Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...
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Fahrerlaubnisbehörde nämlich die Fahrerlaubnis zu<br />
entziehen, wenn sich der Inhaber der Fahrerlaubnis als<br />
ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.<br />
Dies gilt insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder<br />
Mängel nach der Anlage 4 zur FeV vorliegen <strong>und</strong><br />
dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen<br />
ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 i.V. m. der Vorbemerkung<br />
Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV ist ein Kraftfahrer,<br />
der gelegentlich Cannabis einn<strong>im</strong>mt, <strong>im</strong> Regelfall<br />
als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen<br />
anzusehen, wenn der Kraftfahrer nicht zwischen dem<br />
Konsum von Cannabis <strong>und</strong> dem Führen eines Kraftfahrzeugs<br />
unterscheiden kann, er also trotz Cannabiskonsums<br />
am Straßenverkehr teiln<strong>im</strong>mt.<br />
Dabei kann <strong>im</strong> vorliegenden Fall dahin stehen, ob –<br />
anders als in dem vorliegenden Gutachten des rechtsmedizinischen<br />
Instituts der J.-L.-Universität G. angenommen<br />
– dem Antragsteller nach dem <strong>gegen</strong>wärtigen<br />
Sach- <strong>und</strong> Streitstand eine regelmäßige Einnahme von<br />
Cannabis nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV vorgeworfen<br />
werden kann, bei der eine Prüfung der „Trennfähigkeit“<br />
<strong>im</strong> obigen Sinne unterbleibt. Insoweit wird<br />
in der obergerichtlichen Rechtsprechung unter Auseinandersetzung<br />
mit neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
teilweise die Auffassung vertreten, dass<br />
auf regelmäßigen Cannabiskonsum bei kurzfristig erfolgenden<br />
Blutuntersuchungen nicht schon bei einem<br />
THC-Carbonsäurewert ab 75 Nanogramm pro Milliliter,<br />
sondern erst ab 150 Nanogramm pro Milliliter<br />
geschlossen werden könne (vgl. OVG Lüneburg,<br />
Beschluss vom 11. Juli 2003 – 12 ME 287/03 –, NVwZ-<br />
RR 2003, 899, 900; <strong>im</strong> Einzelnen: Geiger, Harald:<br />
Aktuelle Probleme des Fahrerlaubnisrechts unter<br />
besonderer Berücksichtigung von <strong>Alkohol</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Drogen</strong>auffälligkeit, VBlBW. 2004, 1, 5 m. w. N.).<br />
Be<strong>im</strong> Antragsteller wurde jedoch „nur“ ein THC-<br />
Carbonsäurewert von 111 Nanogramm pro Milliliter<br />
festgestellt.<br />
Jedenfalls liegt be<strong>im</strong> Antragsteller gelegentlicher Cannabiskonsum<br />
<strong>und</strong> fehlende Trennung zwischen Konsum<br />
<strong>und</strong> Führen eines Kraftfahrzeuges vor. Das ergibt sich<br />
aus dem festgestellten THC-Wert von 10,5 ng/ml in Verbindung<br />
mit der Stellungnahme des rechtsmedizinischen<br />
Instituts der J.-L.-Universität.<br />
Dieser Wert liegt deutlich über dem zu § 24a Abs. 2<br />
StVG durch die Grenzwertkommission am 20. November<br />
2002 festgesetzten Grenzwert von 1,0 ng/ml<br />
(vgl. dazu auch Weibrecht, <strong>Blutalkohol</strong> 2003, 130,<br />
135), der die Annahme eines zeitnahen Cannabiskonsums<br />
mit entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit<br />
rechtfertigt.<br />
Die Behauptung des Antragstellers, der Cannabiskonsum<br />
habe weit vor der Blutentnahme gelegen, ist<br />
daher als Schutzbehauptung zu werten. Vielmehr muss<br />
aufgr<strong>und</strong> der festgestellten Werte die Aufnahme einer<br />
wirksamen Cannabisdosis zeitnah zu seiner Teilnahme<br />
am Straßenverkehr stattgef<strong>und</strong>en haben, zumal bei<br />
normalem Konsum (die wirksame Einzeldosis liegt<br />
bei 15 mg THC, die als Konsumeinheit bezeichnet<br />
wird) davon auszugehen ist, dass THC regelmäßig nur<br />
bis zu 6 St<strong>und</strong>en nach dem Konsum <strong>im</strong> Blut nachge-<br />
