Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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248 Rechtsprechung nachträglicher (!) Gesinnungswandel kann indiziell durch langjährige Straffreiheit und zwischenzeitlich vollzogene soziale Eingliederung … nachgewiesen werden.… Angesichts des Ausnahmecharakters der Vorschrift sind die Anforderungen der Rechtsprechung diesbezüglich zu Recht streng; allenfalls bei jahrelang straffreier Führung in Fällen lebenslanger Sperren erscheint eine weniger rigide Handhabung der Vorschrift angebracht. Auch dringende berufliche oder wirtschaftliche Interessen können eine vorzeitige Aufhebung der Sperre somit allenfalls dann rechtfertigen, wenn sich die Entziehung in der zurückliegenden Zeit für den Verurteilten schwerer als ursprünglich angenommen ausgewirkt hat. Zur vorzeitigen Aufhebung der Sperre kann insoweit auch die Aussicht eines Arbeitslosen auf eine Arbeitsstelle, für die ein Führerschein benötigt wird, führen, sofern davon nach Lage der Dinge positive Auswirkungen auf die Geeignetheit des Verurteilten zum Führen von Kraftfahrzeugen zu erwarten sind.… Auch der Umstand, dass der Verurteilte wegen der Erwartung künftigen Wohlverhaltens nach § 57 (StGB) bedingt aus der Strafhaft entlassen wurde und sich seither eine nicht ganz unerhebliche Zeit beanstandungsfrei in Freiheit befindet, rechtfertigt für sich allein keine vorzeitige Aufhebung der Sperre“ (Geppert, a. a. O., Rn. 86, 87; im Wesentlichen ebenso Stree, a. a. O.; Lackner, a. a. O.; Tröndle/Fischer, a. a. O., Rn. 15 a-17; Horn, a. a. O.; Hentschel, a. a. O., Rn. 794–797; Janiszewski, a. a. O.). bb) Für den vorliegenden Fall bedeutet das: Der eingetretene Zeitablauf bleibt als solcher bedeutungslos (vgl. auch die Möglichkeit der Anordnung einer lebenslangen Sperre „für immer“, § 69a Abs. 1 Satz 2 StGB), ebenfalls als solche eine etwa günstige Prognose im Sinne des § 57 Abs. 1 StGB – wie eine Sperre selbst bei gleichzeitiger Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung unter den gegenüber § 57 Abs. 1 StGB engeren Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB angeordnet werden kann (Hentschel, a. a. O., Rn. 797) –; ebenso bleiben berufliche und wirtschaftliche Interessen unberücksichtigt (wie sie auch beim Entzug der Fahrerlaubnis grundsätzlich keine Rolle spielen; Stree, a. a. O., m. w. N. aus der Rechtsprechung). Anders kann dies nur dann sein, wenn – wie vorstehend ausgeführt – ein substantiiert belegtes verändertes Verantwortungsbewusstsein beim Verurteilten vorliegt oder die wirtschaftlichen Auswirkungen als Warnung einen Wandel bei diesem bewirkt und den Eignungsmangel behoben haben. Vorliegend wird ein solcher Einstellungswandel von dem Verurteilten zwar behauptet. Es ergibt sich möglicherweise auch eine günstige Kriminalprognose jedenfalls im Sinne des § 57 Abs. 1 StGB. Das Vollzugsverhalten des Verurteilten ist ersichtlich beanstandungsfrei; es wird in den Berichten und Stellungnahmen der Vollzugsanstalten als positiv bezeichnet und bewertet. Auch scheinen allgemein Änderungen am Verantwortungsbewusstsein des Verurteilten eingetreten zu sein. Gleichwohl fehlt es jedoch derzeit