Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

zung. Das große Zirkuszelt in Bemposta war 1970 durch einen Kurzschluß
abgebrannt. Möbius wendet das beschriebene Durcheinander positiv:
„So führungsfreudig die Muchachos sonst sind, Schlaf-, Wohn- und Speiseräume, bis
auf die Küche, sind ihre private Sphäre, die für den Besucher nach ihrer Meinung
nicht interessant und damit tabu ist.“ (Möbius 1981: 57 - 59)
„Auf diesem Gelände muß sich niemand den Kopf über fehlende Abenteuer- oder
Bauspielplätze zerbrechen, die die verkümmerte Kreativität von Kindern anregen
sollen.“ ... „Baustellen signalisieren ständige Veränderung, fortwährende Überwindung
und Stabilisierung von bisher Improvisiertem.“ (Möbius 1981: 67)
23.1.3. Internationalität
Der vielbetonte internationale Charakter Bempostas ist stark übertrieben: Die
Portugiesen 646 sind real die größte Ausländergruppe, die allerdings in Spanien
allgemein als billige Gastarbeiter schief angesehen und in Bemposta darum
meist verschwiegen wird (Poschkamp u. Schnyder 1985: 94).
„Unter den Ausländern überwiegen vor allem die Deutschen, gefolgt von Franzosen,
Nordamerikanern, Südamerikanern und Engländern.“ (Sana 1979: 32)
Namentlich erwähnte Sana fünf Personen, mindestens zwei davon waren erwachsen:
Miguel Erimola aus Äquatorialguinea, Rüdiger B. aus Hamburg,
den 18jährigen John Greeley, außerdem José Maria Sanchez Bustos, der mit
dem Zirkus reiste und gerade sein Universitätsstudium in Psychologie abschloß,
den 29jährigen Bäcker Bempostas Angel Calvo sowie 2 gerade anwesende
Besucherinnen aus Karlsruhe (außer M. Erimola alle mit Foto).
Poschkamp u. Schnyder (1985: 101 f.): erläutern dazu:
„Außer John Greeley aus den USA, drei Muchachos aus Bogotá / Kolumbien und mir
aus der Schweiz gibt es aber keine Ausländer, nur noch zwei Muchachos, die Doppelbürger
sind, da ihre Eltern in der Emigration arbeiten und sie dort zur Welt gekommen
sind.“ (Poschkamp u. Schnyder 1985: 94)
Den dem durch das Möbius-Buch angelockten 17jährigen Rüdiger B., den
einzig genannten Vertreter der vor allem überwiegenden deutschen Nationalität,
zitiert Sana (1979: 32 f.) mit den Worten: „Das schönste ist das Zusammenleben“
... „In Hamburg hörte ich nur Kritiken, hier ist alles gemeinsam“.
„Seine Eltern haben nichts dagegen, daß er in Bemposta lebt“. Bei
Poschkamp u. Schnyder (1985: 101 f.) klingt das ganz anders: Der wegen
persönlicher Probleme ausgerissene und von den Eltern schon polizeilich gesuchte
Rüdiger B. kam Anfang des Sommers 1978 depressiv und suizid-
646 Bemposta liegt ca. 40 km von der portugiesischen Grenze entfernt.
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