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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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„Wie weit Makarenkos Übereinstimmung mit den amtlich vertretenen pädagogischen<br />

Grundsätzen in den ersten Jahren reichte, geht <strong>aus</strong> einem Bericht über die Bildungsarbeit<br />

in <strong>der</strong> Kolonie vom Anfang des Jahres 1923 hervor, in dem er sich zum<br />

‚Komplex-System‘ bekennt, das er später ebenfalls ablehnte: Der Inhalt <strong>der</strong> Bildungsarbeit<br />

wird durch das kindliche Interesse bestimmt ... Wir haben auf einen festen<br />

Lehrplan, auf sogenannte Stundentafeln, auf die Einteilung nach Lehrfächern, auf einen<br />

Stundenplan verzichtet ... und mit ruhigem Gewissen alles beiseite geworfen, was<br />

wir noch von <strong>der</strong> alten Schule mitgeschleppt hatten“ (Anweiler 1963: 275, zitierend<br />

<strong>aus</strong> <strong>Wer</strong>ke, Ergänzungsband: 24 f.).<br />

Auch Makarenkos Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Feindschaft des Volksbildungskommissariats<br />

gegen seine Arbeit erscheint stark übertrieben: man war froh über die<br />

besser funktionierenden Kolonien (zu den Zuständen <strong>der</strong> schlechteren siehe<br />

Kapitel 20.3.4.) und unterstellte 1923 die Gorki-Kolonie als Versuchs- und<br />

Musteranstalt (!) direkt dem ukrainischen Volkskommissariat für das Bildungswesen.<br />

Makarenko wurde zum fünfjährigen Bestehen beson<strong>der</strong>s gelobt<br />

und <strong>aus</strong>gezeichnet, und auf einer Konferenz <strong>der</strong> ukrainischen Anstalten für<br />

Schwererziehbare im Januar 1926 trat er mit dem Vortrag Die Organisation<br />

<strong>der</strong> Erziehung schwieriger Kin<strong>der</strong> (<strong>Wer</strong>ke VII: 426 - 428) beson<strong>der</strong>s hervor<br />

(vgl. Anweiler 1963: 275; Nezinskij 1969: 64).<br />

Auf dieser Konferenz 518 wurde <strong>der</strong> in je<strong>der</strong> Hinsicht schlechte Zustand <strong>der</strong><br />

Kolonien beklagt, vor allem, daß es keine genauen Richtlinien gebe, nach denen<br />

erzogen werden könne. Als eine <strong>der</strong> wenigen Ausnahmen wurde die<br />

Gorki-Kolonie genannt, interessanterweise aber mit einer deutlich gespaltene<br />

<strong>Wer</strong>tung:<br />

Makarenko wurde als Mann mit außergewöhnlichen Fähigkeiten gelobt und<br />

die Gorki-Kolonie als die vielleicht beste Kolonie <strong>der</strong> gesamten Ukraine bezeichnet,<br />

als vorbildlicher und bester Repräsentant <strong>der</strong> Arbeitserziehung, als<br />

mustergültig geführte Arbeitskolonie, als die einzige Kolonie <strong>der</strong> Ukraine, die<br />

über eine wirklich gut funktionierende Wirtschaft verfügt. Ebenso wurde die<br />

straffe Disziplin und mitreißende Begeisterung für die Arbeit und die auf <strong>der</strong><br />

Arbeit als Hauptlebensinhalt aufbauende Zöglingsselbstverwaltung lobend<br />

betont und <strong>der</strong> Kolonie bescheinigt, daß jugendliche Verbrecher dort tatsächlich<br />

erfolgreich grundlegend umerzogen wurden und daß die dort erzogenen<br />

Jugendlichen hinterher tatsächlich beruflich einsatzfähig und vermittelbar seien,<br />

beides im Gegensatz zu den Abgängern sehr<br />

518 Der später in München lebende ukrainische Erziehungswissenschaftler Professor<br />

Hryhorij Vascenko, 1926 Leiter des Lehrstuhls für Pädagogik an <strong>der</strong> Fakultät für Sozialerziehung<br />

des Instituts für Volksbildung (INO) Poltawa, veröffentlichte im Februarheft<br />

1926 in <strong>der</strong> Zeitschrift des Volksbildungsministeriums einen detaillierten Bericht<br />

über die am 15/16. Januar 1926 von <strong>der</strong> Volksbildungs-Inspektur des Bezirks Poltawa<br />

veranstaltete Konferenz <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>heime des Bezirks. In dieser Kin<strong>der</strong>heimkonferenz<br />

spielte Makarenko eine her<strong>aus</strong>ragende Rolle, und Hillig 1979 zitiert sehr<br />

<strong>aus</strong>führlich <strong>aus</strong> diesem Bericht.<br />

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