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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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den noch an<strong>der</strong>e Auseinan<strong>der</strong>setzungen, denn die pädagogische Ausrichtung<br />

<strong>der</strong> neuen Jungenrepublik bei Rom unterschied sich sehr deutlich von <strong>der</strong> bei<br />

Civitaveccia. Dieser Unterschied wird nicht thematisiert o<strong>der</strong> auch nur angedeutet<br />

(o<strong>der</strong> deutlicher: wird verschwiegen!), ist aber durch den Vergleich<br />

unterschiedlicher Darstellungen zweifelsfrei zu belegen 599 .<br />

Auf eine kurze Formel gebracht: Civitaveccia lehnt sich stark an die George<br />

Junior Republic an, es tauchen auch dieselben Begriffe und Formeln auf<br />

(Dorf wie jedes an<strong>der</strong>e; wer nicht arbeitet soll nicht essen; 600 arbeiten o<strong>der</strong><br />

hungern). Die Erziehungsprinzipien <strong>der</strong> Republik bei Rom dagegen sind dieselben<br />

wie die von H. Lane, W. D. Wills etc. Der Unterschied wird symbolisch<br />

sichtbar im Namen <strong>der</strong> eigenen Währung: In Civitaveccia heißt die<br />

Währung Merits (was stark nach Tugendpunkten und moralischer Auszeichnung<br />

klingt und auch ebendiese moralerzieherische Funktion hat), in Rom dagegen<br />

Scudo (eine alte italienische Münze, ein banales T<strong>aus</strong>chmittel).<br />

Die berühmte und ebenfalls von katholischen Priestern geführte Kin<strong>der</strong>republik<br />

Boys' Town kann - entgegen an<strong>der</strong>en Behauptungen - nicht das Vorbild<br />

gewesen sein (vgl. Kapitel 21.) 601 .<br />

1951 kaufte Carroll-Abbing Land etwa 10 km vom Rom entfernt zwischen<br />

Weinbergen und Pfirsichplantagen, ließ Brunnen bohren und Bäume pflan-<br />

Der Orden berief schließlich 1955 Rivolta nach Rom ab, und Carroll-Abbing mußte die<br />

Republik völlig an den Orden übergeben und verlassen, blieb jedoch im Vorstand<br />

(Board) als Vertreter <strong>der</strong> weiterhin bezuschussenden Boys' Towns of Italy (vgl. Carroll-<br />

Abbing 1965: 221).<br />

599 Die Beschreibung <strong>der</strong> Jungenstadt zwischen Santa Marinella und Civitaveccia folgt den<br />

Berichten von Brosse (1950a), Elias (1950) und vor allem Zielinski (1950), nebenbei<br />

auch Bayer (1951) und Rotten (1954). Die dort angeführten Erziehungsgrundsätze folgen<br />

den (stimmig zueinan<strong>der</strong> passenden) Ausführungen Rivoltas (in Brosse 1950a: 5 f., 51)<br />

und des Erziehungsleiters Goens, decken sich aber keineswegs mit denen Carroll-<br />

Abbings in Rom, die von Carroll-Abbing (1965) und Huber (1990) dargestellt werden.<br />

Denkbar wäre auch irgendein Zusammenhang <strong>der</strong> Streitigkeiten mit dem Ausscheiden<br />

des Erziehungsleiters Goens (ging 1950 o<strong>der</strong> früher nach Brüssel). Die Tatsache, daß<br />

Carroll-Abbing in seiner Autobiographie Don Rivolta (seinen engen Mitarbeiter und<br />

Mitgrün<strong>der</strong> des Shoeshine-Hotels und <strong>der</strong> Jungenstadt) und dessen deutlich an<strong>der</strong>sgeartetes<br />

Konzept fast völlig verschweigt, legt die Vermutung persönlicher Streitigkeiten nahe.<br />

600 „Es gilt <strong>der</strong> Grundsatz ‚<strong>Wer</strong> nicht arbeitet, hat auch kein Recht zu essen‘.“ (Bayer 1951:<br />

315; ganz ähnlich auch bei Carroll-Abbing selbst (1965: 184).<br />

601 „Nach dem Beispiel <strong>der</strong> Jungenstadt Father Flanagans“... (Bayer 1951: 313) „Diese Bubenstadt<br />

ist ganz nach dem Muster <strong>der</strong> amerikanischen ‚Boys Town‘ Father Flanagans<br />

aufgebaut.“ (Bayer 1951: 314) Von einer Beschäftigung mit Flanagan ist bei Carroll-<br />

Abbing (1965) <strong>nichts</strong> zu merken. Allerdings veröffentlichte er 1951 ein Buch über die<br />

Jungenstadt von Father Flanagan. Es erschien nur in italienisch, mit Vorwort von<br />

[Kardinal] Giuseppe Pizzardo und italienisierten Verfasser-Vornamen: Giovanni Patrizio<br />

Carroll-Abbing: La Città dei Ragazzi di Padre Flanagan. Roma: ED. AVE 1951.<br />

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