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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Die systematische Darstellung beginnt mit dem grundlegenden Verweis:<br />

„Kin<strong>der</strong>- und Jugendrepubliken sind keine isolierten Einrichtungen, son<strong>der</strong>n<br />

Teil von größeren und umfassenden politischen, sozialen und kulturellen Reformbewegungen“<br />

(S. 43). Im engeren Sinne sind die autonomen Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendheime „Teil des sozialpädagogischen Zweigs <strong>der</strong> reformpädagogischen<br />

Bewegung“ (S. 43). Reformpädagogik, Strafreform und die Kritik <strong>der</strong> kasernenartigen<br />

Anstaltsdisziplin sind die Bezugspunkte <strong>der</strong> Entinstitutionalisierung.<br />

So weist <strong>Kamp</strong> darauf hin, daß z. B. S. Bernfeld eine Kombination <strong>der</strong><br />

positiven Elemente <strong>der</strong> drei Einrichtungen (Kaserne, Familie, Republik) vorgenommen<br />

habe. (vgl. S. 53)<br />

Methodisch geht es <strong>Martin</strong> <strong>Kamp</strong> um eine Durchdringung <strong>der</strong> Oberfläche<br />

<strong>der</strong> Proklamationen. Zentral ist das Aufspüren latenter Zusammenhänge. Allerdings:<br />

„Lei<strong>der</strong> lassen sich die Erziehungsziele und die tatsächlich herrschende<br />

Atmosphäre oft nur schwer feststellen, denn <strong>aus</strong>drücklich und <strong>aus</strong>führlich<br />

<strong>aus</strong>formulierte Ziele findet man nur selten, und die Atmosphäre, <strong>der</strong><br />

Geist, die Haltung o<strong>der</strong> Stimmung läßt sich <strong>aus</strong> einem schriftlichen Text oft<br />

nur mühsam (wenn überhaupt) erschließen.“ (S. 67) Zum Verfahren <strong>der</strong> Interpretation<br />

merkt er daher an: „Der gefühlsmäßige und anfänglich kaum begründbare<br />

Eindruck war hier (in <strong>der</strong> Kritik) weit<strong>aus</strong> schneller und im allgemeinen<br />

sehr treffend. Erst nach einiger Analyse ließ sich dieser Eindruck<br />

dann nachträglich anhand des Textes auch konkreter verifizieren.“ (S. 67<br />

Anm. 44)<br />

Der Verfasser macht hier auf einen grundlegenden Sachverhalt <strong>der</strong> Unterscheidung<br />

zwischen dem Tatsächlichen und dem Proklamierten für die hermeneutische<br />

Analyse aufmerksam. Denn jede Proklamation, jede Zielbeschreibung<br />

sagt mehr, als sie sagen will. Die in ihr enthaltenen Übertreibungen,<br />

Glättungen und Idealisierungen verweisen auf einen intuitiv aufgenommenen<br />

Wi<strong>der</strong>spruch, <strong>der</strong> sich als Zweifel festsetzt. Entscheidend ist, daß<br />

<strong>Martin</strong> <strong>Kamp</strong> sich verpflichtet, diesen intuitiven Verdacht nicht als bloßen<br />

Ideologieverdacht zu äußern, son<strong>der</strong>n am Text in den wie<strong>der</strong>holten hermeneutischen<br />

Operationen des Wie<strong>der</strong>lesens, Prüfens, Vergleichens und<br />

Schlußfolgerns <strong>aus</strong>zuweisen.<br />

Dabei geht es ihm um eine Erfassung <strong>der</strong> Bedingungen von Selbstregierung,<br />

o<strong>der</strong> auch: Autonomie in <strong>der</strong> Erziehung. Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> im<br />

darauffolgenden Kapitel durchgeführten Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Positionen<br />

F. W. Foersters u. a. formuliert <strong>Kamp</strong> daher die Rahmenbedingungen <strong>der</strong><br />

Aufrichtigkeit, Gegenseitigkeit und Freiheit im Ethos des Erziehers, um<br />

Selbstregierung zu ermöglichen: „Alle Arten von Intoleranz, Tabus, moralischem<br />

Druck, Überredung, offener und versteckter Drohung ..., die gezielte<br />

Ausnutzung intellektueller o<strong>der</strong> gruppendynamischer Überlegenheiten, Lächerlichmachen<br />

an<strong>der</strong>er Ansichten und überhaupt alles, was die möglichen,<br />

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