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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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genschaften (Lenkung, Kontrolle, Beeinflussung) in den noch nach Plan herzustellenden<br />

zukünftigen neuen Menschen umgewandelt werden soll. Makarenko<br />

fasst dies häufig in militärische Begriffe wie Gefechtsaufklärung, Angriff,<br />

Überraschungstaktik, Frontalangriff, Umgehung, Eroberung, Explosion<br />

etc. Auch Strafe kann dabei vorkommen, aber als untergeordnete Methode,<br />

nicht als Haupterziehungsmittel.<br />

Es geht um Erziehung zum Gehorsam (nicht zum Ungehorsam wie bei Lane,<br />

Wills und Neill). Je<strong>der</strong> Konflikt wird primär als ein Macht- und Autoritätskonflikt<br />

behandelt, nicht primär als Sachproblem (wie bei den psychoanalytischen<br />

Selbstregierungs-Praktikern), die Tatsache des Ungehorsams, <strong>der</strong><br />

Mißachtung <strong>der</strong> Disziplin und Autorität an sich wird als viel schlimmer gewertet<br />

als die tatsächlichen eigentlichen Tatfolgen (wie unerledigte Arbeiten<br />

etc., vgl. Makarenko 1974: 67). Ein Konflikt kann nur durch Unterdrückung,<br />

Unterwerfung o<strong>der</strong> Trennung (Hin<strong>aus</strong>wurf) enden: love it or leave it!<br />

Der Erzieher for<strong>der</strong>t nicht die bloße Befolgung seiner Einzel-Befehle<br />

(passiven Gehorsam), son<strong>der</strong>n die Übernahme <strong>der</strong> gesamten Erziehungsziele,<br />

die aktive Zustimmung zum Zielsystem: sie müssen (!) freiwillig (!) wollen<br />

(!).<br />

Die Jugendlichen müssen (durch Belehrung, Belohnung, Diskussion, Erlebnisse,<br />

Einsicht) die Notwendigkeit <strong>der</strong> (unumstößlich vorgegebenen) Disziplin,<br />

Sitte, Moral, Tugend, Ehre, des Gehorsams nachvollziehen, einsehen,<br />

verinnerlichen, und sie in Zukunft freiwillig 528 <strong>aus</strong> eigener Einsicht und<br />

(nun) eigenem inneren Antrieb, <strong>aus</strong> dem Selbstgefühl als freier Bürger o<strong>der</strong><br />

Kommunarde her<strong>aus</strong> als eigene For<strong>der</strong>ung an sich selbst und an an<strong>der</strong>e aktiv<br />

und froh vertreten. Nur parallel zum Fortschritt dieser Erziehung kann und<br />

muß ihnen zunehmend Selbstverwaltung gewährt werden, jeweils gerade so<br />

weit, wie die Erziehungsfor<strong>der</strong>ungen schon etabliert sind, so daß sie nicht<br />

mehr vom Erzieher selbst durchgesetzt werden müssen, son<strong>der</strong>n dies den Jugendlichen<br />

selbst übertragen werden kann.<br />

Beide wollen die Selbstverwaltung lediglich als Mittel <strong>der</strong> Disziplinierung<br />

und Moralerziehung einsetzen, als Mittel zur Verstärkung des Erziehereinflusses,<br />

aber auf gar keinen Fall zur Etablierung einer demokratischen Selbstregierung,<br />

zur Entwicklung und Praktizierung unabhängiger eigener Vorstellungen<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen.<br />

W. R. George und seine Junior Republic (vgl. Kapitel 10) waren, auch<br />

wenn sie heute vergessen sind, in den Jahren um den Ersten Weltkrieg herum<br />

international äußerst populär, sowohl in Fachkreisen wie auch (wegen des<br />

Sensationseffektes eines Kin<strong>der</strong>staates) in <strong>der</strong> breiteren Öffentlichkeit. Die<br />

Junior Republics (einschließlich des Little Commonwealth in England)<br />

528 Vgl. hierzu auch die Rousseau-Zitate in Kapitel 5.<br />

508

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