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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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als Erzeuger dieser Strukturen und Eigenschaften dienen und einen Seelenimperialismus<br />

erzeugen, mit<br />

„Über- und Unterordnung; Willkür, Befehl und Gehorsam; würdevolle(r) Autorität<br />

und ergebene Anerkennung; Egoismus, Strafe, Lohn und Rücksichtslosigkeit“<br />

(Bernfeld 1974a: 133), wie Bernfeld es bereits 1920 für Sowjetrußland befürchtete.<br />

Stattdessen müssen nach Bernfeld die Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen, die das<br />

neue Palästina bauen sollen, bereits jetzt in einem weitgehend herrschaftsfreien<br />

Gemeinwesen aufwachsen, das soziale Menschen erzieht und die<br />

sozialen Affekte för<strong>der</strong>t, in dem die Jugendlichen nicht recht- und willenlose<br />

Objekte von Erziehermacht und Erzieherkünsten sind, son<strong>der</strong>n ihre eigenen<br />

Angelegenheiten, ihr alltägliches Leben und ihre Arbeiten selbst ordnen<br />

nach den Prinzipien <strong>der</strong> zukünftigen sozialistischen Gesellschaft.<br />

Zwar könne eine vollendet kommunistische Erziehung erst in <strong>der</strong> späteren<br />

klassenlosen Gesellschaft erreicht werden, doch diese klassenlose Gesellschaft<br />

benötige zu ihrer Entstehung bereits den sozialistischen Menschen,<br />

<strong>der</strong> nur durch eine neue Erziehung entstehen könne.<br />

Diese Gesellschaft gab es noch nicht, weshalb niemand ihre Prinzipien genau<br />

kennen o<strong>der</strong> vorgeben konnte.<br />

Schulgemeinde und Jugendgruppen (Kwuzoth) waren für Bernfeld die geeigneten<br />

Mittel, die aber durch<strong>aus</strong> auch zur antisozialen Täuschung mißbraucht<br />

(vergewaltigt) werden könnten und deshalb nicht letzte For<strong>der</strong>ungen<br />

waren, son<strong>der</strong>n Gefäße, die Gift o<strong>der</strong> Heiltrunk enthalten können, weshalb<br />

alles auf die Einstellung <strong>der</strong> Erzieher ankomme.<br />

– Doch gerade diese soziale und sozialistische Erziehung und Umerziehung<br />

war <strong>der</strong> großen und entscheidende Streitpunkt. Bernfeld konnte sich Palästina<br />

nur sozialistisch o<strong>der</strong> gar nicht vorstellen, und also jüdische Erziehung<br />

ebenfalls nur sozialistisch. Seine betont sozialistische unautoritärkameradschaftliche,<br />

bedürfnisorientierte selbstbestimmte neue Erziehung<br />

und seine Ablehnung <strong>der</strong> autoritäts- und wohlfahrtsorientierten alten Erziehung<br />

konnte bei bürgerlichen Juden eigentlich nur Gegner finden:<br />

„Es gibt keine Inseln <strong>der</strong> Seligen in unserer unseligen Welt; man wird solche Erzieher<br />

nicht arbeiten lassen, wenn sie versuchen sollten, gemeinsam ein solches <strong>Wer</strong>k zu<br />

schaffen; man wird sie daran zu hin<strong>der</strong>n wissen, denn Vorwände gibt es genug, wo es<br />

sich um den Bestand des Bürgertums handelt - und gar des jüdischen.“ (Bernfeld<br />

1974a: 135)<br />

„Aber es war uns deutlich: man müßte das Jugendfürsorgewerk <strong>der</strong> passiven Resistenz<br />

und Sabotage des jüdischen Bürgertums entreißen, sollte es irgend an<strong>der</strong>s werden“<br />

... „Und das hätte dreierlei Vor<strong>aus</strong>setzungen bedurft: ein organisches, mit eigener<br />

Gesetzlichkeit und zum Hauptteil mit eigenen Mitteln sich entwickelndes Schulganzes;<br />

eine Institution von imponieren<strong>der</strong> und im gegebenen Fall Hilfe erzwingen<strong>der</strong><br />

Größe“ ... (Bernfeld 1974a: 102).<br />

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