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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Im Laufe des Septembers 1947 erarbeitete ein siebenköpfiges Jungenkomitee<br />

dann einen eigenen Verfassungsentwurf. Diese dritte Selbstverwaltung<br />

wurde auf einer von ihnen einberufenen Vollversammlung am 9. Oktober<br />

1947 angenommen und galt auch 1950 noch, als Zielinski seine Beschreibung<br />

abschloß. Am 13. Oktober 1947 wurden die Bürgermeister gewählt und anschließend<br />

<strong>der</strong> Jungenstadtrat gebildet. Am 27.10.1947, genau fünf Monate<br />

nach <strong>der</strong> Heimeröffnung, wurden ein Gericht, ein Strafgesetz und eine Gerichts-<br />

und Strafordnung geschaffen.<br />

Es begann eine Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Heimleitung, man diskutierte über<br />

etliche Probleme, beriet über Verbesserungen bei <strong>der</strong> Freizeitgestaltung und<br />

über Jungen, die sich nicht in die Gemeinschaft einfügten und begann eine eigene<br />

Zeitung. Doch die äußeren Formen blieben auch jetzt inhaltslos, die<br />

Amtsinhaber hatten keinerlei Aufgaben und <strong>der</strong> Eifer wurde von <strong>der</strong> Heimleitung<br />

(die auch keinerlei Erfahrung mit Selbstverwaltung hatte) nicht hinreichend<br />

gestützt. Die Jungen erschöpften sich in Diskussionen, konnten sie aber<br />

nicht in verantwortliches praktisches Handeln umsetzen und sahen bald keinen<br />

Sinn mehr in ihrer Selbstverwaltung.<br />

22.6.2.2. Zielinskis Heimübernahme und seine Prinzipien<br />

Etwa zu dieser Zeit verließ <strong>der</strong> bisherige Leiter das Heim. Neuer Heimleiter<br />

wurde zum 1.3.1948 <strong>Johannes</strong> Zielinski. Auch er hatte keinerlei Erfahrung<br />

mit <strong>der</strong> Selbstverwaltung, dies war auch kein Kriterium bei <strong>der</strong> Anstellung<br />

gewesen. Er bemühte sich von nun an, die nun einmal vorgefundene Selbstverwaltung<br />

nachträglich theoretisch und pädagogisch zu untermauern.<br />

In seiner dar<strong>aus</strong> entstandenen Dissertation versuchte Zielinski zwar eine<br />

theoretische Aufarbeitung <strong>der</strong> Selbstverwaltung in <strong>der</strong> Pädagogik, doch kamen<br />

ihm dabei die radikaleren demokratischen Konzepte nicht zur Kenntnis.<br />

Obwohl das Heim von <strong>der</strong> sozialdemokratischen Arbeiterwohlfahrt getragen<br />

wurde, kam Heimleiter Zielinski offenbar nie in Kontakt mit Ideen <strong>der</strong> riesigen<br />

sozialdemokratischen Kin<strong>der</strong>republik-Bewegung unmittelbar vor dem<br />

Krieg (ab 1927) und mußte sich stattdessen mit Selbstverwaltungs-Theorien<br />

wie denen des betont antidemokratischen katholischen Monarchisten Foerster<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kaum nennenswerten Selbstverwaltung des Paters Flanagan begnügen.<br />

Der Literaturlage entsprechend (Bibliotheken scheinen so kurz nach dem<br />

Krieg noch kaum zur Verfügung gestanden zu haben!) sind seine theoretischen<br />

Äußerungen fünfzig Jahre später kaum mehr interessant.<br />

Zielinskis Darstellung erscheint mir merkwürdig gespalten. Die theoretischen<br />

Äußerungen wirken heute seltsam veraltet und schwer verständlich,<br />

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