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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Diese Leitung geschieht nebenberuflich, neben seiner Tätigkeit als Versicherungsagent<br />

und Anwalt mit großer Kanzlei.<br />

Die Schuldirektorin in Bemposta, seine Schwester Maria Clara, ist die<br />

zweite wichtige pädagogische Leiterin Bempostas. Sie wird als stärker an ihrer<br />

privaten Sprachschule in Orense interessiert und meist ebenfalls abwesend<br />

geschil<strong>der</strong>t.<br />

Die Erziehung ist zufällig, planlos, konzeptlos und inkonsequent, schwankt<br />

zwischen Vernachlässigung und autoritären Eingriffen. Die Vernachlässigung<br />

und die mangelnde Sorge um das Wohlergehen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

kann dann mit Selbstverwaltung bemäntelt werden 664 : damit, daß diese Aufgaben<br />

großzügig den Kin<strong>der</strong>n selbst überlassen bleiben, die sie dann<br />

- angeblich - auch in idealer Form meistern.<br />

Seit dem Ende <strong>der</strong> Franco-Zeit (also seit November 1975) gab es Erzieher<br />

nur noch für die kleinen Kin<strong>der</strong>, nicht mehr für ältere Jugendliche. Die Jugendlichen<br />

blieben so sich selbst überlassen.<br />

Am besten betreut sind die Kleinen: sie werden nicht vernachlässigt, denn<br />

ihre Erzieherin Maria sorgt für sie, wenn auch gelegentlich etwas autoritär.<br />

23.4.4. Ideologie, Gesinnungskurse und Gesinnungsgerichte<br />

Die Bemposta-Ideologie 665 des Pater Silva spielt eine sehr große und verheerende<br />

Rolle. Diese Ideologie wird gelehrt, eingeübt, abgeprüft und sanktioniert.<br />

„Die Religion und Denkweise Bempostas ist das Christentum, genauer gesagt <strong>der</strong><br />

Katholizismus, das scholastische, philosophisch idealistische Weltbild.“ (Poschkamp<br />

u. Schny<strong>der</strong> 1985: 58)<br />

„Nach ca. drei Monaten Bewährungszeit wird <strong>der</strong> Neuling ideologisch von zwei<br />

Regierungsmitglie<strong>der</strong>n geprüft.“ (Poschkamp u. Schny<strong>der</strong> 1985: 61 f.)<br />

Gelegentlich hält <strong>der</strong> Gesinnungsminister, vor allem aber Pater Silva selbst,<br />

Gesinnungs- und Ideologiekurse ab. In diesen Kursen wird erst die (richtige)<br />

Ideologie erläutert und erklärt, dann werden Aufsatzthemen zu zentralen Fragen<br />

gestellt. Je<strong>der</strong> kennt bereits die richtigen formelhaften Antworten, je<strong>der</strong><br />

muß seinen Aufsatz öffentlich verlesen. Fehlerhafte Meinungen wer-<br />

664 Selbstverwaltungsansätze sind weniger Erziehungskonzept als Notlösung: „Wenn die<br />

Muchachos weniger kontrolliert sind, so deshalb, weil verantwortungsbewußte und qualifizierte<br />

Erwachsene fehlen. Je<strong>der</strong> in Bemposta wünscht sich, daß es mehr Marias gäbe,<br />

ist doch das Kin<strong>der</strong>chalet <strong>der</strong> einzige Ort, wo die Erziehung einigermaßen funktioniert.“<br />

(Poschkamp u. Schny<strong>der</strong> 1985: 110)<br />

665 Vgl. zur Ideologie Poschkamp u. Schny<strong>der</strong> (1985: 56 - 64, 89 - 91).<br />

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