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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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sen und Motive an<strong>der</strong>er Menschen sowie Toleranz. Beides wurde meist positiv,<br />

manchmal aber auch negativ bewertet, als zuviel Toleranz auch gegenüber<br />

schlechtem und antisozialem Betragen.<br />

Als in Summerhill erworbene positive Eigenschaften werden vor allem angeführt:<br />

eine gesunde Haltung zur Sexualität und zum an<strong>der</strong>en Geschlecht,<br />

natürliche Sicherheit, natürliche Entwicklung in Übereinstimmung mit eigenen<br />

Fähigkeiten und Interessen, das Ausleben und damit Überwinden des<br />

Spielbedürfnisses, wodurch man sich ernsthaften Zielen leichter widmen<br />

kann. Außerdem die Fähigkeit, mit den eigenen Kin<strong>der</strong>n gut und liebevoll<br />

<strong>aus</strong>zukommen und sie gesund und freiheitlich aufzuziehen.<br />

Diese Eigenschaften wurden häufig auf die Selbstregierung in Summerhill<br />

zurückgeführt: Die Diskussionen um Fehlverhalten und die Gründe und Motive<br />

<strong>der</strong> Beschuldigten ließen verstehen, warum jemand sich so verhielt, auch<br />

daß und warum er unglücklich war. Dies Verständnis schuf auch ein Gefühl<br />

<strong>der</strong> Sympathie, selbst für die Übeltäter (zu denen gelegentlich je<strong>der</strong> gehörte),<br />

und eine gewisse Tendenz, verstandenes Fehlverhalten zu verzeihen und zu<br />

rechtfertigen statt zu bekämpfen.<br />

Damit mag zusammenhängen, daß Summerhillschüler durchweg keine<br />

weltverän<strong>der</strong>nden politischen Kämpfer wurden, son<strong>der</strong>n sich eher in die Nischen<br />

<strong>der</strong> - durch<strong>aus</strong> äußerst kritisch gesehenen - Gesellschaft einfügen, um<br />

dort nach eigenen Vorstellungen ihr eigenes Leben zu leben, mit Familie,<br />

Kin<strong>der</strong>n und Freunden, auch in helfenden Berufen (Erziehung, Sozialarbeit,<br />

Medizin), aber nicht in <strong>der</strong> großen Politik o<strong>der</strong> in Parteien. Diese Politik-<br />

Abstinenz wird auch damit erklärt, daß Summerhillschüler mangels Unterdrückung<br />

auch nicht das Bedürfnis nach Auflehnung, Einfluß, Reichtum,<br />

Status, nach Macht über und Unterdrückung von An<strong>der</strong>en haben, daß sie<br />

nicht danach streben, aufzusteigen, die Leitung zu übernehmen, weil es für sie<br />

unwichtig ist. Das Motiv des Wettbewerbs mit an<strong>der</strong>en ist ihnen anscheinend<br />

- auch im Beruf - eher fremd, sie wollen lediglich ihre Arbeit gut machen.<br />

Summerhill wird häufig - meist undifferenziert - <strong>der</strong> Vorwurf gemacht, eine<br />

Insel zu sein 477 . In <strong>der</strong> Tat ist Summerhill sehr bewußt eine an<strong>der</strong>e Welt, sogar<br />

eine Gegenwelt mit an<strong>der</strong>en <strong>Wer</strong>ten und Zielen. Ob solche Gegenwelt als<br />

richtig und sinnvoll erachtet wird, hängt wohl von <strong>der</strong> Zielsetzung des Betrachters<br />

und vom Betrachtungswinkel ab. Unter dem Gesichtswinkel des beruflichen<br />

und gesellschaftlichen Aufstiegs o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kämpferischen Gesellschaftsverän<strong>der</strong>ung<br />

ist sie zweifellos und erklärtermaßen ungünstig.<br />

477 Solange ein solcher Insel-Vorwurf nicht näher erläutert wird, läßt er sich auch auf beinahe<br />

jede normale Schule, jedes normale Heim anwenden, da diese die gesellschaftlichen<br />

Realitäten ebenfalls weitestgehend <strong>aus</strong>blenden.<br />

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