Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...
Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ... Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...
Halecker, Das Merkmal der sog. „Zusammenhangstat“ beim Fahrverbot (§ 44 Abs. 1 StGB) und der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1 StGB) würde 61 ). Es fehlt insoweit an einer gerichtlichen Beurteilung der Fahreignung an sich 62 ). Letztendlich zeigt sich genau hier die notwendige Trennlinie zwischen verwaltungsrechtlichen und strafgerichtlichen Sanktionen, die sich auf die Fahrerlaubnis einschränkend auswirken. Es kann nicht Aufgabe eines Strafrichters sein, alle eher zweifelhaft geeigneten Kraftfahrzeugführer durch die Entziehung der Fahrerlaubnis oder der Anordnung eines Fahrverbotes aus dem Verkehr zu ziehen. Vielmehr bieten die Fahrerlaubnisverordnung und das Straßenverkehrsgesetz ausreichenden – ja fast zu viel – Spielraum, um auf diese Kraftfahrer entsprechend einzuwirken. Die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anordnung eines Fahrverbotes durch den Strafrichter sind jedoch an die begangene Straftat gekoppelt und fordern in diesem Zusammenhang ein Führen mit dem Kraftfahrzeug. Dies sollte keinesfalls aus den Augen verloren oder gar negiert werden. III. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Sanktionenrechts Nunmehr plant die Bundesregierung im Wege der Reformierung des Sanktionensystems u. a. das Fahrverbot i. S. d. § 44 Abs. 1 StGB als Regelsanktion bei sog. Zusammenhangstaten einzuführen 63 ). Danach soll ein Fahrverbot in der Regel angeordnet werden, „wenn der Täter wegen einer anderen Straftat (als nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3, 316 StGB) verurteilt wird, zu deren Begehung oder Vorbereitung er ein Kraftfahrzeug als Mittel der Tat geführt hat und die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB unterbleibt“ 64 ). In der Entwurfsbegründung wird hierzu ausgeführt: „Indem der Einsatz des Kraftfahrzeugs als Tatmittel verlangt wird, betont die neue Regelverordnung, ohne den Begriff des Zusammenhangs in Absatz 1 zu definieren, das Erfordernis eines funktionalen, nicht lediglich zufälligen Zusammenhangs zwischen der Straftat und dem Führen eines Kraftfahrzeugs. Ein solcher ist anzunehmen, wenn der Täter das Kraftfahrzeug zur Förderung der Straftat missbraucht, also in deliktischer Absicht handelt. Erfasst werden … alle Handlungen von der unmittelbaren Tatvorbereitung bis zur Beendigung der Tat.“ 65 ) Damit scheint die Bundesregierung die soeben kritisierte extensive Auslegung der Zusammenhangstat gesetzlich legitimieren zu wollen. Denn nach der Regelanordnung und ihrer amtlichen Begründung wäre eine Zusammenhangstat zu bejahen, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeuges die Tat in irgendeiner Weise gefördert hat. Jede Verwendung zur Tatausführung würde genügen, also angefangen von der Tatvorbereitung bis zur Beendigung der Tat. Zulässig wäre daher auch eine mittelbare Förderung der Tat, z. B. der Täter fährt mit dem Tatopfer an eine abgelegene Stelle, um es dort zu vergewaltigen. Der notwendige Bezug zur Straftat soll vermutlich in diesen Fällen dadurch überbrückt werden, dass der Täter das Kraftfahrzeug in deliktischer Absicht benutzt haben muss. Eine derartige Auslegung der Zusammenhangstat steht jedoch im Widerspruch zur Rechtsprechung, die ausdrücklich eine Förderung der Straftat an sich verlangt, mithin die geplante Fahrt zum Tatort für nicht ausreichend erachtet 66 ). Es drängt sich ferner die Frage auf, ob es bei der Benutzung des Kraftfahrzeuges in vorbereitender Weise zumindest zu einer strafbaren Versuchshandlung oder einer selbstständig strafbaren Vorbereitungshandlung gekommen sein muss. Nach der amtlichen Begründung wäre wohl auch die Benutzung des Kraftfahrzeuges während der straflosen Vorbereitungshandlung ausreichend, denn hier heißt es ausdrücklich: „Erfasst werden, wie 101 BLUTALKOHOL VOL. 42/2005
