09.12.2012 Aufrufe

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

– Statt eines bestimmten Verhaltens sollte die psychologisierte Erziehung<br />

eher allgemeine innere Einstellungen und Haltungen erzeugen und innerlich<br />

verankern. Dem können äußere Regeln, zumindest vorübergehend, geopfert<br />

werden. Nicht durch Strafangst und Verhaltenszwang, son<strong>der</strong>n durch<br />

positives Motivieren, Begreifen durch wirklich innere Einsicht in Sinn und<br />

Zweck sollen Selbst-Disziplin, Selbst-Zucht, Selbst-Verantwortung des<br />

durch Einsicht und Gewissen innengeleiteten Menschen erzeugt werden.<br />

– Dem Kind wird grundsätzlich stärkere Zuwendung entgegengebracht. Seinen<br />

nun meist positiv bewerteten Antrieben wird jetzt stärker vertraut, die<br />

Antriebe sollen durch kreative und selbsttätige Äußerungen <strong>aus</strong>gedrückt<br />

werden. Man baut auf den inneren Tätigkeitsantrieb des Kindes, auf Neugier,<br />

Interesse, die freiwillige aktive Lernmotivation und das selbstgesteuerte<br />

Lernen <strong>aus</strong> eigener Erfahrung. Die Wünsche, Bedürfnisse, Fragen,<br />

Meinungen des Kindes werden ernstgenommen, weniger leicht als autoritäts-<br />

und ordnungswidrig verurteilt, verboten, unterdrückt, son<strong>der</strong>n weitestgehend<br />

akzepiert und zu befriedigen versucht. Genau umgekehrt wie früher<br />

werden jetzt Rechte <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Pflichten <strong>der</strong> Erwachsenen hervorgehoben,<br />

nicht das Befehlsrecht und die Gehorsamspflicht. Nun steht man<br />

dem Kind weniger autoritativ o<strong>der</strong> autoritär befehlend und for<strong>der</strong>nd gegenüber,<br />

son<strong>der</strong>n eher einfühlsam-verständnisvoll, freundlich, gütig, gewährend<br />

und mit Sympathie und Achtung.<br />

– Eine kameradschaftlich-vertraulich-familiäre persönliche Beziehung zwischen<br />

Erzieher und Kind wird oft betont. Beide begegnen sich von Mensch<br />

zu Mensch statt als Träger <strong>der</strong> befehlenden Lehrerautorität und als gehorsamsunterworfener<br />

Schüler. Die unbedingte Autoritäts- und Herrschaftsposition<br />

des Lehrers <strong>der</strong> alten Zwangsschule, <strong>der</strong> auf erhöhtem Kathe<strong>der</strong><br />

und auf einem achtungs- und distanzgebietenden Piedestal <strong>aus</strong> formellem<br />

Respekt, steifen Umgangsformen (Herr Lehrer, Sir), strikter Unterordnung<br />

und formaler Disziplin steht, wird abgeschafft, beson<strong>der</strong>s bei den Kameradenlehrern<br />

<strong>der</strong> Lebensgemeinschaftsschulen (dazu Schmid 1973). Bei kameradschaftlichem<br />

Stil nimmt das Gefälle zwischen Erzieher und Kind<br />

stark ab, man begegnet einan<strong>der</strong> unautoritär und gleichberechtigt auf gleicher<br />

Ebene und nennt einan<strong>der</strong> meist du und beim Vornamen30 . Kritik und<br />

Mißfallen kann hier auch von den Kin<strong>der</strong>n geäußert werden. Statt zu befehlen<br />

gibt <strong>der</strong> kameradschaftliche Erzieher o<strong>der</strong> Lehrer Hinweise, Ratschläge<br />

und Hilfen und läßt die Kin<strong>der</strong> weitgehend selbst entscheiden und bestimmen.<br />

Selbstregierung in selbstregierten Republiken kann aufgefasst werden als auf<br />

Erfahrungslernen beruhende selbsttätige o<strong>der</strong> selbstbestimmte Regelung<br />

30 Dies ist durch<strong>aus</strong> ein Programmpunkt (etwa bei Kanitz) und wurde (bis heute) mit Ministererlassen<br />

entschieden bekämpft.<br />

45

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!