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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Renovierung in Leiston schrieb Neill im Herbst 1945, daß bald die Kin<strong>der</strong><br />

<strong>aus</strong> ihren dreimonatigen Ferien nach Leiston zurückkehren würden.<br />

Bisher hatte Neill kein wirkliches Privatleben gehabt, nun teilte er im<br />

Haupth<strong>aus</strong> eine abgeschlossene Wohnung ab, um ein ungestörteres Privatund<br />

Eheleben zu haben, zumal ihn - 62jährig - <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>lärm mehr störte als<br />

in jüngeren Tagen. Die Neills waren sehr glücklich miteinan<strong>der</strong> und genossen<br />

ihre Liebe.<br />

Ena Neill hatte es beträchtliche Zeit schwer, sich in <strong>der</strong> Schule als Neills<br />

Ehefrau und Nachfolgerin von Mrs. Lins durchzusetzen. Viele waren mit<br />

Neills neuer Partnerin unzufrieden und hatten das eifersüchtige Gefühl, daß<br />

Ena ihnen ihren Ersatzvater Neill wegnehme.<br />

Ena war auch weniger duldsam als Mrs. Lins mit den vielen, oft aufdringlichen<br />

Besuchern, vor denen Neill sich gern in <strong>der</strong> <strong>Wer</strong>kstatt versteckte, und<br />

ebenso mit den vielen demonstrativ Neill-verehrenden Besucherinnen, die sie<br />

als lediglich eine unter vielen erscheinen ließen.<br />

18.5.2. Tochter Zoë: Das ‚freie Kind‘<br />

Neill wünscht sich nun sehr ein eigenes Baby, möglichst ein Mädchen. In <strong>der</strong><br />

Nacht zum 1.11.1946 blieb die ganze Schule auf, weil je<strong>der</strong> als erster den ersten<br />

Schrei des Neugeborenen hören wollte. Der inzwischen 63jährige Vater<br />

Neill war äußerst stolz auf seine kleine Tochter Zoë.<br />

Im Gegensatz zu den Empfehlungen nahezu 433 aller damaligen Erzieher,<br />

Ärzte und Psychologen, ein Kind exakt nach <strong>der</strong> Uhr zu füttern und ihm so<br />

einen festen Zeit-Rhythmus aufzuzwingen, wollte Neill sie selbstverständlich<br />

gemäß <strong>der</strong> Selbstregulierungs-Methode Wilhelm Reichs aufwachsen lassen,<br />

die gewissermaßen die individuelle Entsprechung <strong>der</strong> gemeinschaftlichen<br />

Summerhill-Selbstregierung war und auf demselben Vertrauen in die<br />

menschliche Natur aufbaute, nun aber nicht nur auf Psyche und Gruppenleben,<br />

son<strong>der</strong>n auch auf körperliche Bedürfnisse bezogen.<br />

Neill war selbstverständlich auch stark an <strong>der</strong> Idee des von Geburt an<br />

selbstregulierten Aufwachsens eines Kindes interessiert, schon deshalb, weil<br />

es so wenig selbstregulierte Babys auf <strong>der</strong> Welt gab, daß je<strong>der</strong> Beschreibungsversuch<br />

provisorische Mutmaßung sein mußte. Neill erwartete den<br />

433 In England nach den Empfehlungen des Neuseelän<strong>der</strong> Truby King (näheres in Berg 1973:<br />

51 - 54).<br />

Zu den seltenen Ausnahmen zählten Susan Isaacs als Psychologin <strong>der</strong> Nursery World und<br />

Dr. Benjamin Spock, <strong>der</strong> ein halbes Jahr vor Zoës Geburt sein berühmtes Buch Baby and<br />

Child Care veröffentlichte (im Mai 1946), das nach Neill näher als jedes an<strong>der</strong>e zur<br />

Selbstregulierung steht (Croall 1984: 302).<br />

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