102 bei § 74 Abs. 1 StGB, alle Handlungen von der unmittelbaren Tatvorbereitung …“ 67 ). Damit würde jedoch negiert werden, dass § 44 Abs. 1 StGB auch weiterhin eine Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges fordert. Wie bereits unter II. 5 aufgezeigt wurde, kann davon jedoch nicht mehr gesprochen werden, wenn der Täter das Kraftfahrzeug nur während einer straflosen Vorbereitungshandlung geführt hat 68 ). Schließlich impliziert die vorgenommene Konkretisierung der Zusammenhangstat in einer Regelanordnung die Ausnahme in zwei Richtungen 69 ): Einerseits kann vom Fahrverbot abgesehen werden, obwohl die Regelvoraussetzungen gegeben sind. Soll andererseits aber auch ein Fahrverbot angeordnet werden können, obwohl die Regelvoraussetzungen nicht gegeben sind? Wo verläuft dann die Trennlinie der sog. Zusammenhangstat? Versteckt sich dahinter vielleicht das generelle Fahrverbot für die allgemeine Kriminalität? Die aufgeworfene Problematik einer unzureichenden Grenzziehung bei der Begriffsbestimmung der Zusammenhangstat wird durch die geplante Regelanordnung jedenfalls nicht beseitigt, sondern vielmehr verschärft! IV. Fazit Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die extensive Auslegung des Begriffs der Zusammenhangstat in der bisherigen Rechtsprechung vom Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt ist. Dabei werden insbesondere im Bereich der Entziehung der Fahrerlaubnis zur Begründung der Zusammenhangstat Elemente der Ungeeignetheitsprüfung herangezogen. Erforderlich ist jedoch eine von der Ungeeignetheitsfrage getrennte Prüfung der Zusammenhangstat, will man ihre wortgleiche Interpretation auch im Bereich des Fahrverbotes erhalten. Bejaht werden sollte sie ausschließlich in den Fällen, in denen das Führen eines Kraftfahrzeugs durch den Täter bei Begehung der Straftat erfolgt und sich dabei als feststehender Bestandteil der Tatausführung erweist. Die geplante Einführung des Fahrverbotes als Regelsanktion für sog. Zusammenhangstaten kann aufgrund der darin enthaltenen Legitimierung der derzeitig extensiven Auslegung der Zusammenhangstat nicht befürwortet werden. Zusammenfassung Der Beitrag setzt sich inhaltlich mit der Thematik auseinander, unter welchen Voraussetzungen der Täter eine Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges begangen hat, sog. „Zusammenhangstat“ i. S. d. §§ 69 Abs. 1, 44 Abs. 1 StGB. Die in der bisherigen Judikatur gängige Formel „das Kraftfahrzeug muss als Fortbewegungsmittel zur Vorbereitung, Durchführung, Ausnutzung oder Verdeckung einer Straftat dienen“ erweist sich dabei als zu weitgehend und mit dem Wortlaut der §§ 69 Abs. 1, 44 Abs. 1 StGB nicht vereinbar. Im Interesse einer einheitlichen und widerspruchsfreien Sanktionspraxis sollte deshalb eine engere Begriffsbestimmung erfolgen. Diese erschöpft sich nicht bereits in dem vom 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes im Bereich der Entziehung der Fahrerlaubnis geforderten verkehrsspezifischen Gefahrzusammenhang. Denn insoweit muss sich erst für die Bejahung der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ein symptomatischer Verkehrsbezug der Tat erweisen. Vielmehr sollte eine Zusammenhangstat erst dann bejaht werden, wenn das Führen des Kraftfahrzeuges durch den Täter bei Begehung der Straftat erfolgt und sich dabei als feststehender Bestandteil der Tatausführung erweist. Die im Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Sanktionenrechts geplante Regelanordnung eines Fahrverbotes bei sog. Zusammenhangstaten ist abzulehnen. Sie lässt in ihrer bisherigen Ausgestaltung eine noch weitere Begriffsbestimmung der Zusammenhangstat zu und verschärft damit die Problematik einer unzureichenden Grenzziehung. Schlüsselwörter Fahrverbot – Entziehung der Fahrerlaubnis – Zusammenhangstat – verkehrsspezifischer Gefahrzusammenhang – Reform – Sanktionenrecht BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 Halecker, Das Merkmal der sog. „Zusammenhangstat“ beim Fahrverbot (§ 44 Abs. 1 StGB) und der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1 StGB)
- Seite 87 und 88: 50 Rechtsprechung zeitigen Freiheit
- Seite 89 und 90: 52 Rechtsprechung um das Wissen des
- Seite 91 und 92: 54 Rechtsprechung Foth, jeweils a.
