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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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neues, pädagogisch und therapeutisch fundiertes, erstmals wirklich praktikables<br />

theoretisches Konzept. Faktisch begründete er dadurch die britische<br />

Traditionslinie (o<strong>der</strong> Schule) <strong>der</strong> vom Kinde <strong>aus</strong>gehenden freiheitlichen psychoanalytischen<br />

Heimerziehung (vgl. Kapitel 13). Die freiheitlichdemokratischen<br />

pädagogischen Überzeugungen dieser psychoanalytischen<br />

Erzieher spiegeln sich auch in ihren politischen Ansichten: Meist waren sie<br />

zugleich freiheitliche und pazifistische Sozialisten, waren Freudo-Marxisten,<br />

Adler-Marxisten, Reichianer, aber auch Anarchisten.<br />

Lanes bedeutendster Schüler ist A. S. Neill, dessen selbstregierte<br />

Summerhill-Heimschule weltbekannt wurde (vgl. Kapitel 16-18) und <strong>der</strong><br />

selbst wie<strong>der</strong> eine Anzahl von Schülern hatte. Sehr ähnlich ist die Arbeit des<br />

Lane-Nachfolgers und -Biographen W. D. Wills im Q-Camp für delinquene<br />

junge Männer und in mehreren selbstregierten Heime für Kin<strong>der</strong>, darunter<br />

Barns House (vgl. Kapitel 14 - 15). In Deutschland bezog sich Wilker im<br />

Lindenhof (dem radikalsten und bedeutendsten deutschen Reformversuch <strong>der</strong><br />

Fürsorgeerziehung <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit) auf George und Lane.<br />

Die Beschreibung weiterer selbstregierter Schulen und Heime von Lane-<br />

Schülern, Neill-Nachfolgern und -Kollegen in Großbritannien kann in diesem<br />

Buch nicht mehr erfolgen, wäre aber eine dringende Notwendigkeit: Die genauere<br />

Kenntnis <strong>der</strong> Praxis in Beacon Hill (B. u. D. Russell), Red Hill (O. L.<br />

Shaw), Kilquhanity House (J. M. Aitkenhead), Dartington Hall (B. Curry),<br />

Childscourt (J. Coleman), Kingsmuir (L. Francis) und etlichen an<strong>der</strong>en Einrichtungen<br />

britischer Lane-Nachfolger würde das Verständnis <strong>der</strong> Methode<br />

Heimselbstregierung zweifellos bedeutend verbessern.<br />

Unabhängig von <strong>der</strong> britischen Entwicklung entstand in Deutschland (und<br />

Österreich) in Jugendbewegung und Lan<strong>der</strong>ziehungsheimen (übrigens ein entfernter<br />

Sproß <strong>der</strong> frühneuzeitlichen Schulrepubliken) ein (hier nicht beschriebener)<br />

radikaler linker Flügel als eigene Traditionslinie: Freie Schulgemeinde<br />

Wickersdorf, Gustav Wyneken, Paul Geheeb und die Odenwaldschule. Das<br />

selbstregierte Kin<strong>der</strong>heim Baumgarten des stark von Wyneken beeinflußten<br />

reformpädagogischen Freudo-Marxisten Siegfried Bernfeld (Kapitel 19) ist<br />

den britischen Einrichtungen vergleichbar. Die Adler-Marxistischen Rätekommunisten<br />

Otto und Alice Rühle wirkten, <strong>der</strong> Arbeiterjugendbewegung<br />

und anarchistischen Jugendgruppen verbunden, im selben Sinn als antiautoritäre<br />

pädagogische Theoretiker <strong>der</strong> 20er Jahre (vgl. Kapitel 16.1.).<br />

Die zahlenmäßig größte Bewegung waren die <strong>Kin<strong>der</strong>republiken</strong> <strong>der</strong><br />

(jugendbewegten) sozialdemokratischen Falkenbewegung, zuerst in Österreich,<br />

ab 1927 beson<strong>der</strong>s in Deutschland (innerhalb <strong>der</strong> Organisationen SAJ<br />

und Kin<strong>der</strong>freunde). Als Ferienzeltlager und Ferienheime berühren sie die<br />

Heimerziehung nur am Rande und werden hier nicht dargestellt.<br />

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