie und von Fremdbestimmung losgelöste Entscheidung auch Maßnahmen rechtfertigt, die den Fahrer temporär zur Einhaltung ganz besonderer individueller Bedingungen zwingt; derartiger Zwang ist zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung von Sicherheit für die Verkehrsgesellschaft gerechtfertigt, weil er die Freiheit und Unversehrtheit der anderen schützt. (vgl. NICKEL 2000)

Supplement I 2. Die Entwicklung von Wegfahrsperren – historischer Überblick 3 ) Nach Forschungsergebnissen amerikanischer Psychologen leiden bis zu 75 % derjenigen Autofahrer, die unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug lenken, unter deutlichen kognitiven Störungen, die ihnen das Lernen aus Erfahrung erschweren (GLASS, CHAN & RENTZ, 2000). Aus der Lernpsychologie ist bekannt, dass wir insbesondere aus positiven, mit angenehmen Folgen verbundenen Ereignissen lernen: Wir neigen dazu, Handlungen, die zu solchen Ereignissen führen, zu wiederholen. Der unter Alkoholeinfluss fahrende Autofahrer macht in der Mehrzahl seiner Fahrten die durchaus positive und angenehme Erfahrung, dass er keinen Unfall verursacht hat, nicht von der Polizei angehalten wurde, kein Geld für eine Taxe oder öffentliche Verkehrsmittel ausgeben musste, nicht im Regen auf den Bus oder die Straßenbahn warten musste und so weiter: Eine Vielzahl positiver Umstände eines verbotenen, gefährlichen und mit Strafe bedrohten Verhaltens. Das ist das Gefährliche: Wir „lernen“, dass unser Fahren unter Alkoholeinfluss eine ganze Reihe von Annehmlichkeiten mit sich gebracht hat. Wir lernen am Erfolg. Wir lernen am Erfolg negativen, falschen Verhaltens. Genau das macht es so schwierig, das falsche Verhalten wieder abzulegen, wenn es sich erst einmal eingeschliffen hat. Noch schwieriger wird dies dadurch, dass der regelmäßige Alkoholkonsum zusätzlich zu einer Gewohnheitsbildung und nicht selten zu einer Abhängigkeit führt. Jedes Instrument, das dabei helfen kann, die schädlichen Folgen einer derartigen Entwicklung zu reduzieren, sollte daher gewissenhaft auf seine Wirkung untersucht werden. Auch vor diesem Hintergrund hat der amerikanische Verkehrsminister bereits 1968 dem Kongress einen Bericht vorgelegt, in dem die Möglichkeiten einer Zündsperre zur Verhinderung von Fahrten unter Alkoholeinfluss diskutiert wurden (US Department of Transportation, 1968, zit. nach BEIRNESS, 2004). Danach entstanden zwei Entwicklungsstränge bzw. Forschungsrichtungen: (a) die Entwicklung von Verfahren zur Bestimmung von alkoholbedingten psychomotorischen und Wahrnehmungsstörungen des Fahrers 4 ) und (b) die Entwicklung von Geräten zur Bestimmung des Atemalkohols. Beide Verfahren sollten eine Verhinderung bzw. Unterbrechung des Zündvorgangs beim Startversuch eines Fahrzeugs für den Fall der Alkoholisierung des Fahrers bzw. für die mit seiner Alkoholisierung einhergehenden Beeinträchtigungen ermöglichen. Die Unterscheidung von alkoholisierten und nicht-alkoholisierten Fahrern hinsichtlich der Einschränkungen ihrer psychomotorischen und Wahrnehmungsleistungen erwies sich zwar grundsätzlich als möglich und durchführbar; die Unterscheidung war jedoch vor allem im