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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Der Umgangston soll sich radikal wandeln hin zu einer positiven<br />

„Pädagogik des Vertrauens“. Der stets objektive und vorbildliche Lehrer hat<br />

sich für tatsächlich gemachte Fehler und ungerechte Strafen bei seinen Schülern<br />

zu entschuldigen. Kommandoton und alle ehrenrührigen Ausdrücke sind<br />

ihm verboten.<br />

Durch verfeinerte mo<strong>der</strong>ne Selbsttätigkeits- und Selbstregierungs-<br />

Methoden soll ein präziser und unbedingter innerer Gehorsam erzielt werden.<br />

Das Kind soll als freier Bürger und Gentleman behandelt werden, an dessen<br />

Ehrgefühl, Selbständigkeit und „besseres Selbst“ <strong>der</strong> Erzieher appellieren und<br />

dem gegenüber er Vertrauen und suggestiven Glauben an das „bessere Selbst“<br />

des Kindes zeigen soll. Jede Verfehlung soll als Irrtum o<strong>der</strong> Inkonsequenz eines<br />

sonst tugendhaften ehrlichen Kindes dargestellt, früheres ehrliches Verhalten<br />

deutlich gelobt und sogar deutliche Verfehlungen noch als - lei<strong>der</strong> mißratene<br />

- positive Ansätze gedeutet werden. Bei einer Lüge z. B. hat das Kind<br />

seinen Fehler nur geleugnet, um den geliebten Eltern die Beschämung zu ersparen<br />

(Foerster 1953: 338).<br />

Das Gefühl <strong>der</strong> Selbstachtung (self respect) und Menschenwürde wird dringend<br />

benötigt und muß geschont und gepflegt werden.<br />

Gebote, Regeln und moralische Wahrheiten sollen dem Kind nicht deduktiv<br />

durch Predigen plump aufgezwungen werden, son<strong>der</strong>n mit indirekten Methoden<br />

gezielt im Inneren des Kindes induziert werden.<br />

In Aufsätzen und Diskussionen zu Themen wie „Wie würde ich regieren,<br />

wenn ich Lehrerin wäre?“ (Foerster 1914: 346) treten Kin<strong>der</strong> - mangels an<strong>der</strong>er<br />

Vorstellungen - selbst aktiv ein für Strenge sich selbst gegenüber. Dadurch<br />

sollen dann die Ansichten weiter verfestigt und begründet werden.<br />

In solche Gruppendiskussionen greift <strong>der</strong> Erzieher nur selten und an wesentlichen<br />

Punkten korrigierend ein und läßt ansonsten viel Spielraum zur<br />

Übung <strong>der</strong> Selbstverantwortung. Da von den konkreten persönlichen Erfahrungen<br />

und Erlebnissen des Kindes <strong>aus</strong>gegangen wird, erscheinen die - vom<br />

Lehrer gezielt angestrebten - Ergebnisse als die ureigensten Problemlösungen<br />

des Kindes (Foerster spricht tatsächlich stets vom Anschein).<br />

Solche Diskussionen und Meinungsumfragen dienen dem Lehrer dazu, die<br />

Kin<strong>der</strong> genauer kennenzulernen, ihm Einblick in das Gruppengeschehen zu<br />

geben, damit er es durch richtige Maßnahmen seiner Kontrolle unterwerfen<br />

kann. So kann er seine Strafen dem jeweiligen Ehr- und Gerechtigkeitsgefühl<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> anpassen und die diesem Empfinden wi<strong>der</strong>sprechenden<br />

- unwirksamen - Strafen vermeiden, damit die Kin<strong>der</strong> stufenweise zur sittlichen<br />

Wahrheit emporsteigen.<br />

Prügelstrafen werden von vornherein abgelehnt als abstumpfend und entehrend<br />

- und deshalb unvereinbar mit verfeinerter moralischer Erziehung:<br />

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