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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Die Arbeitsteilung war primär eine instinktiv praktizierte, praktische Notwendigkeit,<br />

sie wurde aber auch zum Konzept: Auch die spärliche Hilfe von<br />

außen wurde<br />

„absichtlich so geleistet, daß für die Kin<strong>der</strong> doch <strong>der</strong> Grundsatz klar bleibt: es fällt<br />

<strong>nichts</strong> vom Himmel herab.“ (Astermann 1922: 19)<br />

Kin<strong>der</strong>häuser wurden vor allem in großen und nun leerstehenden Häusern <strong>der</strong><br />

ehemaligen Oberschicht eingerichtet (genannt werden Paläste in Odessa,<br />

Poltawa, Charkow, Taganrog, Nikolajew und Tschernigow), so daß in den<br />

Villenvierteln buchstäblich eine Art konzentrierter Kin<strong>der</strong>städte <strong>aus</strong> konfö<strong>der</strong>ierten<br />

Kin<strong>der</strong>häusern entstanden, die gemeinsam Hilfsanstalten betrieben:<br />

Waschhäuser, Küchen, Badehäuser, Bibliotheken etc. und auch Nahrungsmittel-<br />

und Brennmaterialbeschaffung (vgl. Astermann 1922: 22)<br />

Man kann also begründet vermuten (und dies wäre für die Bewertung <strong>der</strong><br />

Arbeit Makarenkos sehr interessant), daß in <strong>der</strong> Ukraine in <strong>der</strong> reformpädagogischen<br />

frühsowjetischen Periode eine ganz erhebliche Anzahl von <strong>Kin<strong>der</strong>republiken</strong><br />

existiert haben. Makarenkos Heime lagen wohl nicht zufällig<br />

gerade in <strong>der</strong> Ukraine! Doch lei<strong>der</strong> scheint es über die Kin<strong>der</strong>häuser <strong>der</strong><br />

Ukraine keine deutschsprachige Literatur zu geben 493 .<br />

20.3.4. Das Scheitern <strong>der</strong> Bekämpfung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendverwahrlosung<br />

Es entstanden zwar Arbeitskolonien, Kontrollstationen, Kin<strong>der</strong>heime 494 ,<br />

doch im Gegensatz zur formulierten anspruchsvollen Erziehungspolitik fehlte<br />

in <strong>der</strong> Praxis alles: Es gab dafür we<strong>der</strong> <strong>aus</strong>gebildete Erzieher noch Gebäude,<br />

Kleidung o<strong>der</strong> <strong>aus</strong>reichende Nahrung. Um 1924/1925 war <strong>der</strong> Mißerfolg bei<br />

<strong>der</strong> Bekämpfung <strong>der</strong> Jugendverwahrlosung nicht mehr zu bestreiten. Es war<br />

überdeutlich, daß Verwahrlosung nicht nur die Folge des alten Systems war,<br />

son<strong>der</strong>n täglich neu produziert wurde durch das Elend <strong>der</strong> Landbevölkerung,<br />

Landflucht, Arbeitslosigkeit, Massenflucht <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

493 Üblicherweise, etwa bei Schedler (1972: 243 f.) und Nezinskij (1969: 59), wird hier auf<br />

Astermann (1922) verwiesen, <strong>der</strong> aber nur sehr am Rande (Seite 17 - 22, 78 - 82) auf<br />

Kin<strong>der</strong>häuser eingeht und sich mehr mit schulischen Aspekten befasst. Zum Erziehungswesen<br />

<strong>der</strong> Sowjet-Ukraine vgl. auch: Die Proletarische Schule, Nachrichtenblatt <strong>der</strong><br />

Freunde des Erziehungs- und Bildungswesens in <strong>der</strong> Sowjet-Ukraine, eine zwanglose<br />

Beilage zum Sozialistischen Erzieher.<br />

494 Zunächst wurden durch Behörden o<strong>der</strong> Parteimitglie<strong>der</strong> und Betriebe im Sommer Kin<strong>der</strong>spielplätze<br />

z. B. auf Fabrikhöfen organisiert, um die große Masse <strong>der</strong> Straßenkin<strong>der</strong><br />

anzulocken und zu Gruppen zu sammeln. Ein dar<strong>aus</strong> <strong>aus</strong>gewählter Teil verwandelte den<br />

Kin<strong>der</strong>platz im strengen Winter in einen höher organisierten Kin<strong>der</strong>garten mit behelfsmäßiger<br />

Halbtagsschule und Nachtasyl (vgl. Astermann 1922: 17 - 22; Sorin 1926: 27).<br />

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