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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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sehen. Einige Regierungen Bempostas kämpften vergeblich für allgemeines<br />

Umt<strong>aus</strong>chrecht.<br />

„Dann kam es hin und wie<strong>der</strong> vor, daß von einem Tag auf den an<strong>der</strong>en die im Umlauf<br />

befindlichen Coronas als ungültig erklärt wurden. Das war bitter für diejenigen, die<br />

etwas gespart hatten. Wenn man länger dabei ist, gewöhnt man sich an diese Tricks.<br />

Aber wir hatten kleine Kin<strong>der</strong> dabei“ (Poschkamp u. Schny<strong>der</strong> 1985: 151).<br />

Seit September 1978 sind für die Jugendlichen Währung und Löhne abgeschafft,<br />

Währung und Bank sind bloße Touristenattraktion geworden.<br />

Angestellte und Lehrer werden von den Geschwistern Silva bzw. in <strong>der</strong>en<br />

Sinne von ihren Beauftragten angestellt, wobei die Jugendlichen kein Mitspracherecht<br />

haben. Ebenso werden so alle wirtschaftlichen Dinge ohne die<br />

Jugendlichen geregelt. Auch die Angestellten können lediglich den Willen <strong>der</strong><br />

Silvas <strong>aus</strong>führen. Qualifizierte Arbeit in den <strong>Wer</strong>kstätten (soweit diese noch<br />

geöffnet sind) leisten nur die erwachsenen Angestellten. Eine wirkliche Berufs<strong>aus</strong>bildung<br />

findet dort nicht statt.<br />

Starke Regierungen, vor allem die Bürgermeister, weniger die Minister, haben<br />

in inneren Angelegenheiten ein gewisses Mitspracherecht, können und<br />

wollen aber gegen den Willen des Paters und seiner Geschwister <strong>nichts</strong> entscheiden.<br />

Regierungsmitglie<strong>der</strong> können nur linientreue Jugendliche werden,<br />

die wissen und wollen, was <strong>der</strong> Pater will, und sich entsprechend verhalten.<br />

Der Pater befiehlt nicht, er teilt gegebenenfalls <strong>der</strong> Regierung seine Wünsche<br />

mit, und die Regierung versucht dann, auch unpopuläre Maßnahmen gegenüber<br />

den Jugendlichen durchzusetzen, während <strong>der</strong> Pater scheinbar unbeteiligt<br />

zusieht. Die Regierung führt vor allem die Pläne des Paters <strong>aus</strong>. Wenn sie<br />

falsch entschieden hatte, revidierte <strong>der</strong> Pater (o<strong>der</strong> eher noch: die einsichtige<br />

Regierung) nachträglich die Entscheidung.<br />

Die Vollversammlung wird allgemein nur als folgenloses Spiel betrachtet,<br />

ein Rollenspiel, bei dem man die Maske des linientreuen Bempostaners aufsetzt<br />

und für kurze Zeit seine Theaterrolle spielt. Entscheidungen fällt - auch<br />

auf <strong>der</strong> Vollversammlung - die Regierung und teilt sie dann dem Volk mit.<br />

Meinungen werden hier nicht diskutiert, son<strong>der</strong>n nur auf ihre Übereinstimmung<br />

mit <strong>der</strong> unanzweifelbaren Ideologie befragt. Die Vollversammlung ist<br />

unbeliebte Pflichtübung, denn die Ineffektivität <strong>der</strong> Diskussionen dort ist allen<br />

klar.<br />

Wie die Selbstbestimmung <strong>der</strong> Jugendlichen in <strong>der</strong> alltäglichen Realität<br />

<strong>aus</strong>sieht, soll anhand <strong>der</strong> Beschreibungen eines Wahlkampfes und <strong>der</strong> zur<br />

Aufklärung eines Diebstahls angewandten Methoden beispielhaft verdeutlicht<br />

werden.<br />

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