noch an den vorbezeichneten Voraussetzungen langjähriger Straffreiheit und zwischenzeitlich tatsächlich vollzogener sozi- BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 aler Eingliederung als substantiierten Belegen der Nachhaltigkeit der Einstellungsänderung im charakterlichen Bereich. Dass möglicherweise – wovon im vorliegenden Zusammenhang zugunsten des Verurteilten ausgegangen wird – angesichts günstiger Sozialprognose die Voraussetzungen einer Reststrafenaussetzung nach § 57 Abs. 1 StGB gegeben sind, ist im Hinblick auf die nach § 69a Abs. 7 StGB gestellten strengeren Anforderungen nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Auch aus den Berichten und Stellungnahmen der Anstalten werden über § 57 Abs. 1 StGB hinausweisende dem Ausnahmecharakter des § 69a Abs. 7 StGB genügende greifbare Tatsachen, welche die erforderte Nachhaltigkeit und Tiefe des inneren Einstellungswandels beim Verurteilten zu belegen vermöchten, nicht ersichtlich. Vollends fehlt es an besonderen Belastungen, die sich für den Verurteilten nachträglich anders als vorhergesehen aus dem Entzug der Fahrerlaubnis ergeben hätten, als Ursache eines hinlänglich gesichert gefestigten inneren Einstellungswandels. Entsprechendes gilt bezüglich einer konkreten Aussicht auf eine Arbeitsstelle, für deren Wahrnehmung eine Fahrerlaubnis benötigt würde und aus der deshalb die erforderten gravierenden Auswirkungen auf die Geeignetheit möglicherweise zu erwarten wären. Für die von dem Verurteilten derzeit wahrgenommene und auch künftig wahrnehmbare Tätigkeit „in der Akquise“ eines Tankschutzservice benötigt der Verurteilte eine Fahrerlaubnis ersichtlich nicht, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine vorzeitige Aufhebung der Sperre nicht in Betracht kommt. b) Entgegen dem Antrags- und Beschwerdevorbringen bleiben die nach dem Urteil eingetretenen Entwicklungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Auslegung der Ungeeignetheit im Sinne des § 69 Abs. 1 S. 1 StGB für die Frage der Aufhebung der Sperre nach § 69 Abs. 7 StGB unbeachtlich, weil hierin keine neuen Tatsachen liegen. In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung verlangen mehrere Senate des Bundesgerichtshofes einen „spezifischen Zusammenhang zwischen Tat und Verkehrssicherheit“, der nur dann vorliege, wenn aus der Tat konkrete Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen (BGH, 4. Strafsenat, StV 2003, 69 und NStZ 2004, 86; 2. Strafsenat, NStZ 2004, 144; 5. Strafsenat, NStZ 2004, 148). Demgegenüber hält der 1. Strafsenat des BGH, NStZ 2003, 658 ff., ausdrücklich an der Rechtsprechung fest, wonach für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB wegen einer Straftat aus dem Bereich der sog. allgemeinen Kriminalität ein verkehrsspezifischer Gefahrzusammenhang nicht ausdrücklich festgestellt werden muss (NStZ 2003, 658; zu allem vgl. auch Hentschel, NZV 2004, 57, 60 f.). Dass eine Änderung der Rechtsprechung eine Tatsache im rechtlichen Sinne nicht darstellt, ist allgemein anerkannt. Insbesondere kann deshalb auf „Rechtstatsachen“, namentlich einen Wandel der Rechtsprechung, auch ein Wiederaufnahmeantrag (§ 359 Nr. 5

