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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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4.4. Menschenbil<strong>der</strong> formen die<br />

Selbstregierungskonzepte<br />

Die Frage nach dem Wesen des Menschen ist umstritten und erscheint mir<br />

auch nicht objektiv entscheidbar. Das Wesen ist nicht direkt beobachtbar,<br />

son<strong>der</strong>n nur indirekt theoretisch erschließbar und somit von fast willkürlich<br />

wählbaren Annahmen abhängig 46 .<br />

Es ist offensichtlich, daß Menschen manchmal edle Handlungen begehen<br />

(Leben retten etc.) und manchmal auch böse Taten (Folter, Mord etc.). Beide<br />

Handlungsweisen kommen vor und es läßt sich nicht objektiv entscheiden,<br />

welche davon die eigentliche, natürliche Handlungsweise ist. Trotzdem aber<br />

muß man im täglichen Leben beim Umgang mit solchen Handlungsweisen<br />

Annahmen darüber machen.<br />

Man kann annehmen, <strong>der</strong> Mensch sei von Natur <strong>aus</strong> gut o<strong>der</strong> aber schlecht<br />

o<strong>der</strong> sowohl als auch, d. h. beides.<br />

Selbstregierungsmethoden sind von Vertretern aller drei Richtungen verwendet<br />

worden. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß sich drei recht verschiedene<br />

Auffassungen und Formen von Selbstregierung parallel zu den Annahmen<br />

über den guten, schlechten o<strong>der</strong> neutralen Menschen unterscheiden<br />

lassen.<br />

Folgendes erscheint mir logisch:<br />

Wenn die menschliche Natur böse und schlecht ist, dann sind alle guten<br />

Handlungen den äußeren Umwelt- und Erziehungseinflüssen zu verdanken.<br />

Der angeborenen menschlichen Natur und ihren Wünschen, Antrieben und<br />

(insbeson<strong>der</strong>e körperlichen, fleischlichen) Begierden ist dann gründlich zu<br />

mißtrauen, denn sie verleitet den Menschen zum Schlechten, zum Verworfenen,<br />

von äußerer Hilfe und Erlösung abhängigen Sün<strong>der</strong>. Englische Autoren<br />

sprechen hier wohl nicht nur im übertragenem Sinn von Erbsünde (original<br />

sin) und asketischer Kreuzigung des Fleisches (crucifying the flesh).<br />

Vernünftigerweise müssen die bösen natürlichen Antriebe von einer starken<br />

Autorität mit harter Hand radikal unterdrückt und bezwungen, unterworfen,<br />

kasteit und gedemütigt werden. Entwe<strong>der</strong> mit plumper direkter Ge-<br />

46 Wahrscheinlich wirken die Annahmen auch wie sich selbst erfüllende Prophezeiungen.<br />

<strong>Wer</strong> seinen Gegenüber für einen nicht vertrauenswürdigen Lumpen hält und auch dementsprechend<br />

mit ihm verfährt, dürfte leicht ebendadurch das schon vorher erwartete unfreundliche<br />

Betragen hervorrufen. Falls nicht, so weiß er doch, daß <strong>der</strong> Lump es getan<br />

hätte, wäre man selbst nicht so wachsam gewesen. Dasselbe gilt umgekehrt für die umgekehrte<br />

Annahme vom eigentlich vertrauenswürdigen Menschen. Die Vertreter bei<strong>der</strong> Annahmen<br />

werden sich dann auf tatsächliche eigene Erfahrungen stützen können, die jeweils<br />

die eigene Überzeugung bestärkt. Ein gegenseitiges Überzeugen scheint kaum<br />

möglich.<br />

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