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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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sein, wie sie am meisten leiten und am wenigsten schaden kann“ (Freud G. W. Bd. 15:<br />

160, zitiert nach Schmidt-Herrmann 1987: 211, Anm. 27; vgl. 53)<br />

Dementsprechend betonte auch die an Freud orientierte psychoanalytische<br />

Pädagogik (August Aichhorn, Anna Freud, <strong>der</strong> Schweizer Kreis <strong>der</strong> psychoanalytischen<br />

Pädagogen) nicht Triebbefreiung, son<strong>der</strong>n Verbote und Triebhemmung<br />

in unschädlichen Formen: Ablenkung, Umlenkung, Triebsublimierung.<br />

Neills Auffassung von freier Erziehung ohne jede Gewalt wurde von Psychoanalytikern<br />

- auch Stekel - kritisiert (Neill 1982: 326), während Neill umgekehrt<br />

beklagt, daß Freudianer nicht an Freiheit glauben und außerhalb ihrer<br />

Sprechzimmer in <strong>der</strong> Gesellschaft nicht einmal für ihre Sichtweise <strong>der</strong> Sexualität<br />

öffentlich eintreten.<br />

„Ich bin sicher, Freud selbst hielt nicht viel von Freiheit für Kin<strong>der</strong>. Er blieb Paternalist.<br />

Erinnern wir uns daran, daß die meisten Patienten sich wegen ihrer eigenen<br />

Komplexe behandeln lassen, nicht weil sie ihre Kin<strong>der</strong> ohne Neurosen aufziehen<br />

wollen.“ (Neill 1982: 267)<br />

18.3.5.5. Sexuelle Freiheit, freie Erziehung und Gesellschaft bei Reich<br />

Wilhelm Reich 421 kritisierte Freuds konservative Gesellschaftsvorstellungen<br />

und sah den Aggressionstrieb und Todestrieb nicht als natürliche angebore-<br />

421 Zur Biographie Wilhelm Reichs: Wilhelm Reich wurde geboren am 24.3.1997 als Sohn<br />

wohlhaben<strong>der</strong> Gutsbesitzer in <strong>der</strong> Bukowina. Nach dem Tod des Vaters 1914 übernahm<br />

er siebzehnjährig die Leitung des Gutes und rückte nach dem Abitur (1915) zum Kriegsdienst<br />

ein. Im Wintersemester 1918/19 begann er (das Gut lag nun in Sowjet-Ukraine) als<br />

mittelloser Ex-Leutnant und bereits sehr lebenserfahrener Student in Wien das Studium,<br />

in dem er sich von Anfang an auf die Psychoanalyse konzentrierte und das er Mitte 1922<br />

als Dr. med. abschloß. Während des Studiums leitete er das selbstorganisierte Studentenseminar<br />

für Sexuologie und kam dadurch auch in persönlichen Kontakt mit Freud u. a.<br />

Psychoanalytikern. Er wurde im Oktober 1920 noch als Student Mitglied <strong>der</strong> Wiener<br />

Psychoanalytischen Gesellschaft.<br />

Das von ihm 1922 angeregte und ab 1924 geleitete Technische Seminar für Psychoanalyse<br />

in Wien diskutierte im Kollegenkreis prinzipielle theoretische und methodische Fragen<br />

<strong>der</strong> Psychoanalyse. Reich suchte von Anfang an sehr eifrig und systematisch nach einer<br />

(holistischen) naturwissenschaftlichen Fundierung <strong>der</strong> (noch allzu spekulativen) Psychoanalyse,<br />

einer exakten Klärung <strong>der</strong> Begriffe Psychische Krankheit bzw. Gesundheit und<br />

Heilung (bzw. <strong>der</strong> Kriterien dafür): wann gelingt Heilung (nicht) und warum? Dabei konzentrierte<br />

er sich (von Anfang an) auf die von Freud nicht weiter <strong>aus</strong>gebaute Libido-<br />

Ökonomie, die Triebenergie Libido, die er später physikalisch als Orgon-Energie entdeckt<br />

zu haben meinte.<br />

Reich begann nach dem Studienabschluß (Facharzt<strong>aus</strong>bildung) die Arbeit in <strong>der</strong> soeben<br />

(1922) erst von Freud begründeten Psychoanalytischen Poliklinik in Wien, wo er zunächst<br />

bis 1928 Erster Klinischer Assistent wurde, dann Vizedirektor. Das Psychoanalytische<br />

Ambulatorium für Mittellose ist anscheinend identisch mit <strong>der</strong> Poliklinik o<strong>der</strong> ein<br />

Teil davon. Die Arbeit dort mit einer für die Psychoanalyse völlig neuen Bevölkerungsgruppe,<br />

von <strong>der</strong><br />

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