StPO) nicht gestützt werden (BVerfGE 12, 338, 340; BGHSt 39, 75, 79; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 359 Rn. 24 m. w. N.). So entnimmt insbesondere das Bundesverfassungsgericht (a. a. O.) dem Gegenschluss aus § 79 Abs. 1 BVerfGG, wonach nur für den Fall, dass ein rechtskräftiges Strafurteil auf einer vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Norm des materiellen Strafrechts beruht, in dieser Vorschrift ausnahmsweise kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein auf normativen Gründen – Nichtigerklärung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht – fußender Wiederaufnahmegrund geschaffen worden ist, dass unter dem Begriff der „neuen Tatsache“ allgemein nicht die Änderung der Rechtsprechung über bestimmte Rechtsfragen zu verstehen ist. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht hiervon aus: „Fehlerhafte Rechtsanwendung für sich allein ist kein Wiederaufnahmegrund nach der Strafprozessordnung.… (D)ie auf falscher Rechtsauffassung beruhende ,noch so falsche Entscheidung‘ (kann) im Wiederaufnahmeverfahren nur bei Unrichtigkeit des der fehlerhaften Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts beseitigt werden … Allein eine Veränderung der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts durch Wegfall oder Änderung des angewendeten Gesetzes oder durch einen Wandel der Rechtsprechung ist keine neue Tatsache im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO“ (BGH, a. a. O., m. w. N.). Im Hinblick auf die Allgemeingültigkeit der vorgenannten Erwägungen zu Tatsachenbegriff und Wandel der Rechtsprechung, deren sachlicher Gehalt nicht auf den Bereich des Wiederaufnahmerechts beschränkt ist (vgl. auch das Bundesverfassungsgericht a. a. O. und die dortigen Ausführungen zu § 9 Abs. 1 RHilfeG), kommen folglich im Regelungszusammenhang des § 69a Abs. 7 StGB als neue „Tatsachen“ – zur Ausräumung der Ungeeignetheit des Täters in der Gesamtwürdigung – gleichfalls nur solche in Betracht, die außerhalb des rechtlich-normativen Bereichs gelegen sind. Dass es an derartigen „neuen“ Tatsachen vorliegend fehlt, ist vorstehend a) bereits ausgeführt worden. 47. 1. Wird eine Person betrunken und schlafend am Steuer eines parkenden Kraftfahrzeuges aufgefunden, so kann dem Abstellort des Fahrzeuges im Rahmen der Beweiswürdigung besonderes Gewicht beikommen und eine ausreichende Grundlage für den Tatnachweis einer Trunkenheit im Straßenverkehr darstellen. 2. Bei einer Blutalkoholkonzentration von 3,75 Promille kann Schuldunfähigkeit i. S. d. § 20 StGB nicht sicher ausgeschlossen werden, wenn nähere Feststellungen zum Tatgeschehen und zu psychodiagnostischen Kriterien nicht getroffen werden können. 3. Muss ein Angeklagter freigesprochen werden, weil aus Rechtsgründen eine Wahlfeststellung zwischen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) und Vollrausch (§ 323a StGB) nicht möglich ist, so ist eine Entschädigung für den durch den Voll- Rechtsprechung 249 zug der Beschlagnahme des Führerscheins und der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis erlittenen Schaden ausgeschlossen, da der Angeklagte durch seine in erheblich alkoholisiertem Zustand erfolgte Teilnahme am Straßenverkehr die Strafverfolgungsmaßnahme grob fahrlässig verursacht hat. Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluß vom 21. September 2004 – 1 Ss 102/04 – Zum Sachverhalt: Das Landgericht X. verurteilte den Angeklagten am 18. 02. 2004 unter Ermäßigung eines Urteils des Amtsgerichts X. vom 22. 12. 2003 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro. Nach den getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt in der Nacht vom 17./18. 10. 2003, spätestens am 18. 10. 2003 kurz vor 9.00 Uhr morgens mit seinem Pkw in Z. auf dem M.-Weg am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen, wobei die ihm am 18. 10. 2003 um 10.15 Uhr entnommene Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 1,75 Promille ergab. Ihre Überzeugung von einer Trunkenheitsfahrt des am Morgen des 18. 10. 2003 gegen 9.00 Uhr in seinem Fahrzeug über das Lenkrad gebeugt und bei laufendem Motor fest schlafend angetroffenen Angeklagten stützt die Strafkammer ergänzend auf das Nichtauffinden von Resten alkoholischer Getränke oder entsprechender Behältnisse im Fahrzeug und auf dessen Abstellort in einer Seitenstraße (M.-Weg) einer etwa 50 bis 100 Meter entfernt vorbeiführenden Landstraße. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, mit welcher dieser die Verletzung materiellen Rechts rügt und seine Freisprechung beantragt. Aus den Gründen: Das Rechtsmittel hat im angestrebten Umfang Erfolg. 1. Allerdings teilt der Senat nicht die Ansicht der Revision, dass die vom Tatrichter im Rahmen der Beweiswürdigung angeführten Indizien eine Verurteilung des Angeklagten wegen Trunkenheit im Straßenverkehr (zur Notwendigkeit eines in Bewegung setzen des Fahrzeugs für den Begriff des Führens vgl. BGH NZV 1989, 32 f. [= BA 1989, 61]; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage 2003, StGB, § 316 Rn. 2; a. A. noch BGH NJW 1955, 1040; 64, 1911 f.; OLG Schleswig VerkMitt 1974 Nr. 72) nicht zu tragen vermögen. Zu Recht ist die Strafkammer nämlich davon ausgegangen, dass bei der festgestellten Auffindesituation (betrunkener Fahrer schlafend am Steuer eines parkenden Kraftfahrzeuges) dem Abstellort im Rahmen der Beweiswürdigung besonderes Gewicht beikommen und eine ausreichende Grundlage für einen Tatnachweis darstellen kann (Tröndle/Fischer, StGB, 52. Auflage 2004, § 316 Rn. 5 a. E.; ablehnend bei ähnlichen Fallgestaltungen OLG Hamm BA 2001, 188 ff.; OLG Schleswig VerkMitt 1974 Nr. 72; AG Homburg VRS 77, 65 ff.; zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung: OLG Karlsruhe Die Justiz 2001, 364 ff. BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