BAK-Bereich von 0,5 bis 1,5 Promille nicht genau genug, so dass dieser Entwicklungsstrang der verhaltensbasierten Zündunterbrechung alsbald aufgegeben wurde. In den 70er Jahren kam es den Entwicklern im wesentlichen darauf an, den Zündvorgang des Fahrzeugs bei einer gemessenen Atemalkoholkonzentration von 1 Promille zu unterbinden. Die im Test befindlichen Geräte erwiesen sich jedoch als für den praktischen Einsatz nicht geeignet. Erst die verbesserte, stabilere und genauere Atemalkoholmessung in den 80er Jahren nährte die Erwartung, dass ein Einsatz von atemalkoholgesteuerten Zünd- bzw. Wegfahrsperren zuverlässig das Starten eines Fahrzeugs bei definierten Alkoholwerten verhindern könnte. 1986 erließ der Staat von Kalifornien erstmals ein Gesetz, das einen Pilotversuch mit atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperren ermöglichte. Zwischen 1990 und 1992 ist in den USAund Kanada nach zahlreichen Täuschungsmanövern durch Fahrer, in deren Fahrzeug eine Wegfahrsperre installiert worden war, erkannt worden, dass nach einem ersten Alkoholtest vor dem Starten des Fahrzeugs weitere Tests während der Fahrt folgen müssten, um das Risiko der Täuschung zu vermindern. 1992 wurden in den USA von der NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) erstmals Richtlinien für Interlock-Geräte erlassen, die gegenwärtig zum wiederholten Male einer Revision unterzogen werden (BEIRNESS & MARQUES 2004). 1999 ist in Kanada das Strafrecht dahingehend geändert worden, dass eine Verkürzung des Fahrverbots nach Fahren unter Alkoholeinfluss ausgesprochen werden kann, wenn der Betroffene an einem Interlock-Programm teilnimmt. Ebenfalls 1999 ist in Schweden das erste Interlock Pilotprogramm auf freiwilliger Basis begonnen worden (BJERRE, 2003). Das Programm ist rehabilitativer Natur, weil die Mehrzahl der Alkoholtäter Abhängige oder Problemtrinker seien. Mangels Interesse nahmen nur 12 % der in Frage kommenden Personen teil. Die Ergebnisse allerdings ermutigten zu einer Ausdehnung der Programme: während der zweijährigen Laufzeit des Programms ist kein Interlock-Teilnehmer rückfällig geworden. Seit 2000 bieten die Vereinigten Staaten einen vom Kongress ausgesetzten finanziellen Anreiz für Bundesstaaten, die Interlock-Programme einführen. 2001 waren im US-Bundesstaat Texas 11.000 Geräte im Einsatz – das waren etwa 1 /3 aller in den USA verwendeten Interlock-Systeme. Das sind sehr wenige, wenn man die Bevölkerungszahl von Texas mit derjenigen aller Staaten der USA in Beziehung setzt; daran wird bereits eines der größten bisher zu bewältigenden Probleme erkennbar, nämlich überhaupt Teilnehmer für derartige Versuchsprogramme zu rekrutieren. Im Jahre 2003 hat die Europäische Kommission als Folgeuntersuchung des EU-Projekts ALCOLOCKS einem Feldversuch mit verschiedenen Kraftfahrergruppen zur praktischen Erprobung von Interlocks zugestimmt, der im Frühjahr 2004 begonnen wurde. In fünf Gruppen von jeweils 30 Fahrern – spanische und norwegische Fahrer im öffentlichen Nahverkehr sowie belgische Rückfalltäter einerseits und abstinente alkoholabhängige Patienten 9 BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

