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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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5. Selbstregierung als Charakterformung<br />

und Willensunterwerfung<br />

bei F. W. Foerster<br />

Die offensichtliche Abhängigkeit von an<strong>der</strong>en Menschen beeinträchtigt leicht<br />

das Freiheitsgefühl und auch die Notwendigkeit und Lust zu eigener Initiative,<br />

zu selbsttätigem Handeln und Lernen <strong>aus</strong> eigener Erfahrung. Und offener<br />

Zwang und Gewalt rufen leicht offene Rebellion hervor. Um diese Effekte zu<br />

vermeiden und die Zöglinge doch sicher zu regieren, wurden Methoden ersonnen,<br />

bei denen die Zöglinge nur indirekt abhängig sind: Der Erzieher manipuliert<br />

die Umweltbedingungen, unter denen das Kind dann das gewünschte<br />

<strong>aus</strong> eigener Erfahrung selbst lernt, ohne den Zusammenhang zu durchschauen.<br />

Schon 1762 empfahl Jean Jacques Rousseau (1963: 264 - 266) den Erziehern<br />

Methoden zur Manipulation <strong>der</strong> Freiheit und Freiwilligkeit des Kindes.<br />

„Ich predige euch eine schwere Kunst, ihr jungen Lehrer, nämlich beherrschen ohne<br />

Vorschriften zu geben und durch Nichtstun alles zu tun. Ich gebe zu, daß diese Kunst<br />

nicht eures Alters ist, ihr könnt dabei nicht sofort mit euren Talenten brillieren und<br />

den Vätern Eindruck machen. Aber sie ist die einzige, die Erfolg verspricht.“<br />

(Rousseau (1963: 264)<br />

„In <strong>der</strong> gepflegten Erziehung befiehlt <strong>der</strong> Lehrer und glaubt dadurch zu herrschen.<br />

In Wirklichkeit ist es das Kind, das herrscht.“ (Rousseau 1963: 265)<br />

„Folgt mit eurem Zögling dem umgekehrten Weg. Laßt ihn immer im Glauben, er<br />

sei <strong>der</strong> Meister, seid es in Wirklichkeit aber selbst. Es gibt keine vollkommenere Unterwerfung<br />

als die, <strong>der</strong> man den Schein <strong>der</strong> Freiheit zugesteht. So bezwingt man sogar<br />

seinen Willen. Ist das arme Kind, das <strong>nichts</strong> weiß, <strong>nichts</strong> kann und erkennt, euch nicht<br />

vollkommen <strong>aus</strong>geliefert? Verfügt ihr nicht über alles in seiner Umgebung, was auf es<br />

Bezug hat? Seid ihr nicht Herr seiner Eindrücke nach eurem Belieben? Seine Arbeiten,<br />

seine Spiele, sein Vergnügen und sein Kummer - liegt nicht alles in euren Händen,<br />

ohne daß es davon weiß? Zweifellos darf es tun, was es will, aber es darf nur das<br />

wollen, von dem ihr wünscht, daß es es tut. Es darf keinen Schritt tun, den ihr nicht<br />

für es vorgesehen habt, es darf nicht den Mund auftun, ohne daß ihr wißt, was es sagen<br />

will.“ (Rousseau 1963: 265 f.).<br />

„Laßt ihr es so Herr des eigenen Willens sein, nährt ihr damit keineswegs seine Eigenwilligkeiten.<br />

Da es immer nur das tut, was ihm paßt, wird es bald nur tun, was es<br />

tun soll“ (Rousseau 1963: 266).<br />

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