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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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–ein industrielles (=Handwerker-) Dorf (genannt wird Töpferei).<br />

– ein Ackerbauerndorf bzw. die Farm, um Berufe wie Landarbeiter und Melker<br />

zu lernen. In diesem Dorf lebten 1950 um 400 Jungen.<br />

– ein Fischerdorf mit Bootsbau, Fischen, Netzflickerei sowie einem kleinem<br />

Hafen. Das Dorf mit Pier und Hafen war 1950 fast fertiggestellt.<br />

Zusammen bildeten die Dörfer dann die Jungen-Republik.<br />

Weil die UN-Flüchtlingshilfe <strong>aus</strong>lief, unternahm Carroll-Abbing im späten<br />

Frühling 1947 und erneut 1949 Spendenwerbereisen in die USA. Dort gründete<br />

er Unterstützungskomitees für die in Boys' Republic of Civitaveccia umbenannte<br />

Jungenrepublik Tor Marangone. Er gründete dort außerdem die<br />

Boys' Towns of Italy INC als Unterstützerorganisation für seine geplanten<br />

neuen Kin<strong>der</strong>dörfer.<br />

Von Anfang an wurden die Jungen zur Wahl eines Bürgermeisters und einer<br />

eigenen Versammlung ermuntert, die alle täglichen Probleme und Bedürfnisse<br />

<strong>der</strong> Bürger besprechen und dann darüber beschließen sollte. Je<strong>der</strong><br />

Einzelne sollte eine bestimmte, verantwortungsvolle Aufgabe im Rahmen dieser<br />

Dorfgemeinschaft erhalten. Die Jungen wußten auch, daß die ruinierten<br />

Gebäude nur durch ihre aktive Mithilfe bewohnbar gemacht werden konnten.<br />

Das Dorfleben in Santa Marinella war familienartig592 strukturiert. Viele<br />

hatten bisher nie eine Familie gehabt o<strong>der</strong> hatten sie verloren o<strong>der</strong> wurden<br />

verlassen, und gerade deshalb sollten sie ein gutes (warmes) Familienleben<br />

erfahren. Je<strong>der</strong> Junge konnte weglaufen und ohne Furcht vor Bestrafung zurückkehren.<br />

Doch trotz <strong>der</strong> betonten Familienorientierung erinnert die Jungenstadt stark<br />

an die George Junior Republic:<br />

„Es soll ein vollständiges Dorf sein mit allen Erscheinungen des Dorflebens - einem<br />

Gerichtshof und einem Gemein<strong>der</strong>at, einer Kirche, einer Bank, einem Restaurant und<br />

einem Laden - und die gesamte Verwaltung soll in den Händen <strong>der</strong> Jungen selbst liegen.“<br />

(Elias 1951: 162)<br />

„Die Innere Organisation dieser Bubenstädte ist von ähnlichen Bestrebungen in<br />

Deutschland her bekannt.“ ... „Die Schlafstätten heißen Hotel, <strong>der</strong> Speisesaal Restaurant<br />

o<strong>der</strong> Kantine, die Insassen nennen sich Bürger <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>republik. Ihrer Frühreife,<br />

zu <strong>der</strong> sie als verwahrloste Straßenjugend allgemein gekommen sind, wird dadurch<br />

Rechnung getragen. Sie haben eine Gemeindeversammlung, in <strong>der</strong> alle Bürger <strong>der</strong><br />

Republik stimmberechtigt sind, und eine Selbstverwaltung mit Bürgermeister, Richter,<br />

Polizeichef und Stadtrat. Diese Ämter werden in <strong>der</strong> Stadtverwaltung durch Wahl<br />

bestimmt und wechseln jeden Monat.“ (Bayer 1951: 314)<br />

592 Das war vor dem Krieg unüblich und wurde daher in <strong>der</strong> Nachkriegszeit oft hervorgehoben.<br />

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