StPO) nicht gestützt werden (BVerfGE 12, 338, 340;<br />

BGHSt 39, 75, 79; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl.,<br />

§ 359 Rn. 24 m. w. N.). So entn<strong>im</strong>mt insbesondere das<br />

<strong>B<strong>und</strong></strong>esverfassungsgericht (a. a. O.) dem Gegenschluss<br />

aus § 79 Abs. 1 BVerfGG, wonach nur für den Fall,<br />

dass ein rechtskräftiges Strafurteil auf einer vom<br />

<strong>B<strong>und</strong></strong>esverfassungsgericht für nichtig erklärten Norm<br />

des materiellen Strafrechts beruht, in dieser Vorschrift<br />

ausnahmsweise kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung<br />

ein auf normativen Gründen – Nichtigerklärung<br />

einer Norm durch das <strong>B<strong>und</strong></strong>esverfassungsgericht<br />

– fußender Wiederaufnahmegr<strong>und</strong> geschaffen worden<br />

ist, dass unter dem Begriff der „neuen Tatsache“ allgemein<br />

nicht die Änderung der Rechtsprechung über best<strong>im</strong>mte<br />

Rechtsfragen zu verstehen ist. Auch die<br />

Rechtsprechung des <strong>B<strong>und</strong></strong>esgerichtshofs geht hiervon<br />

aus: „Fehlerhafte Rechtsanwendung für sich allein ist<br />

kein Wiederaufnahmegr<strong>und</strong> nach der Strafprozessordnung.…<br />

(D)ie auf falscher Rechtsauffassung beruhende<br />

,noch so falsche Entscheidung‘ (kann) <strong>im</strong> Wiederaufnahmeverfahren<br />

nur bei Unrichtigkeit des der<br />

fehlerhaften Entscheidung zugr<strong>und</strong>e liegenden Sachverhalts<br />

beseitigt werden … Allein eine Veränderung<br />

der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts durch<br />

Wegfall oder Änderung des angewendeten Gesetzes<br />

oder durch einen Wandel der Rechtsprechung ist keine<br />

neue Tatsache <strong>im</strong> Sinne des § 359 Nr. 5 StPO“ (BGH,<br />

a. a. O., m. w. N.).<br />

Im Hinblick auf die Allgemeingültigkeit der vorgenannten<br />

Erwägungen zu Tatsachenbegriff <strong>und</strong> Wandel<br />

der Rechtsprechung, deren sachlicher Gehalt nicht auf<br />

den Bereich des Wiederaufnahmerechts beschränkt ist<br />

(vgl. auch das <strong>B<strong>und</strong></strong>esverfassungsgericht a. a. O. <strong>und</strong><br />

die dortigen Ausführungen zu § 9 Abs. 1 RHilfeG),<br />

kommen folglich <strong>im</strong> Regelungszusammenhang des<br />

§ 69a Abs. 7 StGB als neue „Tatsachen“ – zur Ausräumung<br />

der Ungeeignetheit des Täters in der Gesamtwürdigung<br />

– gleichfalls nur solche in Betracht, die<br />

außerhalb des rechtlich-normativen Bereichs gelegen<br />

sind. Dass es an derartigen „neuen“ Tatsachen vorliegend<br />

fehlt, ist vorstehend a) bereits ausgeführt worden.<br />

47. 1. Wird eine Person betrunken <strong>und</strong> schlafend<br />

am Steuer eines parkenden Kraftfahrzeuges aufgef<strong>und</strong>en,<br />

so kann dem Abstellort des Fahrzeuges <strong>im</strong><br />

Rahmen der Beweiswürdigung besonderes Gewicht<br />

beikommen <strong>und</strong> eine ausreichende Gr<strong>und</strong>lage<br />