- Seite 93 und 94: 56 Rechtsprechung Es ist zudem nich
- Seite 95 und 96: 58 Rechtsprechung Fahrerlaubnis ent
- Seite 97 und 98: 60 Rechtsprechung - Der Berufskraft
- Seite 99 und 100: 62 Rechtsprechung durch den Zusamme
- Seite 101 und 102: 64 Rechtsprechung In folgenden Ents
- Seite 103 und 104: 66 Rechtsprechung Vollgas“) des a
- Seite 105 und 106: 68 Rechtsprechung ne, sei zu befür
- Seite 107 und 108: 70 Rechtsprechung gebnisse erzwinge
- Seite 109 und 110: 72 Rechtsprechung StVG), sie hat ab
- Seite 111 und 112: 74 Rechtsprechung unter Alkoholeinf
- Seite 113 und 114: 76 Rechtsprechung tels in Rechtskra
- Seite 115 und 116: 78 Rechtsprechung ein Opfer Angehö
- Seite 117 und 118: 80 Rechtsprechung Mitteln der Allge
- Seite 119 und 120: 82 Rechtsprechung Straßenverkehrsg
- Seite 121 und 122: 84 Rechtsprechung Erweisen sich die
- Seite 123 und 124: 86 Um 2.00 Uhr konnte die 1. Bluten
- Seite 125 und 126: 88 Würde man Fall 2 nach Methode 1
- Seite 127 und 128: 90 Bei einem sehr negativen Wert er
- Seite 129 und 130: 92 Keywords drinking after the offe
- Seite 131 und 132: 94 Danach ist ein Zusammenhang zwis
- Seite 133 und 134: 96 gender Weise dargelegt. Danach s
- Seite 135 und 136: 98 StGB dann nicht mehr zulässig.
- Seite 137: 100 In Fällen, in denen der Täter
- Seite 141 und 142: 104 20 ) Der 5. Strafsenat allerdin
- Seite 143 und 144: 106 Zur Diskussion BLUTALKOHOL VOL.
- Seite 145 und 146: 108 Zur Diskussion Bindungswirkung
- Seite 147 und 148: 110 Zur Diskussion austausch muss s
- Seite 149 und 150: 112 Zur Diskussion Nach Rückverleg
- Seite 151 und 152: 114 Zur Diskussion eignungsmängel,
- Seite 153 und 154: 116 Zur Diskussion BLUTALKOHOL VOL.
- Seite 155 und 156: 118 Zur Diskussion Grundsätzen, da
- Seite 157 und 158: 120 Dokumentation BLUTALKOHOL VOL.
- Seite 159 und 160: 122 Dokumentation eine Steigerung d
- Seite 161 und 162: 124 Dokumentation nahmen (u.a. verd
- Seite 163 und 164: 126 Dokumentation dichten drohen. B
- Seite 165 und 166: 128 Dokumentation nicht über die B
- Seite 167 und 168: 130 Dokumentation Wir tun in Grenze
- Seite 169 und 170: 132 Dokumentation BLUTALKOHOL VOL.
- Seite 171 und 172: 134 Dokumentation deshalb verneint,
- Seite 173 und 174: 136 Dokumentation der eine nicht un
- Seite 175 und 176: 138 Dokumentation Durch Alkohol am
- Seite 177 und 178: 140 Dokumentation III. Empfehlung d
- Seite 179 und 180: 142 Dokumentation Verhalten konfron
- Seite 181 und 182: 144 Dokumentation 5) Empfehlung zur
- Seite 183 und 184: 146 Dokumentation Empfehlung der Ko
- Seite 185 und 186: 148 Nachruf Zum Gedenken an Prof. D
- Seite 187 und 188: 150 Nachruf Seit 1983 und bis 1999
Halecker,<br />
Das Merkmal der sog. „Zusammenhangstat“ be<strong>im</strong> Fahrverbot (§ 44 Abs. 1 StGB)<br />
<strong>und</strong> der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1 StGB)<br />
würde 61 ). Es fehlt insoweit an einer gerichtlichen Beurteilung der Fahreignung an sich 62 ).<br />
Letztendlich zeigt sich genau hier die notwendige Trennlinie zwischen verwaltungsrechtlichen<br />
<strong>und</strong> strafgerichtlichen Sanktionen, die sich auf die Fahrerlaubnis einschränkend<br />
auswirken. Es kann nicht Aufgabe eines Strafrichters sein, alle eher zweifelhaft<br />
geeigneten Kraftfahrzeugführer durch die Entziehung der Fahrerlaubnis oder der Anordnung<br />
eines Fahrverbotes aus dem Verkehr zu ziehen. Vielmehr bieten die Fahrerlaubnisverordnung<br />
<strong>und</strong> das Straßenverkehrsgesetz ausreichenden – ja fast zu viel –<br />
