Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Silva, können Entscheidungen fällen, die nicht mit dem Bürgermeister abgesprochen
sind. Nur die Vollversammlung hat das Recht, gegen Beschlüsse des Bürgermeisters
zu opponieren und bei schlechter Amtsführung den Bürgermeister oder einzelne Deputierte
abzuwählen.“ (Möbius 1981: 87, ähnlich 104)
Die Jugendlichen geben sich selbst ihre Gesetze:
„Heute ist das Gesetzbuch der Muchachos ein wirkliches kleines Buch geworden,
hergestellt - natürlich - in der eigenen Druckerei.“ (Möbius 1981: 107)
„Die Rechtsprechung der Kinderrepublik kennt keine Strafen für den Gesetzesbrecher.
Die Muchachos gehen davon aus, daß jede Tat ihre Ursachen und Gründe hat
und daß Rache der Gesellschaft den Gesetzesbrecher nicht ändern kann. Aus diesem
Grund haben sie das Konzept der ‚Strafe‘ durch das Konzept der ‚Hilfen‘ ersetzt.“
(Möbius 1981: 110)
„Aus der direkten Verwaltung der Republik der Kinder hat sich Silva vorsichtig zurückgezogen,
um den Jungen ein Höchstmaß an Selbstverwaltung einzuräumen. Verantwortlich
für die Republik ist zur Zeit Emilio Cid Cortizo, der Präsident. Er ist lange
Zeit Silvas Sekretär gewesen, war mit 17 Jahren der erste Direktor des Zirkus und
damit gleichzeitig jüngster Zirkusdirektor der Welt. Er hat die Verfügung über das
nicht unbeträchtliche Budget des Staates und entscheidet gemeinsam mit seinen jugendlichen
Finanzexperten über den Haushaltplan.“ (Möbius 1981: 43 - 44)
Das sind nach Möbius (1973: 69) immerhin 2,1 Millionen DM jährlich.
Die Kinder und Jugendlichen beherrschen Demokratie und Verwaltung
weitaus besser als Erwachsene es tun:
„In einer halben Stunde hat diese jugendliche Versammlung mehr erledigt als ein Berufsparlament
in mehreren Tagen. Die herkömmlichen Parlamente sind von Parteilichkeit,
destruktivem Geist und Selbstdarstellung beherrscht. Die Versammlung von
Benposta zeichnet sich durch Bescheidenheit und Kooperationsgeist aus. Dort
herrscht Eitelkeit, hier Brüderlichkeit.“ (Sana 1979: 39).
„Von Autorität halten Silva und die Muchachos nichts, von der Selbstbestimmung
der Kinder um so mehr. Entscheidend dafür ist, daß sie so früh wie möglich wirtschaftliche
Unabhängigkeit erreichen. Die Kinder sollen nicht im Abhängigkeitsverhältnis
zu den Eltern aufwachsen, sondern auch der traditionell sehr mächtigen Familienhierarchie
selbstbewußt gegenübertreten.“ ... „Schüler und Lehrer (sind) sozial
und wirtschaftlich gleichgestellt“ (Möbius 1981: 45).
„Man sieht, daß die Regierung funktioniert und daß die Autorität der gewählten
Vertreter voll anerkannt ist.
Erstaunlich, welches Arbeitspensum in der Vollversammlung in einer Stunde erledigt
wird.“ (Möbius 1981: 84)
„Die Erfahrung in Bemposta hat gezeigt, daß Kinder sehr wohl ihre eigenen Dinge
regeln können. Man muß sie nur lassen.“ (Möbius 1981: 103)
Staatsaufbau und Regierungssystem werden von den verschiedenen Autoren
sehr unterschiedlich beschrieben. Das muß nicht nur an den Autoren liegen,
vermutlich ist der Staatsaufbau Bempostas unklar und schwerlich exakt beschreibbar.
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