Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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240 Rechtsprechung 2. In Fällen, in denen die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nicht allein durch einen länger andauernden geistigen Defekt, sondern letztlich durch Alkoholgenuß bewirkt wurde, ist § 63 StGB nur dann anwendbar, wenn der Täter an einer krankhaften Alkoholsucht leidet oder in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist. Für den Drogenkonsum kann nichts anderes gelten. Bundesgerichtshof, Beschluß vom 24. Juni 2004 – 4 StR 210/04 – (LG Fulda) Zum Sachverhalt: Das Landgericht hat die Angeklagte „des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit drei tateinheitlichen Fällen der gefährlichen Körperverletzung, rechtlich zusammentreffend mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, in Tatmehrheit mit zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung, diese in Tateinheit mit Beleidigung und Widerstand gegen Vollstrekkungsbeamte“ schuldig gesprochen. Es hat die Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Ferner hat es der Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, ihren Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, der Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Soweit sich die Angeklagte gegen den Schuldspruch wendet, ist ihr Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Zum Rechtsfolgenausspruch hat das Rechtsmittel dagegen Erfolg. Aus den Gründen: 1. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar ist die Annahme des Landgerichts, daß die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten bei Begehung der Taten „infolge der kombinierten Persönlichkeitsstörung, welche eine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB darstellt, der festgestellten klinisch mittelgradigen Berauschung (Tatzeit-Blutalkoholkonzentration mindestens 1,71 ‰, zudem Einfluß von Heroin und Kodein) und der erheblich aufgeladenen affektiven Grundstimmung wegen des Streits mit dem Zeugen M., was zu einer erhöhten innerseelischen Anspannung geführt hat, erheblich vermindert“ gewesen ist, auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen rechtlich nicht zu beanstanden. Die für die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Angeklagten mitursächliche „kombinierte Persönlichkeitsstörung“ vermag aber nach den bisherigen Feststellungen die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB nicht zu tragen. BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 Diese setzt neben der positiven Feststellung der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) oder der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) voraus, daß diese auf einem länger andauernden, nicht nur vorübergehenden geistigen Defekt beruht, das heißt mit diesem in einem ursächlichen und symptomatischen Zusammenhang steht (st. Rspr., vgl. BGHSt 34, 22, 27; BGH NStZ-RR 2003, 232). Nötig ist, daß die Tatbegehung durch den (nicht nur vorübergehenden) Zustand ausgelöst oder doch mitausgelöst worden ist und daß auch die für die Zukunft zu erwartenden Taten sich als Folgewirkung dieses Zustandes darstellen (BGH NStZ 1991, 528; BGH NJW 1998, 2986, 2987). Daß die Begehung der vom Landgericht der Unterbringungsanordnung allein zugrundegelegten Tat (absichtliche Herbeiführung des Verkehrsunfalls) von einem solchen dauerhaften Zustand ausgelöst worden ist und daß aufgrund dieses Zustandes eine über die bloße Möglichkeit hinausgehende Wahrscheinlichkeit weiterer erheblicher rechtswidriger Taten besteht (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 232 m. w. N.), hat das Landgericht jedoch nicht rechtsfehlerfrei dargetan. Zwar war die nach den Feststellungen bereits zur Tatzeit vorliegende „kombinierte Persönlichkeitsstörung“ und die damit verbundene Neigung der Angeklagten zu aggressivem Ausagieren ihrer Bedürfnisse und Impulse, die durch den Gebrauch von Suchtmitteln noch verstärkt wird, mitursächlich für die Begehung der Anlaßtat. Daß es sich dabei um einen länger dauernden Zustand handelt, belegen die Urteilsgründe aber nicht. Dem einer früheren Verurteilung u. a. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zugrundeliegenden Tatgeschehen kommt keine ausreichende Indizwirkung zu, weil jene Taten bei Begehung der Anlaßtat bereits achteinhalb Jahre zurücklagen. Zudem ist die Angeklagte darüber hinaus nur im Zusammenhang mit einer stationären Einweisung in die Psychiatrie im Sommer des Jahres 2000 psychisch auffällig geworden. Den Arztberichten über die fünf stationären Aufenthalte der Angeklagten in der Zeit von 1999 bis 2002 zum Zweck von Entzugsbehandlungen waren dagegen keine Hinweise auf eine psychotische Symptomatik der Angeklagten zu entnehmen. Die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Angeklagten wurde zudem nicht allein durch die bei der Angeklagten zur Tatzeit vorliegende Persönlichkeitsstörung, sondern letztlich dadurch bewirkt, daß die Angeklagte, bei der spätestens seit 1999 eine Polytoxikomanie vorliegt, vor der Tatbegehung Alkohol, Heroin und Kodein konsumiert hatte. In Fällen, in denen die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nicht allein durch einen länger andauernden geistigen Defekt, sondern letztlich durch Alkoholgenuß bewirkt wurde, ist § 63 StGB aber nur dann anwendbar, wenn der Täter an einer krankhaften Alkoholsucht leidet oder in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist (vgl. BGHR StGB § 63 Zustand 18, 30 jew. m. w. N.). Für den Drogenkonsum kann nichts anderes gelten. Daß die nach den bisherigen Feststellungen für die Verminderung der Schuldunfähigkeit mitursächliche Polytoxiko-

