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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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das Interesse, doch es wurde deutlich weniger geflucht (vgl. Croall 1984:<br />

196).<br />

18.3.5.3. Mit Reich gegen Freud: Rückkehr zur Pädagogik<br />

Die Begegnung mit Reich in <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> 30er Jahre verän<strong>der</strong>te<br />

Neills Haltung zur Psychotherapie radikal, auch wenn man davon <strong>aus</strong>gehen<br />

kann, daß Reichs theoretische Formulierungen vielfach bereits bestehenden<br />

Auffassungen Neills entsprachen. Neill lernte, daß es nicht <strong>aus</strong>reicht 417 ,<br />

durch Psychotherapie das Unbewußte bewußt zu machen, solange eine unfreie<br />

Gesellschaft durch Unterdrückung ständig neue Störungen bei allen ihren<br />

Mitglie<strong>der</strong>n produzierte: Psychologie mußte Prophylaxe sein, sich mit den<br />

Massen und mit den gesellschaftlichen Umständen beschäftigen, mußte eine<br />

gesunde gesellschaftliche Umgebung, individuelle Freiheit und freie gesellschaftlich<br />

/ politische Verhältnisse for<strong>der</strong>n und schaffen helfen (vgl. Neill<br />

1982: 321 f.). Neills starkes politisches Engagement insbeson<strong>der</strong>e in den 30er<br />

Jahren dürfte ebenso wie die Abwendung von <strong>der</strong> Politik mit <strong>der</strong> Reichschen<br />

politischeren Sicht <strong>der</strong> Psychologie zusammenhängen. Sie entspricht auch genau<br />

<strong>der</strong> parallelen Entwicklung Reichs, <strong>der</strong> schließlich das Konzept <strong>der</strong> Antipolitik<br />

entwickelte. Neill wandte sich endgültig von Freud und <strong>der</strong> Psychoanalyse<br />

ab und verlor weitgehend das Interesse an individueller psychotherapeutischer<br />

Heilung, an <strong>der</strong> Psychoanalyse und Psychotherapie. Allerdings gab er<br />

die therapeutischen Privatstunden in Summerhill nie ganz auf.<br />

Sein Interesse lag nun (wie schon bei Lane, <strong>der</strong> vorgehabt hatte, Freud<br />

damit noch zu übertreffen) bei <strong>der</strong> Prophylaxe. Damit wandelte sich Neill<br />

gewissermaßen vom Psychologen / Psychotherapeuten zurück zum Pädagogen,<br />

<strong>der</strong> nun statt Therapie ein an<strong>der</strong>sgeartetes pädagogisches Verhältnis anstrebte.<br />

Neill wird häufig fälschlicherweise als Freudianer angesehen 418 . Tatsächlich<br />

lehnte er jedoch schon in den frühen 20er Jahren zentrale Bestandteile<br />

<strong>der</strong> Freud'schen Lehre ab und mischte, bis er Reich kennenlernte, Freud'sche,<br />

Adler'sche, Stekel'sche und auch an<strong>der</strong>e Theorieelemente miteinan<strong>der</strong> 419 .<br />

417 Neill (1970b: 14; 1982: 268) kritisiert seine frühere Überschätzung <strong>der</strong> Psychotherapie<br />

sehr scharf als naiv.<br />

418 Dies ist vor allem durch die gezielte Text<strong>aus</strong>wahl für Theorie und Praxis <strong>der</strong> antiautoritären<br />

Erziehung entstanden. Selbst im Vorwort zu diesem Buch wird Neill fälschlich als<br />

Freudianer bezeichnet und kritisiert.<br />

419 Anfänglich übernahm Neill (in Lanescher Abwandlung!) eine mehr o<strong>der</strong> weniger freudianische<br />

Sichtweise und sah sich auch selbst als Freudianer (vgl. Neill 1920 in Croall<br />

1984: 86). Doch schon Lane war kein orthodoxer Freudianer gewesen, und schon in London<br />

(1919 -<br />

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