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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Mit dem Begriff laissez faire bezieht man sich dabei auf die bekannteste<br />

Einteilung von Erziehungsstilen 51 o<strong>der</strong> Führungsstilen, die 1937 - 1940 von<br />

Lewin, Lippitt und White entwickelt wurde. Dabei werden drei Stile unterschieden:<br />

<strong>der</strong> autoritäre o<strong>der</strong> autoritative Stil, <strong>der</strong> sozialintegrative o<strong>der</strong> demokratische<br />

Stil sowie <strong>der</strong> Laissez-faire-Stil. Den Ergebnissen <strong>der</strong> Führungsstil-Experimente,<br />

die wie geplant die Überlegenheit des demokratischen<br />

Stils zeigten, soll hier nicht weiter nachgegangen werden.<br />

Der Exkurs soll demonstrieren, daß Selbstregierung <strong>nichts</strong> mit dem Laissezfaire-Stil<br />

gemein hat, son<strong>der</strong>n vielmehr die radikale Verwirklichung des demokratischen<br />

Stils darstellt.<br />

In dem 1941 verfassten Aufsatz über Demokratie und Schule beschreibt<br />

Lewin (1982) selbst deutlich diesen Zusammenhang und stellt <strong>der</strong> Demokratie<br />

den für die Beteiligten selbst unangenehmen „anarchistischen Individualismus<br />

des laissez faire“ (Lewin 1982: 288) mit seiner völlig unbeschränkten Willkür-Freiheit<br />

des Individuums gegenüber. „Demokratie for<strong>der</strong>t Beschränkung<br />

<strong>der</strong> individuellen Freiheit um <strong>der</strong> Gruppe willen.“ (Lewin 1982: 286). Nämlich<br />

z. B. die Pflicht, fremdes Eigentum zu respektieren, niemanden zu verletzen<br />

und den Schlaf und die Arbeit an<strong>der</strong>er nicht zu stören.<br />

„Kin<strong>der</strong> sind fähig, solche ‚Beeinträchtigungen ihrer Rechte als Individuen‘ bereitwillig<br />

zu akzeptieren, wenn sie ihnen nicht wie von einer herrschenden Gruppe auf<br />

eine benachteiligte Min<strong>der</strong>heit auferlegt werden, son<strong>der</strong>n eher während eines Prozesses<br />

<strong>der</strong> Zusammenarbeit und des ‚Gebens und Nehmens‘ entstehen.“ (Lewin 1982:<br />

287)<br />

„Das Recht, die Gruppenpolitik zu beeinflussen, muß als Gegenstück die Bereitwilligkeit<br />

haben, Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren.“ (Lewin 1982: 290)<br />

Für die Schulen for<strong>der</strong>t Lewin konsequent eine weitgehende Schülerselbstverwaltung<br />

(Lewin 1982: 287 ff. Im amerikanischen Original hieß das zweifellos<br />

noch Schülerselbstregierung!)<br />

„Wahrscheinlich sind die beiden Arten <strong>der</strong> Abweichung vom demokratischen Verfahren,<br />

‚Pseudo-Demokratie‘ und ‚laissez faire‘, <strong>der</strong> Grund für die geringe <strong>Wer</strong>tschätzung<br />

‚progressiver Schulen‘ bei gewissen Teilen <strong>der</strong> Öffentlichkeit und für den Ruf<br />

<strong>der</strong> Wirkungslosigkeit.“ (Lewin 1982: 288)<br />

„Die demokratische Erziehung kann nicht mit autokratischer Behandlung des<br />

Säuglings beginnen und dann langsam auf demokratische Methoden umwechseln.“<br />

(Lewin 1982: 290)<br />

Grundlage <strong>der</strong> Demokratie sind dabei die prinzipielle Gleichheit aller Menschen<br />

(einschließlich aller Erzieher und Zöglinge!) und die Achtung dieser<br />

Gleichheit (demokratische Atmosphäre, Toleranz). Ohne die Achtung dieser<br />

51 Vgl. zu diesem Kapitel: Lewin (1982), Lippitt & White (1977), Weber (1971).<br />

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