manie der Angeklagten auf einer krankhaften seelischen Störung oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit beruht, läßt sich den Urteilsfeststellungen jedoch nicht entnehmen. Die Unterbringungsanordnung hat daher keinen Bestand. In der neuen Hauptverhandlung wird insbesondere erneut zu prüfen sein, ob es sich bei dem massiven paranoiden Erleben, das sich seit Ende März 2003 bei der Angeklagten entwickelt hat, wie das auch insoweit dem Sachverständigengutachten folgende Landgericht angenommen hat, um ein neues Krankheitsbild handelt, das zur Tatzeit noch nicht vorgelegen hat. Zwar setzt § 63 StGB voraus, daß die Gefährlichkeit des Täters auf denjenigen Zustand folgt, der die Einschränkung seiner Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) begründet. Erforderlich ist aber nur, daß es sich um dieselbe „Defektquelle“ handelt (vgl. BGH NJW 1998, 2986, 2987). Insoweit wird zu prüfen sein, ob die nach den bisherigen Feststellungen bei Tatbegehung bei der Angeklagten vorliegende Persönlichkeitsstörung eine Krankheitsphase gewesen ist, die den nunmehr seit Ende März 2003 aufgetretenen eigentlichen Krankheitserscheinungen vorausgegangen ist (Prodomalstadium). Haben die bei Tatbegehung vorliegende Persönlichkeitsstörung und das zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bestehende Krankheitsbild dieselbe Defektquelle, kann auch dieses bei der Beurteilung der Dauerhaftigkeit des Zustandes und der darauf beruhenden Gefährlichkeit der Angeklagten Berücksichtigung finden. 2. Die aus den vorgenannten Gründen gebotene Aufhebung der Unterbringungsanordung zieht die Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs nach sich. 42.*) 1. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt – im Gegensatz zur Unterbringung nach § 63 StGB – nicht voraus, daß bei Begehung der Tat die Voraussetzungen des § 21 StGB vorlagen. Sicher feststehen muß allein, daß die Tat im Rausch begangen wurde oder auf die Rauschmittelabhängigkeit des Täters zurückzuführen ist. 2. Die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB ist nicht vom Lebensalter des Täters abhängig. Sie ist insbesondere auch gegen Jugendliche und Heranwachsende zulässig (§ 7 JGG) und bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen geboten. Bundesgerichtshof, Beschluß vom 21. September 2004 – 3 StR 185/04 – (LG Krefeld) Zum Sachverhalt: Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Körperverletzung mit Todesfolge, gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, Körperverletzung in drei Fällen, einmal in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, wegen Diebstahls, Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie wegen Sachbeschädigung in Rechtsprechung 241 zwei Fällen, einmal in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, zur Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Das Rechtsmittel des Angeklagten R. führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, soweit seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgelehnt wurde. Aus den Gründen: 1. Soweit der Angeklagte R. das Verfahren beanstandet, bedarf näherer Erörterung nur seine Rüge, die Jugendkammer habe die Angaben, die seine Ehefrau und seine Eltern gegenüber der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe gemacht hätten, unter Verstoß gegen § 252 StPO verwertet. [wird ausgeführt] 2. Die Erwägungen, mit denen die Jugendkammer es abgelehnt hat, den Angeklagten R. nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen, führen hingegen – auf die Sachrüge hin – zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache insoweit. Die Jugendkammer hat zwar das Vorliegen eines Hangs des Angeklagten, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, bejaht. Sie hat aber – sachverständig beraten – einen symptomatischen Zusammenhang zwischen diesem Hang und den Gewalttaten des Angeklagten verneint. Diese Bewertung hält rechtlicher Prüfung nicht stand, weil sie in Widerspruch zu den Tatfeststellungen des angefochtenen Urteils steht. Danach war der Angeklagte bei Begehung seiner Gewalttaten stets erheblich alkoholisiert. Die Brutalität, die der Angeklagte bei den begangenen Körperverletzungen an den Tag legte, steigerte sich von Tat zu Tat im Gleichklang mit seinem Alkoholkonsum. Angesichts der enthemmenden Wirkung des Alkohols liegt daher der erforderliche Zusammenhang zwischen seinen Straftaten und seinem erforderlichen Zusammenhang zwischen seinen Straftaten und seinem Hang, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, auf der Hand. Dem steht nicht entgegen, daß die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten „in gewisser Hinsicht“ erhalten geblieben war und die Jugendkammer zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen ist, daß eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) lediglich nicht auszuschließen war. Denn die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt – im Gegensatz zur Unterbringung nach § 63 StGB – nicht voraus, daß bei Begehung der Tat die Voraussetzungen des § 21 StGB vorlagen (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 41). Sicher feststehen muß allein, daß die Tat im Rausch begangen wurde oder auf die Rauschmittelabhängigkeit des Täters zurückzuführen ist. Im übrigen ist die Anordnung der Unterbringung gemäß § 64 StGB bei Vorliegen ihrer rechtlichen Voraussetzungen zwingend (st. Rspr.; vgl. nur BGH NStZ-RR 2003, 295). Daher ist die Erwägung der Jugendkammer, sie habe „unter Berücksichtigung des noch jugendlichen Alters von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen“ bereits wegen der hierin zum Ausdruck kommenden Ermessensausübung rechtlich bedenk- BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