für den Tatnachweis einer Trunkenheit <strong>im</strong> Straßenverkehr<br />

darstellen.<br />

2. Bei einer <strong>Blutalkohol</strong>konzentration von 3,75 Promille<br />

kann Schuldunfähigkeit i. S. d. § 20 StGB nicht<br />

sicher ausgeschlossen werden, wenn nähere Feststellungen<br />

zum Tatgeschehen <strong>und</strong> zu psychodiagnostischen<br />

Kriterien nicht getroffen werden können.<br />

3. Muss ein Angeklagter freigesprochen werden,<br />

weil aus Rechtsgründen eine Wahlfeststellung zwischen<br />

fahrlässiger Trunkenheit <strong>im</strong> Verkehr (§ 316<br />

StGB) <strong>und</strong> Vollrausch (§ 323a StGB) nicht möglich<br />

ist, so ist eine Entschädigung für den durch den Voll-<br />

Rechtsprechung<br />

249<br />

zug der Beschlagnahme des Führerscheins <strong>und</strong> der<br />

vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis erlittenen<br />

Schaden ausgeschlossen, da der Angeklagte<br />

durch seine in erheblich alkoholisiertem Zustand erfolgte<br />

Teilnahme am Straßenverkehr die Strafverfolgungsmaßnahme<br />

grob fahrlässig verursacht hat.<br />

Oberlandesgericht Karlsruhe,<br />

Beschluß vom 21. September 2004 – 1 Ss 102/04 –<br />

Zum Sachverhalt:<br />

Das Landgericht X. verurteilte den Angeklagten am<br />

18. 02. 2004 unter Ermäßigung eines Urteils des Amtsgerichts<br />

X. vom 22. 12. 2003 wegen fahrlässiger Trunkenheit<br />

<strong>im</strong> Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen<br />

zu je 30 Euro. Nach den getroffenen Feststellungen<br />

hatte der Angeklagte zu einem nicht mehr genau feststellbaren<br />

Zeitpunkt in der Nacht vom 17./18. 10. 2003,<br />

spätestens am 18. 10. 2003 kurz vor 9.00 Uhr morgens<br />

mit seinem Pkw in Z. auf dem M.-Weg am öffentlichen<br />

Straßenverkehr teilgenommen, wobei die ihm am<br />

18. 10. 2003 um 10.15 Uhr entnommene Blutprobe eine<br />

<strong>Blutalkohol</strong>konzentration von 1,75 Promille ergab. Ihre<br />

Überzeugung von einer Trunkenheitsfahrt des am Morgen<br />

des 18. 10. 2003 <strong>gegen</strong> 9.00 Uhr in seinem Fahrzeug<br />

über das Lenkrad gebeugt <strong>und</strong> bei laufendem<br />

Motor fest schlafend angetroffenen Angeklagten stützt<br />

die Strafkammer ergänzend auf das Nichtauffinden von<br />

Resten alkoholischer Getränke oder entsprechender Behältnisse<br />

<strong>im</strong> Fahrzeug <strong>und</strong> auf dessen Abstellort in einer<br />

Seitenstraße (M.-Weg) einer etwa 50 bis 100 Meter entfernt<br />

vorbeiführenden Landstraße. Gegen dieses Urteil<br />

wendet sich die Revision des Angeklagten, mit welcher<br />

dieser die Verletzung materiellen Rechts rügt <strong>und</strong> seine<br />

Freisprechung beantragt.<br />

Aus den Gründen:<br />

Das Rechtsmittel hat <strong>im</strong> angestrebten Umfang Erfolg.<br />

1. Allerdings teilt der Senat nicht die Ansicht der<br />

Revision, dass die vom Tatrichter <strong>im</strong> Rahmen der Beweiswürdigung<br />

angeführten Indizien eine Verurteilung<br />

des Angeklagten wegen Trunkenheit <strong>im</strong> Straßenverkehr<br />

(zur Notwendigkeit eines in Bewegung setzen des<br />

Fahrzeugs für den Begriff des Führens vgl. BGH NZV<br />

1989, 32 f. [= BA 1989, 61]; Hentschel, Straßenverkehrsrecht,<br />

37. Auflage 2003, StGB, § 316 Rn. 2; a. A.<br />

noch BGH NJW 1955, 1040; 64, 1911 f.; OLG Schleswig<br />

VerkMitt 1974 Nr. 72) nicht zu tragen vermögen.<br />

Zu Recht ist die Strafkammer nämlich davon ausgegangen,<br />

dass bei der festgestellten Auffindesituation<br />

(betrunkener Fahrer schlafend am Steuer eines parkenden<br />

Kraftfahrzeuges) dem Abstellort <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Beweiswürdigung besonderes Gewicht beikommen<br />

<strong>und</strong> eine ausreichende Gr<strong>und</strong>lage für einen Tatnachweis<br />

darstellen kann (Tröndle/Fischer, StGB, 52. Auflage<br />

2004, § 316 Rn. 5 a. E.; ablehnend bei ähnlichen<br />

Fallgestaltungen OLG Hamm BA 2001, 188 ff.; OLG<br />

Schleswig VerkMitt 1974 Nr. 72; AG Homburg VRS<br />

77, 65 ff.; zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung:<br />

OLG Karlsruhe Die Justiz 2001, 364 ff.<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>

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