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Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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klagten, mit welcher er die Verletzung materiellen<br />

Rechts rügt. Seiner Revisionsbegründungsschrift ist zu<br />

entnehmen, dass die Revision auf den Rechtsfolgenausspruch<br />

beschränkt sein soll.<br />

Aus den Gründen:<br />

Die Revision ist in vollem Umfang erfolgreich, weil<br />

die Berufungsstrafkammer unter Verletzung des<br />

§ 323a Abs. 2 StGB von einem unzutreffenden Strafrahmen<br />

ausgegangen ist. Das deshalb <strong>im</strong> Rechtsfolgenausspruch<br />

aufzuhebende Berufungsurteil enthält<br />

dazu die folgenden Ausführungen:<br />

„Die Kammer konnte auf Gr<strong>und</strong> der Tatsache,<br />

dass der zuständige Polizeibeamte den Angeklagten<br />

nicht für vernehmungsfähig gehalten hat, nicht ausschließen,<br />

dass sich der Angeklagte zur Tatzeit in<br />

einem Vollrausch bef<strong>und</strong>en hat. Der Angeklagte<br />

war daher nicht wie in erster Instanz wegen Diebstahls,<br />

sondern wegen fahrlässigen Vollrausches,<br />

§ 323a StGB, zu verurteilten. Dafür, dass sich der<br />

Angeklagte vorsätzlich in einen Vollrausch versetzt<br />

hat, gab es keine hinreichenden Anhaltspunkte.<br />

Die Vorschrift des § 323a Abs. 1 StGB stellt<br />

einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren<br />

oder Geldstrafe zur Verfügung.<br />

Strafmildernd hat die Kammer berücksichtigt,<br />

dass die Rauschtat letztendlich <strong>im</strong> Versuchsstadium<br />

steckengeblieben ist, weil der Angeklagte während<br />

der Taten beobachtet worden ist; infolgedessen ist<br />

ein tatsächlicher Schaden nicht eingetreten. Ferner<br />

wurde strafmildernd berücksichtigt, dass der Wert<br />

der Gegenstände, die der Angeklagte zu entwenden<br />

versucht hat, nicht besonders hoch war, obwohl die<br />

Geringfügigkeitsschwelle überschritten worden ist.<br />

Strafschärfend waren die zahlreichen Vorstrafen des<br />

Angeklagten zu berücksichtigen <strong>und</strong> insbesondere die<br />

Tatsache, dass der Angeklagte die Tat während einer<br />

laufenden Bewährungszeit <strong>und</strong> nur acht Monate nach<br />

seiner letzten Verurteilung begangen hat.“<br />

Die Strafkammer, die danach in Anwendung des<br />

Zweifelssatzes zu Gunsten des Angeklagten einen<br />

Vollrausch angenommen hat, hätte bei ihrer Strafbemessung<br />

nicht vom Strafrahmen des § 323a Abs. 1<br />

StGB ausgehen dürfen.<br />

Gemäß § 323a Abs. 2 StGB darf die Strafe nicht<br />

schwerer sein als die Strafe, welche für die <strong>im</strong> Rausch<br />

begangene Tat angedroht ist. Diese Best<strong>im</strong>mung begrenzt<br />

die tatrichterlichen Erwägungen nicht nur <strong>im</strong><br />

Ergebnis. Vielmehr erlangt sie ihre Bedeutung bereits<br />

bei der Strafrahmenwahl (vgl. Tröndle/Fischer, StGB,<br />

51. Aufl., § 323a Rn. 21, BGH StV 1992, 231 f.). Das<br />

gilt erst recht, wenn die Verurteilung wegen Vollrausches<br />

in Anwendung des in dubio pro reo-Satzes erfolgt<br />

(vgl. BGH StV 1992, 231 f.; BGH NStZ-RR 1996,<br />

290).<br />

Gliche man nämlich statt dessen nur die konkrete<br />

Vollrauschstrafe mit dem Strafrahmen der jeweiligen<br />

Rauschtat ab, führte dies zu einer potenziellen<br />

Schlechterstellung desjenigen, zu dessen Gunsten<br />

doch gerade der Schuldspruch wegen des Vollrausches<br />

ergeht. Dieser könnte beispielsweise wegen einer <strong>im</strong><br />

Rechtsprechung<br />

75<br />

Vollrausch begangenen Trunkenheit <strong>im</strong> Verkehr zu<br />

einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt werden,<br />

