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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Demnach hat auch Bemposta das Recht, sich alles auf <strong>der</strong> Welt anzueignen,<br />

und es verhält sich entsprechend.<br />

Bemposta versteht sich <strong>der</strong> Ideologie nach als die modellhafte ideale revolutionäre<br />

Gemeinschaft, die Kin<strong>der</strong> zu selbstbewußten Revolutionären erzieht,<br />

den Kin<strong>der</strong>n zu ihrem Recht als Könige <strong>der</strong> Welt verhilft und zugleich<br />

Modell einer zukünftigen brü<strong>der</strong>lichen und egalitären Gesellschaft ist. Familien<br />

und an<strong>der</strong>e existierende Erziehungseinrichtungen werden scharf abgelehnt,<br />

da dort die Erwachsenen die Autorität haben.<br />

„Die absolute Autorität haben hier die Kin<strong>der</strong>. Erwachsene (Lehrer, <strong>Wer</strong>kmeister) haben<br />

hier nicht einmal fachliche Autorität, son<strong>der</strong>n werden von den Kin<strong>der</strong>n nur bei<br />

Bedarf zur Beratung herangezogen.“ ... „Nicht Erwachsene erziehen in Bemposta, die<br />

‚bempostanische Stimmung‘ bringt den Kin<strong>der</strong>n <strong>Wer</strong>te und Normen bei.“<br />

(Poschkamp u. Schny<strong>der</strong> 1985: 59)<br />

Und diese Stimmung ist - laut Ideologie - geprägt von Fröhlichkeit, Wärme,<br />

Liebe, Frieden sowie begeisterter opferbereiter Zustimmung zur bempostanischen<br />

Ideologie. Es herrscht Selbstverantwortung und Selbstbestimmung in<br />

erzieherischer, schulischer und vor allem auch in wirtschaftlicher Hinsicht:<br />

Die Kin<strong>der</strong> Bempostas finanzieren sich folgerichtig selbst, die Kin<strong>der</strong> verdienen<br />

durch eigene Arbeit den gesamten Bemposta-Etat und halten sich dar<strong>aus</strong><br />

(als Könige <strong>der</strong> Welt) erwachsene Helfer als Angestellte. Bemposta ist<br />

die ideale Gemeinschaft, folglich ist Arbeit nicht Pflicht, son<strong>der</strong>n freiwillig<br />

und gern geleistete Ehre, und alle individuellen Einschränkungen zugunsten<br />

<strong>der</strong> Gemeinschaft werden ebenfalls freudig und willig geleistet: die Elf Gesetze<br />

sind verwirklicht, und niemand darf dies bezweifeln.<br />

Mit den Augen des uneingeweihten Außenstehenden betrachtet sieht <strong>der</strong><br />

ideologische Entwurf weit weniger ideal <strong>aus</strong>: Der Einzelne muß sich total <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft unterordnen, Freiheit ist nie individuell gemeint. Die Gemeinschaft<br />

ist <strong>der</strong> allerhöchste <strong>Wer</strong>t. Diese Gesellschaft ohne Individualrechte hat<br />

Züge von totalitärer Gesellschaft und totaler Institution. Dazu passen auch die<br />

Elf Gesetze. Sie machen Dinge, die prinzipiell nur freiwillig möglich sind<br />

(Glaube, Liebe, Opferbereitschaft) zur gesetzlichen Pflicht und sind geeignet,<br />

bei allen Beschwerden gegen den Beschwerdeführer gewendet zu werden: Jede<br />

Klage kann <strong>aus</strong>gelegt werden als Mangel an Opferbereitschaft, an fröhlichem<br />

Optimismus und Stärke in Schwierigkeiten, an Stolz auf die Kin<strong>der</strong>stadt<br />

o<strong>der</strong> an Liebe zu den Brü<strong>der</strong>n, letztlich: als mangelnde Zustimmung.<br />

Die ideale Gemeinschaft ist in Bemposta per Definition gegeben, und niemand<br />

darf anzweifeln, daß die (durch<strong>aus</strong> allgemein anerkannten) Ideale bereits<br />

jetzt tatsächlich in Bemposta verwirklicht sind. Je<strong>der</strong> Zweifel beweist<br />

nur, daß man sich innerlich <strong>aus</strong> <strong>der</strong> totalen Gemeinschaft gelöst hat, abtrünnig<br />

und ein Feind Bempostas geworden ist. Damit ist die öffentliche<br />

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