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Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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74 Rechtsprechung<br />

unter <strong>Alkohol</strong>einfluss, wobei sein Bewusstsein als<br />

verwirrt <strong>und</strong> der Denkablauf als sprunghaft beschrieben<br />

wurden. Der Angeklagte ist nicht <strong>im</strong> Besitz<br />

einer Fahrerlaubnis, was er zu Beginn <strong>und</strong> während<br />

der Fahrt in sein tatsächliches Vorstellungsbild<br />

aufgenommen hatte. Wäre der Angeklagte nüchtern<br />

gewesen, hätte er bei Anwendung der erforderlichen<br />

Sorgfalt erkennen können, dass er infolge des <strong>Alkohol</strong>einflusses<br />

nicht mehr fahrtüchtig war. Diese<br />

Sorgfalt beachtete er infolge seines Rauschzustandes<br />

nicht. Der Angeklagte war aufgr<strong>und</strong> des <strong>Alkohol</strong>konsums<br />

in seiner Steuerungsfähigkeit zumindest<br />

erheblich eingeschränkt. Es kann nicht<br />

ausgeschlossen werden, dass seine Steuerungsfähigkeit<br />

aufgr<strong>und</strong> der <strong>Alkohol</strong>isierung aufgehoben<br />

war. Der Angeklagte hat die Tat in vollem Umfang<br />

eingeräumt.“<br />

Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitig<br />

<strong>und</strong> in zulässigerweise eingelegte Revision des Angeklagten.<br />

Er rügt die Verletzung formellen <strong>und</strong> materiellen<br />

Rechts.<br />

Aus den Gründen:<br />

Das Rechtsmittel hat auf die Sachrüge hin einen zumindest<br />

vorläufigen Erfolg <strong>und</strong> führt zur Aufhebung<br />

der angefochtenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung<br />

an das Landgericht. Eines Eingehens auf die<br />

Verfahrensrügen (Aufklärungsrüge <strong>und</strong> Rüge der Verletzung<br />

des § 338 Nr. 5 StPO), die i. ü. keinen Erfolg<br />

gehabt hätten, bedarf es daher nicht.<br />

Die bisherigen Feststellungen tragen eine Verurteilung<br />

des Angeklagten wegen vorsätzlichen Vollrausches<br />

nicht. Vorsätzlich <strong>im</strong> Sinne des § 323a StGB<br />

handelt, wer bei dem Genuss von Rauschmitteln weiß<br />

oder billigend in Kauf n<strong>im</strong>mt, dass er sich dadurch in<br />

einen Rauschzustand versetzt, der seine Schuldfähigkeit<br />

jedenfalls erheblich vermindert, wenn nicht ganz<br />

ausschließt (vgl. dazu BGHR § 323a Abs. 1 vor S. 2;<br />

BGHSt 16, 187 ff. [= BA 1961/62, 204]). Darüber<br />

hinaus muss sich der Vorsatz des Täters aber auch<br />

darauf erstrecken, dass er in dem Rausch, in den er sich<br />

durch den Genuss geistiger Getränke versetzt hat,<br />

wegen Ausschlusses des Einsichts- oder Hemmungsvermögens<br />

möglicherweise strafbare Handlungen<br />

irgendwelcher Art begehen werde (BGH VRS 7, 309,<br />

311). Nur ein fahrlässiges Delikt des Vollrausches liegt<br />

deshalb vor, wenn sich der Täter zwar vorsätzlich volltrunken<br />

gemacht hat, aber mit keiner Ausschreitung <strong>im</strong><br />

Vollrausch gerechnet hat, obwohl er mit irgendeiner<br />

hätte rechnen können (zu vgl. LK-Spendel, § 323a<br />

Rdnr. 243 m. w. N.).<br />

Nach den getroffenen Feststellungen war für den<br />

Angeklagten aber lediglich voraussehbar, dass er in<br />

dem von ihm vorsätzlich herbeigeführten Rauschzustand<br />

irgendwelche Ausschreitungen strafbarer Art<br />

begehen könnte. Mit dem Wort „voraussehbar“ beschreibt<br />

die Strafkammer lediglich, dass der Angeklagte<br />

mit irgendeiner späteren, <strong>im</strong> Rauschzustand<br />

begangenen Straftat aufgr<strong>und</strong> seiner gesamten Lebensumstände,<br />

