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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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vermuten. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet aber die von Monsignore<br />

Carroll-Abbing geleitete Kin<strong>der</strong>republik in Rom (Siehe Kapitel 21, 22, 23).<br />

Wenn die menschliche Natur gut ist, dann sind alle schlechten Handlungen<br />

nicht naturbedingt, son<strong>der</strong>n umwelt- und kulturbedingt. Man kann dann<br />

den angeborenen, guten, natürlichen Antrieben und Bedürfnissen vertrauen<br />

(Triebbejahung), muß ihnen freie Entfaltung und Befriedigung ermöglichen<br />

und sie vor Verfälschung, Verbiegen, vor Hemmnissen und äußerem Zwang<br />

schützen. Die Hauptaufgabe <strong>der</strong> Erziehung ist dann <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Freiheit<br />

des (durch gute, natürliche innere Antriebe und Instinkte gesteuerten) Menschen<br />

gegen jegliche äußere Triebunterdrückung, Charakterformung, Konvention,<br />

gegen Zwang und Moralisieren aller Art.<br />

Dem eigentlichen Leben braucht - vom Prinzip her - keine spezielle pädagogische<br />

Lebensvorbereitungs- und Erziehungsphase vorangestellt zu werden.<br />

Zwar muß auch hier das Kind lernen, doch kann dies wegen <strong>der</strong> angeborenen<br />

Neugierinstinkte recht naturwüchsig geschehen: das Kind wird frei <strong>aus</strong><br />

eigenem Antrieb lernen 48 und braucht nicht gewaltsam zwangsweise belehrt<br />

zu werden. Die Kindheit ist bereits Teil des wirklichen Lebens und nicht erst<br />

Vorbereitung darauf. Kindheit ist daher nicht prinzipiell unterschiedlich, Erwachsene<br />

und Kin<strong>der</strong> sind im Prinzip gleichartig, absolut gleichwertig und<br />

grundsätzlich gleichberechtigt. Bestimmte Ausnahmen sind sinnvoll, bedürfen<br />

jedoch einer schlüssigen Begründung. Für ein Autoritätsverhältnis besteht<br />

wenig Grund. Jegliche Charakterformung und jegliches Moralisieren, also das<br />

Aufzwingen frem<strong>der</strong> Vorstellungen, wird hier entrüstet und entschieden abgelehnt<br />

(das Aufzwingen, nicht die Moral!). Das Kind soll seine eigenen Vorstellungen<br />

aufgrund eigener Erfahrungen eigenständig selbst bilden, und zwar<br />

in aktiver Auseinan<strong>der</strong>setzung mit seiner Umgebung (zu <strong>der</strong> auch Erwachsene<br />

gehören), also keineswegs nur passiv durch bloßes Reifenlassen angeborener<br />

innerer Anlagen. Es soll auch keineswegs unbeeinflusst bleiben, son<strong>der</strong>n im<br />

Gegenteil möglichst vielfältig und umfassend von allen Seiten und allen Meinungen<br />

beeinflußt werden, aber niemals nur gezielt einseitig (manipulierend).<br />

Eine Selbstregierung beginnt hier nicht mit einer Phase ordnen<strong>der</strong> offener<br />

Erziehermacht, son<strong>der</strong>n mit einer Phase fast unbegrenzter Freiheit, die (bei an<br />

einseitige Erziehermacht gewöhnten erzogenen Kin<strong>der</strong>n) anfangs regelmäßig<br />

zum Chaos führt (zum Austesten <strong>der</strong> Echtheit des ungewohnten Freiheitsspielraums)<br />

und von da langsam (und sehr mühsam) zur Entstehung und<br />

Festlegung gemeinschaftlich akzeptierter Regeln, die die allen unangenehme<br />

Unordnung beseitigen sollen.<br />

Die Erzieher sind dabei keineswegs überflüssig, sie müssen gezielt und bewußt<br />

Einfluß nehmen. Aber nicht auf die Inhalte von Entscheidungen,<br />

48 Dies schließt organisierten Unterricht und Schule keineswegs <strong>aus</strong>!<br />

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