Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Kinderrepubliken unterliegen als meist private Einrichtung einer stärkeren
wirtschaftlichen und rechtlichen Existenzgefährdung als vergleichbare öffentliche
Einrichtungen:
Eine staatliche Einrichtung, die nicht ganz den Vorschriften entspricht oder
deren Leiter eines Vergehens beschuldigt wird, ist bedeutend weniger von
Schließung, Auflösung, finanziellem Ruin oder Entzug der Konzession bedroht
als eine private Einrichtung im gleichen Fall. Neill fürchtete z. B. lange
Zeit, daß seine Schule unter dem Vorwand der Nichterfüllung baulicher Standards
(etwa unzureichender Toilettenanlagen) geschlossen werden könnte
(vgl. Kapitel 18).
Ein weiteres Problem bei kleinen Privat- oder Familienunternehmen ist die
Vererbung der Einrichtung beim Tod des Gründers. Summerhill wäre bei
Neills Tod beinahe an der hohen englischen Erbschaftssteuer für Schulgelände
und -gebäude zugrundegegangen. In anderen Fällen 65 schlossen die Erben
eine zuschußbedürftige Anstalt und wandten sich einer profitableren Nutzung
ihres Erbes zu. Eine Zeit lang sah es so aus, als würde auch das berühmte
Summerhill einfach daran zugrundegehen, daß Neills Ehefrau und Nachfolgerin
Ena irgendwann sterben würde. Neills einzige Tochter hatte lange Zeit
nicht die Absicht, Schulleiterin zu werden, und wollte die Schule nicht übernehmen
(vgl. Kapitel 18).
4.6.4. Personalprobleme
Selbstregierte Kinderrepubliken können nicht ohne erwachsene Pädagogen
bestehen. Diese Pädagogen müssen, wenn das selbstregierte Heim erfolgreich
arbeiten soll, genau unterscheiden können zwischen Bereichen, aus denen sie
sich heraushalten müssen, und anderen Bereichen, die sie unbedingt übernehmen
müssen (siehe Kapitel 4.2 und 8).
Traditionell ausgebildetes pädagogisches Personal ist für die Arbeit in Kinderrepubliken
nicht nur in keiner Weise ausgebildet und befähigt
(üblicherweise weiss es nicht einmal von der Möglichkeit solcher Republi-
Die Carter Republic ging am Geldmangel sowie am Mangel an geeignetem Personal zugrunde
(vgl. Holl 1971: 138).
Das Little Commonwealth mußte nach dem Skandal schließen, weil ihm das Recht entzogen
war, aus öffentlichen Mitteln unterhaltene Kinder aufzunehmen, und es so finanziell
nicht mehr existieren konnte.
Die George Junior Republic ging fast zugrunde, als im Jahr 1912 nach einem Zeitungsskandal
die Spenden drastisch zurückgingen, und ein ständiger Hauptstreitpunkt war, ob
man sich weitere Republikneugründungen überhaupt leisten könne, weil die das Spendenaufkommen
verzettelten (vgl. Kapitel 10.9.).
65 etwa bei Pestalozzis Freund Fellenberg (vgl. den Artikel Fellenberg in Rein 1904: 805).
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