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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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20.7.2. Disziplin und Strafe<br />

Makarenko polemisierte im Poem scharf und sehr p<strong>aus</strong>chal und undifferenziert<br />

gegen die Pädologie und verlachte ihre Vorstellungen. Dabei wurde er<br />

nie deutlich und konkret, die Angegriffenen waren wohl zu mächtig. Die Damenpädagogik<br />

meinte wohl Krupskaja und die Pädologie, die Olympier im<br />

Pädagogischen Olymp das Volksbildungsministerium.<br />

Der im Frühling 1922 von ihm festgestellten theoretischen Leere in <strong>der</strong><br />

pädagogische Wissenschaft 541 stellte er seine eigenen Thesen entgegen: Im<br />

Poem zitiert er seinen am 15. und 16.4.1922 vor <strong>der</strong> Lehrerversammlung im<br />

Stadttheater gehaltenen Vortrag über Disziplin. Dort:<br />

„hatte ich mir erlaubt, die damals allgemein geltenden Anschauungen anzuzweifeln,<br />

daß man durch Strafe lediglich Sklaven erziehe, daß man dem Schöpferischen im<br />

Kinde unbegrenzt freien Spielraum gewähren und sich vor allem auf die Eigenorganisation<br />

und Selbstdisziplin <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> verlassen müsse. Ich erlaubte mir, dem die für<br />

mich unzweifelhaft richtige Behauptung entgegenzustellen: Solange noch kein Kollektiv<br />

und keine Organe des Kollektivs geschaffen sind, solange es we<strong>der</strong> Traditionen<br />

gibt noch die elementaren Arbeitsgepflogenheiten und Verhaltensweisen des täglichen<br />

Lebens anerzogen sind, hat <strong>der</strong> Erzieher das Recht, Zwang <strong>aus</strong>zuüben, und darf nicht<br />

auf dieses Recht verzichten. Ich behaupte ferner, daß die gesamte Erziehung des Kindes<br />

nicht auf sein persönliches Interesse abgestellt sein darf und daß die Erziehung<br />

zum Pflichtbewußtsein oft im Wi<strong>der</strong>spruch zu diesem Interesse steht, zumindest zu<br />

dem, wie das Kind dieses Interesse auffasst. Ich verlangte die Erziehung eines abgehärteten,<br />

kräftigen Menschen, <strong>der</strong> auch eine unangenehme und langweilige Arbeit<br />

verrichten kann, wenn sie im Interesse des Kollektivs notwendig ist. Ich trat für die<br />

Bildung eines starken, begeisterungsfähigen und, wenn nötig, auch harten Kollektivs<br />

ein, und nur auf ein solches Kollektiv setze ich meine ganze Hoffnung. Meine Gegner<br />

hielten mir immer wie<strong>der</strong> die Axiome <strong>der</strong> Pädologie vor und machten das Kind zum<br />

Mittelpunkt <strong>der</strong> Welt.<br />

Ich war schon darauf gefasst, daß man die Kolonie bald ‚zumachen‘ würde.“<br />

(Makarenko 1970: 140 f.)<br />

Sich selbst sah Makarenko als Pragmatiker und Macher. Er setzt guten Gewissens<br />

auf harte Strafen und Strafdrohungen:<br />

„ Ohne Strafe kann ich nicht erziehen, diese Kunst müssen Sie mir erst beibringen.“<br />

(Makarenko 1970: 388)<br />

541 „Wieviel Bücher, wieviel Papier, wieviel Ruhm! Und dabei völlige Leere. Nichts! Nicht<br />

einmal mit einem Rowdy kann man fertigwerden, keine Methode, kein <strong>Wer</strong>kzeug, keine<br />

Logik - einfach <strong>nichts</strong>. Man kommt sich vor wie ein Scharlatan.“ (Makarenko 1970: 119)<br />

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