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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Freiheit meint für Lane das Leben nach eigenem inneren Antrieb. Für Foerster<br />

(siehe Kapitel 5) bedeutet sie die zwangsweise Befreiung von den eigenen<br />

natürlichen Bedürfnissen und Trieben, die radikale Unterdrückung jedes<br />

Eigensinns, damit <strong>der</strong> anerzogene Geist und Wille frei herrschen kann.<br />

Freiwilligkeit bedeutet dann die freiwillige Unterwerfung unter fremde Autorität,<br />

bedeutet gerade den Verzicht auf den eigenen freien Willen. Obwohl<br />

sie exakt gegensätzliche Auffassungen vertreten, sind sich Lane und Foerster<br />

einig über die große Bedeutung <strong>der</strong> Freiheit und Freiwilligkeit.<br />

Strafe bedeutet für Pädagogen und Juristen nicht dasselbe. Ein strafrichterlich<br />

angeordneter dreiwöchiger Aufenthalt im Jugendgefängnis ist juristisch<br />

ein Zuchtmittel o<strong>der</strong> ein Arrest, aber ähnlich wie Bußgeld keine Strafe,<br />

man ist dann nicht vorbestraft. Das Verhältnis von Strafe zu Erziehung ist ein<br />

kompliziertes. Manchmal gilt Erziehung als Alternative zur Strafe, die Fürsorgeerziehung<br />

kann etwa eine Gefängnisstrafe ersetzen. Manchmal ist Strafe<br />

ein Mittel <strong>der</strong> Erziehung. Der Zweck des Jugendstrafvollzuges ist die Erziehung<br />

und Besserung, nicht die Vergeltung. Begriffe wie Erziehungsstrafe und<br />

Vergeltungsstrafe versuchen diesen Unterschied zu verdeutlichen. Ich bin<br />

aber auch schon dem Begriff Wie<strong>der</strong>gutmachungsstrafe begegnet, <strong>der</strong> den<br />

Schadensersatz zur Strafe rechnet.<br />

Am Beispiel des Reformatory zeigt sich die Schwierigkeit, Erziehungssystem<br />

und Strafsystem exakt <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>zuhalten, zwischen Schule, Erziehungsheim<br />

und Gefängnis exakt zu trennen. Das amerikanische Reformatory<br />

wird manchmal als Jugendgefängnis und manchmal als Fürsorgeerziehungsanstalt<br />

für kriminelle Jugendliche bezeichnet. Es kann von <strong>der</strong> Gefängnisverwaltung,<br />

aber auch von Wohlfahrtsträgern betrieben werden. In England wurde<br />

es zuerst in Borstal / Kent eingeführt und heißt darum dort Borstal institution.<br />

Ins Deutsche Reich wurde das Reformatory erstmals im Jahre 1913 in<br />

Wittlich / Rheinland unter <strong>der</strong> Bezeichnung Jugendgefängnis eingeführt. In<br />

allen Fällen verurteilt ein Strafrichter einen Straftäter aufgrund des Strafgesetzes<br />

zum Aufenthalt in <strong>der</strong> Jugendstrafanstalt, damit er dort notfalls mit<br />

Erziehungsstrafen erzogen, aber eben nicht mit Vergeltung gestraft wird.<br />

Wie an<strong>der</strong>e Heime auch, so wird auch das Reformatory oft als (Besserungs-)<br />

Schule bezeichnet, als reform school o<strong>der</strong> reformation school.<br />

Einige <strong>der</strong> in dieser Arbeit verwendeten Begriffe müssen nun noch erläutert<br />

und begründet werden.<br />

Als Heim werden hier Erziehungsheime im weitesten Sinne bezeichnet, also<br />

auch Internate, Kin<strong>der</strong>städte, Sommerzeltlager (= Ferienheim), Evakuierungs-<br />

und Flüchtlingsheime (Barns und Montmorency), bis hin zum Jugendgefängnis<br />

(Reformatory), nicht aber die Wohngemeinschaften o<strong>der</strong> die Lehrlingswohnheime,<br />

mit <strong>der</strong>en Selbstverwaltung sich Lenhartz (1949, 1950) befasst.<br />

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