wohin<strong>gegen</strong> diese Strafe als Höchststrafe des § 316<br />

StGB ohne den Vollrausch allenfalls theoretisch vorstellbar<br />

wäre: Zur Vorkehrung <strong>gegen</strong> eine Schlechterstellung<br />

des Rauschtäters können allerdings auch nicht<br />

die konkret zu erwartenden Strafen miteinander verglichen<br />

werden, weil eine fiktive Strafzumessung<br />

wegen der Rauschtat in Ermangelung von Feststellungsmöglichkeiten<br />

zur Schuld des schuldlos Handelnden<br />

sinnlos bleiben müsste. Die erforderliche Absicherung<br />

kann daher nur geschehen, indem bereits die<br />

anzuwendenden Strafrahmen miteinander ins Verhältnis<br />

gesetzt werden.<br />

Der konkret in Betracht kommende Strafrahmen<br />

wegen der Rauschtat begrenzt deshalb mit seinem<br />

Höchstmaß, sofern es unter demjenigen des Strafrahmens<br />

nach § 323a Abs. 1 StGB liegt, den konkreten<br />

Strafrahmen wegen des Vollrausches nach oben hin.<br />

Das gilt, selbst wenn für die Rauschtat nur eine fakultative<br />

Milderung, etwa nach den §§ 21, 23 Abs. 2 StGB, in<br />

Frage gekommen wäre, jedenfalls dann, wenn diese<br />

Milderung <strong>im</strong> Falle der Verurteilung wegen der Rauschtat<br />

voraussichtlich auch vorgenommen worden wäre<br />

<strong>und</strong> wenn zusätzlich die Verurteilung wegen des Vollrausches<br />

nur deshalb erfolgt, weil zu Gunsten des Angeklagten<br />

nicht nur die Verminderung, sondern sogar die<br />

Aufhebung der Schuldfähigkeit nicht auszuschließen<br />

ist. Denn andernfalls stünde der Angeklagte besser,<br />

würde er wegen der Rauschtat abgeurteilt.<br />

Folgt man diesen Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>im</strong> zu entscheidenden<br />

Fall, so war der über § 323a Abs. 2 StGB zu Gr<strong>und</strong>e<br />

zu legende Strafrahmen für den Vollrausch nicht<br />

mit demjenigen des Diebstahls nach § 242 Abs. 1<br />

StGB mit seiner Höchststrafdrohung von 5 Jahren<br />

identisch. Denn bereits der Strafrichter war bei seiner<br />

Verurteilung wegen Diebstahls von einer Anwendung<br />

des § 21 StGB <strong>und</strong> einer entsprechenden Strafmilderung<br />

ausgegangen. Aus den Feststellungen der Strafkammer<br />

ergeben sich zudem keine Hinweise, wonach<br />

die Anwendung des nach § 49 Abs. 1 StGB reduzierten<br />

Strafrahmens, die zudem eher der Regel als der Ausnahme<br />

entspricht, unzutreffend gewesen sein könnte.<br />

Die Strafkammer hätte daher auch bei ihrer Strafzumessung<br />

davon ausgehen müssen, dass sich die Strafobergrenze<br />

für die Rauschtat gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2<br />

StGB auf höchstens 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe<br />

reduzierte. Damit erstreckte sich der wegen Vollrausches<br />

zur Verfügung stehende Strafrahmen aber ebenfalls<br />

nur auf Geldstrafe oder auf Freiheitsstrafe bis zu<br />

3 Jahren 9 Monaten. Indem sie statt dessen den Strafrahmen<br />

des § 323a Abs. 1 StGB anwendete, stellte sie<br />

den Angeklagten schlechter als <strong>im</strong> Falle seiner Verurteilung<br />

wegen der Rauschtat, welche sie eigentlich zu<br />

seinen Gunsten abgelehnt hatte.<br />

Dass die Strafkammer von einem bloßen Versuch<br />

der Rauschtat (<strong>und</strong> damit dem Bestehen einer weiteren<br />

Milderungsmöglichkeit) ausgegangen ist, hat der<br />

Senat darüber hinaus nicht berücksichtigt. Die rechtliche<br />

Schlussfolgerung eines Versuchs lässt sich nämlich<br />

mit den – durch die Beschränkung des Rechtsmit-<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>

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