Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

lettenanlagen aus technischen Gründen amtlich geschlossen. Neill sah darin
sofort auch eine Gefahr für Summerhill und warnte dringend, auf die Toiletten
zu achten, damit nicht auch Summerhill geschlossen würde.
Aufgrund des Copping-Falles befasste sich das Unterhaus des Parlaments
im April 1949 mit Privatschulen.
Neill fürchtete das (an den staatlichen Schulen ablesbare) sehr geringe pädagogische
Verständnis des Erziehungsministeriums und seiner Behörden und
wollte sie möglichst völlig aus seiner Schule heraushalten. Er erinnerte sich
nur zu genau an die Furcht seines Vaters vor den Schulinspektoren, die
Schließung von Horseley Hall, seine Behördenerfahrungen in Hellerau und
Sonntagberg, an Homer Lane, dessen Arbeit und Leben durch zwei behördliche
Untersuchungen ruiniert wurde: Wer in die Hand der Behörden geriet,
dessen Lebenswerk konnte durch einen kleinen Beamten oder Richter vernichtet
werden.
Neills Ängste vor Behörden und vor allem vor Schulinspektoren grenzten
allerdings gelegentlich an Verfolgungswahn, über den sich viele in Summerhill
lustig machten.
Die Schulinspektoren, die im Juni 1949 (aufgrund des Erziehungsgesetzes
von 1944) Summerhill zu inspizieren hatten, waren keineswegs geneigt,
Summerhill zu schließen, sahen die Schule eher mit Neugier, Interesse, deutlichem
Wohlwollen und großer Sympathie (Einzelheiten bei Croall 1984: 339
- 343). Doch selbst die Freundschaft mit seinem Inspektor änderte nichts an
Neills generalisierter, panischer Furcht vor Behörden allgemein und Schulinspektoren
im besonderen. Die Inspektionsberichte von 1949 schienen die
Schule beinahe mit Neills Augen zu sehen, sie strichen die Le-
kehr dabei mitgemeint). Der für die Schließung offiziell vorgebrachte Grund hätte auch
ausgereicht, etliche andere freie Schulen zu schließen, wobei insbesondere an Summerhill
zu denken ist (vgl. Croall 1984: 338; Gibson 1967; The Copping Case 1949 [vermutlich
ebenfalls von Gibson]).
Schulleiter Robert Copping (ein weiterer Lehrer an dieser Schule war Edward Reynolds)
wird als radikaler, religiös und sozial motivierter, sonderbarer Spinner geschildert, der
stets auf der Seite unterdrückter Kinder stand. Nach der Schulschließung arbeitete er in
London mit jugendlichen Delinquenten und wanderte 1954 aus nach Equador, wo er (ca.)
1967 starb.
Für die von der Polizei massiv unterdrückten und vertriebenen elternlose Straßenkinder
in Quito und Guayaquil organisierte er (ca. 1964) Clubs, die später (auch nach seinem
Tod) vom US-Peace-Corps, den British Voluntary Services Overseas und anderen Organisationen
unterstützt wurden. Die Clubs versuchten, die Kinder von der Straße bzw.
aus dem Gefängnis (wegen nächtlicher Ausgangssperre für Kinder!) zu holen, Mahlzeiten
und Schlafmöglichkeiten zu bieten sowie sie mit Spielen, Unterricht und Ausbildung
glücklich zu beschäftigen, Jobs zu vermitteln und gegebenenfalls Familienprobleme zu
lösen, wobei Unterrichtsbesuch (als Ersatz für dabei entgangenen Verdienst) bezahlt
wurde. Die einzig angegebene Größenordnung sind 400 Frühstücke täglich in Quito.
Diese (bei Gibson 1967 nur kurz beschriebene) Arbeit ähnelt sehr den in Kapitel 22.14.
beschriebenen südamerikanischen Kinderrepubliken.
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