Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

3. Voraussetzungen und Hintergründe von
Heimrepubliken
Kinder- und Jugendrepubliken sind keine isolierten Einrichtungen, sondern
Teil von größeren und umfassenden politischen, sozialen und kulturellen Reformbewegungen.
Wenn man von den frühen Vorläufern absieht, sind die
Kinder- und Jugendrepubliken Teil der allgemeinen progressiven oder Reformbewegung
der Jahrhundertwende, die aus vielen verwobenen Teilbewegungen
zusammengesetzt war. Sie sind vor allem Teil des sozialpädagogischen
Zweigs der reformpädagogischen Bewegung 29 sowie Teil einer Strafreform
(penal reform)- Bewegung (Jugendgerichts- und Jugendgefängnisbewegung).
Die Republiken gehörten meist zur Avantgarde dieser Bewegungen,
und manche, wie das 1921 gegründete Summerhill, sind noch heute wegen ihrer
unerhörten Progressivität umstritten (siehe auch Teil 3).
Andere Facetten der Reformbewegung haben eine viel geringere Bedeutung,
spielen aber am Rande oft durchaus eine Rolle. Zu nennen sind hier: Jugendbewegung,
Siedlungsreformbewegung, Kleidungsreformbewegung,
Kunstreformbewegung (Theater, Tanz, ...), Ernährungsreform (Alkohol, Nikotin,
Naturkost), Sittenreform, Sexualreform, kurz: Lebensreform- und Gesellschaftsreformbewegungen,
außerdem Bestrebungen zur Emanzipation der
Arbeiter, zur Frauenemanzipation, Demokratie, Sozialismus, Pazifismus und
Internationalismus.
3.1. Reformpädagogik
Die Reformpädagogik ist selbst ein Gemisch aus Einzelbewegungen, die einander
vielfältig überschneiden. Einige allgemeine Schlagworte, Grund-
29 Siehe zur Reformpädagogik: Scheibe (1980), Flitner / Kuderitzki (1962); speziell zum
sozialpädagogischen Zweig: Herrmann (1956).
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