Spielraum, um auf diese Kraftfahrer entsprechend einzuwirken. Die Entziehung der<br />
Fahrerlaubnis <strong>und</strong> die Anordnung eines Fahrverbotes durch den Strafrichter sind jedoch<br />
an die begangene Straftat gekoppelt <strong>und</strong> fordern in diesem Zusammenhang ein Führen<br />
mit dem Kraftfahrzeug. Dies sollte keinesfalls aus den Augen verloren oder gar negiert<br />
werden.<br />
III. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Sanktionenrechts<br />
Nunmehr plant die <strong>B<strong>und</strong></strong>esregierung <strong>im</strong> Wege der Reformierung des Sanktionensystems<br />
u. a. das Fahrverbot i. S. d. § 44 Abs. 1 StGB als Regelsanktion bei sog. Zusammenhangstaten<br />
einzuführen 63 ). Danach soll ein Fahrverbot in der Regel angeordnet werden, „wenn<br />
der Täter wegen einer anderen Straftat (als nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3,<br />
316 StGB) verurteilt wird, zu deren Begehung oder Vorbereitung er ein Kraftfahrzeug als<br />
Mittel der Tat geführt hat <strong>und</strong> die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB unterbleibt“<br />
64 ).<br />
In der Entwurfsbegründung wird hierzu ausgeführt: „Indem der Einsatz des Kraftfahrzeugs<br />
als Tatmittel verlangt wird, betont die neue Regelverordnung, ohne den Begriff des<br />
Zusammenhangs in Absatz 1 zu definieren, das Erfordernis eines funktionalen, nicht lediglich<br />
zufälligen Zusammenhangs zwischen der Straftat <strong>und</strong> dem Führen eines Kraftfahrzeugs.<br />
Ein solcher ist anzunehmen, wenn der Täter das Kraftfahrzeug zur Förderung der<br />
Straftat missbraucht, also in deliktischer Absicht handelt. Erfasst werden … alle Handlungen<br />
von der unmittelbaren Tatvorbereitung bis zur Beendigung der Tat.“ 65 )<br />
Damit scheint die <strong>B<strong>und</strong></strong>esregierung die soeben kritisierte extensive Auslegung der<br />
Zusammenhangstat gesetzlich legit<strong>im</strong>ieren zu wollen. Denn nach der Regelanordnung <strong>und</strong><br />
ihrer amtlichen Begründung wäre eine Zusammenhangstat zu bejahen, wenn die Benutzung<br />
des Kraftfahrzeuges die Tat in irgendeiner Weise gefördert hat. Jede Verwendung zur<br />
Tatausführung würde genügen, also angefangen von der Tatvorbereitung bis zur Beendigung<br />
der Tat. Zulässig wäre daher auch eine mittelbare Förderung der Tat, z. B. der Täter<br />
fährt mit dem Tatopfer an eine abgelegene Stelle, um es dort zu vergewaltigen. Der notwendige<br />
Bezug zur Straftat soll vermutlich in diesen Fällen dadurch überbrückt werden,<br />
dass der Täter das Kraftfahrzeug in deliktischer Absicht benutzt haben muss. Eine derartige<br />
Auslegung der Zusammenhangstat steht jedoch <strong>im</strong> Widerspruch zur Rechtsprechung,<br />
die ausdrücklich eine Förderung der Straftat an sich verlangt, mithin die<br />
geplante Fahrt zum Tatort für nicht ausreichend erachtet 66 ).<br />
Es drängt sich ferner die Frage auf, ob es bei der Benutzung des Kraftfahrzeuges in vorbereitender<br />
Weise zumindest zu einer strafbaren Versuchshandlung oder einer selbstständig<br />
strafbaren Vorbereitungshandlung gekommen sein muss. Nach der amtlichen Begründung<br />
wäre wohl auch die Benutzung des Kraftfahrzeuges während der straflosen<br />
Vorbereitungshandlung ausreichend, denn hier heißt es ausdrücklich: „Erfasst werden, wie<br />
101<br />
BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>