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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Die traditionelle Anstalt versucht, durch Unterwerfung unter eine alles erzwingende<br />

und kontrollierende Umgebung einen Menschen zum erfolgreichen<br />

Wie<strong>der</strong>eintritt in eine ganz an<strong>der</strong>s geartete Gesellschaft vorzubereiten.<br />

Durch Arbeitszwang soll Fleiß erzeugt und an regelmäßige Arbeit gewöhnt<br />

werden. Die zwangsweise Entfernung je<strong>der</strong> Versuchung soll Tugendhaftigkeit<br />

stärken. Die Unterwerfung unter autokratische Herrschaft soll auf das zukünftige<br />

Leben als guter Bürger im demokratischen Gemeinwesen vorbereiten,<br />

und die Abschaffung je<strong>der</strong> Wahlmöglichkeit soll die Eigeninitiative för<strong>der</strong>n.<br />

Die traditionelle Anstalt gewöhnt an Unselbständigkeit und kritiklose<br />

Unterordnung und zwingt zur Ausführung auch <strong>der</strong> unsinnig o<strong>der</strong> gar töricht<br />

34 erscheinenden Anordnungen. Dadurch wird die - eigentlich im Idealtyp<br />

nicht vorhandene - Willkürherrschaft doch möglich. Verbunden damit ist<br />

die Gefahr, daß entlassene Zöglinge sich auch draußen beliebiger frem<strong>der</strong><br />

Willkürherrschaft kritiklos und unbedingt unterordnen.<br />

So durch falsche Erziehung von Zwang und äußerer Kontrolle abhängig<br />

gemacht, wird <strong>der</strong> Anstaltszögling in eine freie Gesellschaft ohne all<br />

diese verhaltensstützenden Zwänge entlassen. Er steht den auf ihn einstürzenden<br />

vielfältigen Wahlmöglichkeiten und Versuchungen unvorbereitet und<br />

hilflos gegenüber. Die Anstalt hat den guten Insassen erzogen, nicht den guten<br />

Bürger. Als Rückfälliger kehrt er wahrscheinlich bald in die vertraute<br />

Umgebung zurück, wo er weiterhin falsch erzogen wird.<br />

3.4. Das entinstitutionalisierte Erziehungsheim als<br />

Alternative zur Anstalt<br />

Um pädagogisch erfolgreich zu sein, muß die Anstalt ihren typischen<br />

Zwangscharakter, den Anstaltscharakter, verlieren, muß entinstitutionalisiert<br />

35 werden. Dies ähnelt übrigens den For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> letzten Jahre nach<br />

entschulten Schulen, antipsychiatrischer Psychiatrie, antipädagogischer Pädagogik<br />

und unbürokratischen Bürokratien. Holl (1971) nennt all dies antiinstitutional<br />

institutions.<br />

Es soll nicht mehr <strong>der</strong> zum Anstaltsleben taugliche gute Insasse trainiert<br />

werden, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> für das Leben in <strong>der</strong> Freiheit taugliche gute Bürger. Weil<br />

nur das Leben in Freiheit die Menschen zur Freiheit befähigt, ebenso<br />

34 Lane erwähnt einmal das pflichtgemäße Rasensprengen nach einem heftigem Regen.<br />

35 Vgl. zu dieser Argumentation Holl (1971: 252 - 167).<br />

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