Supplement I<br />

2. Die Entwicklung von Wegfahrsperren – historischer Überblick 3 )<br />

Nach Forschungsergebnissen amerikanischer Psychologen leiden bis zu 75 % derjenigen Autofahrer, die unter<br />

<strong>Alkohol</strong>einfluss ein Fahrzeug lenken, unter deutlichen kognitiven Störungen, die ihnen das Lernen aus Erfahrung<br />

erschweren (GLASS, CHAN & RENTZ, 2000). Aus der Lernpsychologie ist bekannt, dass wir insbesondere aus positiven,<br />

mit angenehmen Folgen verb<strong>und</strong>enen Ereignissen lernen: Wir neigen dazu, Handlungen, die zu solchen<br />

Ereignissen führen, zu wiederholen. Der unter <strong>Alkohol</strong>einfluss fahrende Autofahrer macht in der Mehrzahl seiner<br />

Fahrten die durchaus positive <strong>und</strong> angenehme Erfahrung, dass er keinen Unfall verursacht hat, nicht von der<br />

Polizei angehalten wurde, kein Geld für eine Taxe oder öffentliche Verkehrsmittel ausgeben musste, nicht <strong>im</strong><br />

Regen auf den Bus oder die Straßenbahn warten musste <strong>und</strong> so weiter: Eine Vielzahl positiver Umstände eines<br />

verbotenen, gefährlichen <strong>und</strong> mit Strafe bedrohten Verhaltens. Das ist das Gefährliche: Wir „lernen“, dass unser<br />

Fahren unter <strong>Alkohol</strong>einfluss eine ganze Reihe von Annehmlichkeiten mit sich gebracht hat. Wir lernen am Erfolg.<br />

Wir lernen am Erfolg negativen, falschen Verhaltens. Genau das macht es so schwierig, das falsche Verhalten<br />

wieder abzulegen, wenn es sich erst einmal eingeschliffen hat. Noch schwieriger wird dies dadurch, dass der<br />

regelmäßige <strong>Alkohol</strong>konsum zusätzlich zu einer Gewohnheitsbildung <strong>und</strong> nicht selten zu einer Abhängigkeit<br />

führt. Jedes Instrument, das dabei helfen kann, die schädlichen Folgen einer derartigen Entwicklung zu reduzieren,<br />

sollte daher gewissenhaft auf seine Wirkung untersucht werden.<br />

Auch vor diesem Hintergr<strong>und</strong> hat der amerikanische Verkehrsminister bereits 1968 dem Kongress einen Bericht<br />

vorgelegt, in dem die Möglichkeiten einer Zündsperre zur Verhinderung von Fahrten unter <strong>Alkohol</strong>einfluss<br />

diskutiert wurden (US Department of Transportation, 1968, zit. nach BEIRNESS, 2004). Danach entstanden zwei<br />

Entwicklungsstränge bzw. Forschungsrichtungen:<br />

(a) die Entwicklung von Verfahren zur Best<strong>im</strong>mung von alkoholbedingten psychomotorischen <strong>und</strong> Wahrnehmungsstörungen<br />

des Fahrers 4 ) <strong>und</strong><br />

(b) die Entwicklung von Geräten zur Best<strong>im</strong>mung des Atemalkohols.<br />

Beide Verfahren sollten eine Verhinderung bzw. Unterbrechung des Zündvorgangs be<strong>im</strong> Startversuch eines<br />

Fahrzeugs für den Fall der <strong>Alkohol</strong>isierung des Fahrers bzw. für die mit seiner <strong>Alkohol</strong>isierung einhergehenden<br />

Beeinträchtigungen ermöglichen.<br />

Die Unterscheidung von alkoholisierten <strong>und</strong> nicht-alkoholisierten Fahrern hinsichtlich der Einschränkungen<br />

ihrer psychomotorischen <strong>und</strong> Wahrnehmungsleistungen erwies sich zwar gr<strong>und</strong>sätzlich als möglich <strong>und</strong> durchführbar;<br />

die Unterscheidung war jedoch vor allem <strong>im</strong> BAK-Bereich von 0,5 bis 1,5 Promille nicht genau genug,<br />

so dass dieser Entwicklungsstrang der verhaltensbasierten Zündunterbrechung alsbald aufgegeben wurde.<br />