manie der Angeklagten auf einer krankhaften seelischen<br />

Störung oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit<br />

beruht, läßt sich den Urteilsfeststellungen jedoch<br />

nicht entnehmen. Die Unterbringungsanordnung hat<br />

daher keinen Bestand.<br />

In der neuen Hauptverhandlung wird insbesondere<br />

erneut zu prüfen sein, ob es sich bei dem massiven paranoiden<br />

Erleben, das sich seit Ende März 2003 bei der<br />

Angeklagten entwickelt hat, wie das auch insoweit<br />

dem Sachverständigengutachten folgende Landgericht<br />

angenommen hat, um ein neues Krankheitsbild handelt,<br />

das zur Tatzeit noch nicht vorgelegen hat. Zwar<br />

setzt § 63 StGB voraus, daß die Gefährlichkeit des Täters<br />

auf denjenigen Zustand folgt, der die Einschränkung<br />

seiner Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) begründet.<br />

Erforderlich ist aber nur, daß es sich um dieselbe<br />

„Defektquelle“ handelt (vgl. BGH NJW 1998, 2986,<br />

2987). Insoweit wird zu prüfen sein, ob die nach den<br />

bisherigen Feststellungen bei Tatbegehung bei der Angeklagten<br />

vorliegende Persönlichkeitsstörung eine<br />

Krankheitsphase gewesen ist, die den nunmehr seit<br />

Ende März 2003 aufgetretenen eigentlichen Krankheitserscheinungen<br />

vorausgegangen ist (Prodomalstadium).<br />

Haben die bei Tatbegehung vorliegende Persönlichkeitsstörung<br />

<strong>und</strong> das zum Zeitpunkt der<br />

Hauptverhandlung bestehende Krankheitsbild dieselbe<br />

Defektquelle, kann auch dieses bei der Beurteilung<br />

der Dauerhaftigkeit des Zustandes <strong>und</strong> der darauf beruhenden<br />

Gefährlichkeit der Angeklagten Berücksichtigung<br />

finden.<br />

2. Die aus den vorgenannten Gründen gebotene Aufhebung<br />

der Unterbringungsanordung zieht die Aufhebung<br />

des gesamten Rechtsfolgenausspruchs nach sich.<br />

42.*) 1. Die Anordnung der Unterbringung in<br />

einer Entziehungsanstalt setzt – <strong>im</strong> Gegensatz zur<br />

Unterbringung nach § 63 StGB – nicht voraus, daß<br />

bei Begehung der Tat die Voraussetzungen des § 21<br />

StGB vorlagen. Sicher feststehen muß allein, daß<br />

die Tat <strong>im</strong> Rausch begangen wurde oder auf die<br />

Rauschmittelabhängigkeit des Täters zurückzuführen<br />

ist.<br />

2. Die Anordnung der Unterbringung nach § 64<br />

StGB ist nicht vom Lebensalter des Täters abhängig.<br />

Sie ist insbesondere auch <strong>gegen</strong> Jugendliche<br />

<strong>und</strong> Heranwachsende zulässig (§ 7 JGG) <strong>und</strong> bei<br />