insbesondere aufgr<strong>und</strong> seiner früheren<br />

strafrechtlichen Auffälligkeiten, die häufig von über-<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong><br />

mäßigem <strong>Alkohol</strong>genuss gekennzeichnet waren, hätte<br />

rechnen müssen. In diesem Fall könnte dem Angeklagten<br />

aber nur ein fahrlässiger Vollrausch zur Last gelegt<br />

werden, denn auch die Urteilsgründe <strong>im</strong> Übrigen lassen<br />

nicht erkennen, dass der Angeklagte die Begehung<br />

einer später <strong>im</strong> Rauschzustand begangenen Straftat<br />

nach seinem Vorstellungsbild als möglich erkannt <strong>und</strong><br />

diesen Umstand zumindest billigend in Kauf genommen<br />

hat.<br />

Die Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlichen<br />

Vollrausches konnte deshalb keinen Bestand<br />

haben.<br />

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben <strong>und</strong><br />

die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Der<br />

Senat war gehindert, eine eigene Sachentscheidung zu<br />

treffen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass<br />

in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen<br />

zur inneren Tatseite getroffen werden können, die<br />

ein vorsätzliches Handeln einwandfrei belegen.<br />

10.*) Bei einer Verurteilung wegen Vollrausches<br />

nach § 323a StGB müssen bei der Strafzumessung<br />

die anzuwendenden Strafrahmen der<br />

Rauschtat <strong>und</strong> des Vollrausches miteinander ins<br />

Verhältnis gesetzt werden. Der konkret in Betracht<br />

kommende Strafrahmen wegen der<br />

Rauschtat begrenzt dabei mit seinem Höchstmaß,<br />

sofern es unter demjenigen des Strafrahmens<br />

nach § 323a Abs. 1 StGB liegt, den konkreten<br />

Strafrahmen wegen des Vollrausches nach oben<br />

hin. Das gilt, selbst wenn für die Rauschtat nur<br />

eine fakultative Milderung in Frage gekommen<br />

wäre (z. B. nach §§ 21, 23 Abs. 2 StGB), jedenfalls<br />

dann, wenn diese Milderung <strong>im</strong> Falle der Verurteilung<br />

wegen der Rauschtat voraussichtlich auch<br />

vorgenommen worden wäre, <strong>und</strong> wenn zusätzlich<br />

die Verurteilung wegen des Vollrausches nur deshalb<br />

erfolgt, weil zugunsten des Angeklagten<br />

nicht nur die Verminderung, sondern sogar die<br />

Aufhebung der Schuldfähigkeit nicht auszuschließen<br />

ist.<br />

Oberlandesgericht Brandenburg,<br />

Beschluß vom 23. September 2004 – 2 Ss 40/04 –<br />

– 25 Ns 242/03 (LG Cottbus) –<br />

Zum Sachverhalt:<br />

Der Angeklagte ist am 04. November 2003 vom<br />

Strafrichter des Amtsgerichts Senftenberg wegen eines<br />

am 28. Januar 2003 begangenen Diebstahls von Drogerieartikeln<br />

<strong>im</strong> Gesamtwert von 42,79 zu einer Freiheitsstrafe<br />

von 8 Monaten verurteilt worden. Der Strafrichter<br />

hatte die Voraussetzungen einer alkoholbedingten<br />

Schuldminderung gemäß § 21 StGB bejaht <strong>und</strong> diese<br />

strafmildernd berücksichtigt. Auf die Berufung des Angeklagten<br />

änderte das Landgericht Cottbus den Schuldspruch<br />

<strong>und</strong> verurteilte ihn am 30. März 2004 wegen<br />

fahrlässigen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von 7<br />

Monaten. Hier<strong>gegen</strong> richtet sich die Revision des Ange-

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