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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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schülern, wie sie mit durch<strong>aus</strong> übereinstimmenden Ergebnissen von Croall<br />

(1984: 400 - 407; 80 Interviews), von Emmanuel Bernstein (1968a,b; 50 Interviews)<br />

und Bönningh<strong>aus</strong>en und Dreisbach-Olsen (1973: 29 - 38; 5 Interviews)<br />

berichtet werden (vgl. auch Segefjord 1971: 8 f.), und auf denen die<br />

folgenden Äußerungen basieren (mit Abstand am gründlichsten ist Bernstein!).<br />

Dabei besteht eine große Spannweite <strong>der</strong> Urteile: manche ehemalige<br />

Summerhillschüler fühlten sich äußerst stark durch Summerhill beeinflusst,<br />

an<strong>der</strong>e dagegen kaum. Auch die zeitliche Spannweite des Schulbesuchs ist<br />

groß und reicht von den 20er bis in die 70er Jahre. Selbst grobe quantitative<br />

Aussagen sind beim <strong>der</strong>zeitigen Forschungsstand nur schwer möglich, Bernstein<br />

unternimmt einen vorsichtigen Versuch dazu.<br />

Neill hat stets betont, daß er keine Kopien seiner selbst, son<strong>der</strong>n freie und<br />

selbständige Menschen mit wirklich eigenständiger Meinung erziehen will.<br />

Neill selbst war - entgegen <strong>der</strong> üblichen Vorstellung - politisch ein durch<strong>aus</strong><br />

aktiver Mensch! Seine Hoffnung, daß Summerhill kämpferische Pioniere für<br />

eine bessere Welt hervorbringen würde, hat sich aber eindeutig so nicht bestätigt<br />

475 .<br />

Die Summerhill-Erziehung ist zunächst an ihrem eigenen Ziel zu messen.<br />

Neills Erziehungsziel war betont nicht <strong>der</strong> gesellschaftliche Erfolg im Sinne<br />

von Berufsaufstieg und Sozialstatus. Es war ihm grundsätzlich egal, ob seine<br />

Schüler Straßenkehrer, Maurer o<strong>der</strong> Professoren wurden - obwohl er immens<br />

stolz auf die wenigen erfolgreichen Akademiker <strong>aus</strong> Summerhill war. Wäre<br />

ein Summerhillschüler Ministerpräsident o<strong>der</strong> Millionär geworden, so hätte<br />

Neill dies als Mißerfolg 476 gewertet! Ihn interessierte, was für eine Art<br />

Mensch, was für Persönlichkeiten seine Schüler wurden: ihr Charakter, ihre<br />

Selbstsicherheit, Kreativität und Toleranz.<br />

Die von Summerhillschülern meistgenannten typischen Eigenschaften eines<br />

Summerhillschülers waren eindeutig Verständnis für die Handlungswei-<br />

475 Diese Aussage bei Croall und Bernstein wird allerdings relativiert durch die bei Croall<br />

berichtete große politische Aktivität auch <strong>der</strong> Schüler, zumindest in den 30er Jahren, und<br />

die spätere Mitgliedschaft einiger von ihnen in <strong>der</strong> KP. Obwohl allgemein betont wird,<br />

daß Summerhill-Schüler mehr am privaten Glück als an Politik interessiert seien, berichtete<br />

die ehemalige Summerhillschülerin Ann (damals 39 Jahre alt) über ihr Engagement<br />

für eine gesetzliche Verbesserung <strong>der</strong> Frauenrechte, und daß sie ihre Frauenrechts-<br />

Organisation im Unterh<strong>aus</strong>-Ausschuß zum Status <strong>der</strong> Frauen vertritt (Bönningh<strong>aus</strong>en und<br />

Dreisbach-Olsen 1973: 34 f.).<br />

Die erwähnte allgemeine Politik-Abstinenz und das Desinteresse an Macht-Positionen<br />

scheinen hier ein gezieltes Engagement in Bürgerinitiativen also nicht <strong>aus</strong>zuschließen.<br />

Der Begriff Politik scheint auch hier eingegrenzt für Partei- und Regierungsangelegenheiten<br />

benutzt zu werden, die Bedeutung von direkte Interessenvertretung ist dabei anscheinend<br />

nicht mitgemeint.<br />

476 „I'd be very disappointed if a Summerhill child became Prime Minister. I'd feel I'd failed.“<br />

(Neill in Walmsley 1969, ohne Seitenzählung (S. 19); vgl. Croall 1984: 199, 401)<br />

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