In den 70er Jahren kam es den Entwicklern <strong>im</strong> wesentlichen darauf an, den Zündvorgang des Fahrzeugs bei einer<br />

gemessenen Atemalkoholkonzentration von 1 Promille zu unterbinden. Die <strong>im</strong> Test befindlichen Geräte erwiesen<br />

sich jedoch als für den praktischen Einsatz nicht geeignet. Erst die verbesserte, stabilere <strong>und</strong> genauere Atemalkoholmessung<br />

in den 80er Jahren nährte die Erwartung, dass ein Einsatz von atemalkoholgesteuerten Zünd- bzw.<br />

Wegfahrsperren zuverlässig das Starten eines Fahrzeugs bei definierten <strong>Alkohol</strong>werten verhindern könnte.<br />

1986 erließ der Staat von Kalifornien erstmals ein Gesetz, das einen Pilotversuch mit atemalkoholgesteuerten<br />

Wegfahrsperren ermöglichte.<br />

Zwischen 1990 <strong>und</strong> 1992 ist in den USA<strong>und</strong> Kanada nach zahlreichen Täuschungsmanövern durch Fahrer, in deren<br />

Fahrzeug eine Wegfahrsperre installiert worden war, erkannt worden, dass nach einem ersten <strong>Alkohol</strong>test vor dem Starten<br />

des Fahrzeugs weitere Tests während der Fahrt folgen müssten, um das Risiko der Täuschung zu vermindern.<br />

1992 wurden in den USA von der NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) erstmals Richtlinien<br />

für Interlock-Geräte erlassen, die <strong>gegen</strong>wärtig zum wiederholten Male einer Revision unterzogen werden<br />

(BEIRNESS & MARQUES 2004).<br />

1999 ist in Kanada das Strafrecht dahingehend geändert worden, dass eine Verkürzung des Fahrverbots nach<br />

Fahren unter <strong>Alkohol</strong>einfluss ausgesprochen werden kann, wenn der Betroffene an einem Interlock-Programm<br />

teiln<strong>im</strong>mt.<br />

Ebenfalls 1999 ist in Schweden das erste Interlock Pilotprogramm auf freiwilliger Basis begonnen worden<br />

(BJERRE, 2003). Das Programm ist rehabilitativer Natur, weil die Mehrzahl der <strong>Alkohol</strong>täter Abhängige oder<br />

Problemtrinker seien. Mangels Interesse nahmen nur 12 % der in Frage kommenden Personen teil. Die Ergebnisse<br />

allerdings ermutigten zu einer Ausdehnung der Programme: während der zweijährigen Laufzeit des Programms<br />

ist kein Interlock-Teilnehmer rückfällig geworden.<br />

Seit 2000 bieten die Vereinigten Staaten einen vom Kongress ausgesetzten finanziellen Anreiz für <strong>B<strong>und</strong></strong>esstaaten,<br />

die Interlock-Programme einführen.<br />

2001 waren <strong>im</strong> US-<strong>B<strong>und</strong></strong>esstaat Texas 11.000 Geräte <strong>im</strong> Einsatz – das waren etwa 1 /3 aller in den USA verwendeten<br />

Interlock-Systeme. Das sind sehr wenige, wenn man die Bevölkerungszahl von Texas mit derjenigen<br />

aller Staaten der USA in Beziehung setzt; daran wird bereits eines der größten bisher zu bewältigenden Probleme<br />

erkennbar, nämlich überhaupt Teilnehmer für derartige Versuchsprogramme zu rekrutieren.<br />

Im Jahre 2003 hat die Europäische Kommission als Folgeuntersuchung des EU-Projekts ALCOLOCKS einem<br />

Feldversuch mit verschiedenen Kraftfahrergruppen zur praktischen Erprobung von Interlocks zugest<strong>im</strong>mt, der<br />

<strong>im</strong> Frühjahr 2004 begonnen wurde. In fünf Gruppen von jeweils 30 Fahrern – spanische <strong>und</strong> norwegische Fahrer<br />

<strong>im</strong> öffentlichen Nahverkehr sowie belgische Rückfalltäter einerseits <strong>und</strong> abstinente alkoholabhängige Patienten<br />

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