Vorliegen ihrer Voraussetzungen geboten.<br />

<strong>B<strong>und</strong></strong>esgerichtshof,<br />

Beschluß vom 21. September 2004 – 3 StR 185/04 –<br />

(LG Krefeld)<br />

Zum Sachverhalt:<br />

Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen<br />

Körperverletzung mit Todesfolge, gefährlicher Körperverletzung<br />

in zwei Fällen, Körperverletzung in drei<br />

Fällen, einmal in Tateinheit mit Widerstand <strong>gegen</strong><br />

Vollstreckungsbeamte, wegen Diebstahls, Fahrens<br />

ohne Fahrerlaubnis sowie wegen Sachbeschädigung in<br />

Rechtsprechung<br />

241<br />

zwei Fällen, einmal in Tateinheit mit Hausfriedensbruch,<br />

zur Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt.<br />

Das Rechtsmittel des Angeklagten R. führt auf<br />

die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, soweit seine<br />

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgelehnt<br />

wurde.<br />

Aus den Gründen:<br />

1. Soweit der Angeklagte R. das Verfahren beanstandet,<br />

bedarf näherer Erörterung nur seine Rüge, die<br />

Jugendkammer habe die Angaben, die seine Ehefrau<br />

<strong>und</strong> seine Eltern <strong>gegen</strong>über der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe<br />

gemacht hätten, unter Verstoß <strong>gegen</strong><br />

§ 252 StPO verwertet. [wird ausgeführt]<br />

2. Die Erwägungen, mit denen die Jugendkammer<br />

es abgelehnt hat, den Angeklagten R. nach § 64 StGB<br />

in einer Entziehungsanstalt unterzubringen, führen<br />

hin<strong>gegen</strong> – auf die Sachrüge hin – zur Aufhebung des<br />

Urteils <strong>und</strong> Zurückverweisung der Sache insoweit. Die<br />

Jugendkammer hat zwar das Vorliegen eines Hangs<br />

des Angeklagten, alkoholische Getränke <strong>im</strong> Übermaß<br />

zu sich zu nehmen, bejaht. Sie hat aber – sachverständig<br />

beraten – einen symptomatischen Zusammenhang<br />

zwischen diesem Hang <strong>und</strong> den Gewalttaten des Angeklagten<br />

verneint.<br />

Diese Bewertung hält rechtlicher Prüfung nicht<br />

stand, weil sie in Widerspruch zu den Tatfeststellungen<br />

des angefochtenen Urteils steht. Danach war der Angeklagte<br />

bei Begehung seiner Gewalttaten stets erheblich<br />

alkoholisiert. Die Brutalität, die der Angeklagte<br />

bei den begangenen Körperverletzungen an den Tag<br />

legte, steigerte sich von Tat zu Tat <strong>im</strong> Gleichklang mit<br />

seinem <strong>Alkohol</strong>konsum. Angesichts der enthemmenden<br />

Wirkung des <strong>Alkohol</strong>s liegt daher der erforderliche<br />

Zusammenhang zwischen seinen Straftaten <strong>und</strong><br />

seinem erforderlichen Zusammenhang zwischen seinen<br />

Straftaten <strong>und</strong> seinem Hang, <strong>Alkohol</strong> <strong>im</strong> Übermaß<br />

zu sich zu nehmen, auf der Hand. Dem steht nicht ent<strong>gegen</strong>,<br />

daß die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten<br />

bei Begehung der Taten „in gewisser Hinsicht“ erhalten<br />

geblieben war <strong>und</strong> die Jugendkammer zu Gunsten<br />

des Angeklagten davon ausgegangen ist, daß eine erheblich<br />

verminderte Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB)<br />

lediglich nicht auszuschließen war. Denn die Anordnung<br />

der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt<br />

setzt – <strong>im</strong> Gegensatz zur Unterbringung nach § 63<br />

StGB – nicht voraus, daß bei Begehung der Tat die<br />

Voraussetzungen des § 21 StGB vorlagen (vgl. BGH<br />

NStZ-RR 2003, 41). Sicher feststehen muß allein, daß<br />

die Tat <strong>im</strong> Rausch begangen wurde oder auf die<br />

Rauschmittelabhängigkeit des Täters zurückzuführen<br />

ist.<br />

Im übrigen ist die Anordnung der Unterbringung<br />

gemäß § 64 StGB bei Vorliegen ihrer rechtlichen<br />

Voraussetzungen zwingend (st. Rspr.; vgl. nur BGH<br />

NStZ-RR 2003, 295). Daher ist die Erwägung der<br />

Jugendkammer, sie habe „unter Berücksichtigung<br />

des noch jugendlichen Alters von der Unterbringung<br />

des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen“<br />

bereits wegen der hierin zum Ausdruck<br />

kommenden Ermessensausübung rechtlich bedenk-<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>

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