Rechtsprechung<br />
185<br />
wiesen werden kann (vgl. OVG Lüneburg, a. a. O.,<br />
m. w. N.).<br />
Diese Ausführungen zeigen <strong>im</strong> Übrigen auch, dass<br />
der unter Bezugnahme auf die Laboruntersuchung des<br />
Laborarztes Dr. S. erhobene Einwand des Antragstellers,<br />
<strong>im</strong> September 2003 – also zwei Monate nach der<br />
<strong>Drogen</strong>fahrt – sei bei ihm <strong>im</strong> Blut kein Cannabisabbauprodukt<br />
mehr nachzuweisen gewesen, völlig neben<br />
der Sache liegt. Wegen der zeitlich beschränkten<br />
Nachweisbarkeit <strong>im</strong> Blut wäre jedenfalls der negative<br />
Bef<strong>und</strong> einer Haaranalyse aussagekräftiger gewesen.<br />
Der weitere Einwand, die Blutprobe vom Juli 2003<br />
stamme nicht von ihm, ist unsubstantiiert <strong>und</strong> nicht<br />
glaubhaft gemacht.<br />
In Fällen der vorliegenden Art hätte demnach<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich von der Anordnung eines weiteren Gutachtens<br />
nach § 11 Abs. 7 FeV abgesehen werden können<br />
(so auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss<br />
vom 7. März 2003 – 10 S 323/03 –, DAR 2003, 236<br />
[= BA 2003, 335]; Geiger, a. a. O.). Denn der Antragsteller<br />
hat bereits durch sein Verhalten gezeigt, dass er<br />
keine Trennungsfähigkeit zwischen seinem Cannabiskonsum<br />
<strong>und</strong> der Teilnahme am Straßenverkehr besitzt.<br />
Anders als der Antragsteller meint, begegnet die<br />
Fahrerlaubnisentziehung auch keinen verfassungsrechtlichen<br />
Bedenken, etwa aus dem Gesichtspunkt<br />
der fahrerlaubnisrechtlichen Ungleichbehandlung von<br />
<strong>Alkohol</strong>- <strong>und</strong> Cannabismissbrauch.<br />
Zwar ist nach der Rechtsprechung des <strong>B<strong>und</strong></strong>esverfassungsgerichts<br />
(vgl. Beschluss vom 20. Juni 2002 –<br />
1 BvR 2062/96 –, NJW 2002, 2378 [= BA 2002, 362])<br />
der einmalige oder nur gelegentliche Cannabiskonsum<br />
ohne Bezug zum Straßenverkehr nach den neueren<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht als hinreichendes<br />
Verdachtselement zu bewerten, der die Anordnung<br />
eines ärztlichen bzw. medizinisch-psychologischen<br />
Gutachtens rechtfertigt (vgl. <strong>im</strong> Einzelnen:<br />
BVerfG, NJW 2002, S. 2378 ). Diese Rechtsprechung<br />
des <strong>B<strong>und</strong></strong>esverfassungsgerichts ist zwar zu<br />
der vor dem Inkrafttreten der Fahrerlaubnisverordnung<br />
ergangenen Rechtslage ergangen (vgl. § 4 Abs. 1<br />
StVG a.F., § 15b Abs. 2 StVZO a.F.). Sie ist aber nach<br />
dem Beschluss des Senats vom 28. August 2002 –<br />
2 EO 421/02 – [BA 2003, 329] auf die hier dem Streit<br />
zugr<strong>und</strong>e liegende neue Rechtslage zu übertragen. In<br />
der genannten Entscheidung geht das <strong>B<strong>und</strong></strong>esverfassungsgericht<br />
aber auch davon aus, dass die Fahrtüchtigkeit<br />
einer Person <strong>im</strong> akuten Cannabisrausch <strong>und</strong><br />
während der Dauer einer mehrstündigen Abklingphase<br />
aufgehoben ist. Es n<strong>im</strong>mt ferner an, dass charakterlich-sittliche<br />
Mängel einen verfassungsrechtlich tragfähigen<br />
Anlass zur Entziehung der Fahrerlaubnis darstellen.<br />
Solche Mängel seien gegeben, wenn der<br />
Betreffende bereit sei, das Interesse der Allgemeinheit<br />
an sicherer <strong>und</strong> verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen<br />
eigenen Interessen unterzuordnen <strong>und</strong> hieraus<br />
resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen<br />
des Verkehrs in Kauf zu nehmen. Ausdruck<br />
eines Mangels dieser Art sei es, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber<br />
ungeachtet einer <strong>im</strong> Einzelfall anzunehmenden<br />
oder jedenfalls nicht auszuschließenden dro-<br />
BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>