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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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mag zusammenhängen, daß er auch bei sachlich scharfen Gegnern allgemein<br />

keine persönliche Gegnerschaft hervorrief, son<strong>der</strong>n häufig ein <strong>aus</strong>geprägtes<br />

persönliches Wohlwollen. Statt Personen attackierte Neill vor allem Institutionen,<br />

Haltungen und Ideen. Am wohlsten und entspanntesten fühlte er sich<br />

in gleichrangigen und deutlich vorstrukturierten, unpersönlichen (Arbeits-)<br />

Situationen und Beziehungen. Seine Nicht-Eingriffs-Politik war nicht nur<br />

durch seinen Glauben an die Freiheit des Kindes bedingt, son<strong>der</strong>n ebenso Sache<br />

seines Temperaments.<br />

In den Weihnachtsferien 1937 besuchte Neill 2 Wochen lang Reich und<br />

hatte 10 - 12 Therapiesitzungen. Auch 1938 machte er einen längeren Besuch,<br />

und bevor Reich im Sommer 1939 in die USA übersiedelte, erfolgte im April<br />

1939 ein letzter Besuch als Patient. Die nur wenige Wochen dauernde (auf<br />

Körpermassage beruhende) Vegetotherapie bei Reich half Neill weit mehr als<br />

alle bisherigen Therapien bei Homer Lane, Maurice Nicoll und Wilhelm Stekel,<br />

<strong>der</strong>en Deutungen zwar Neills Verstand, aber kaum seine Gefühle berührten.<br />

Neill war fast unfähig gewesen zu hassen. Reich schaffte es, ihn wütend zu<br />

machen und ihm einige gewalttätige Gefühls<strong>aus</strong>brüche zu entlocken. Die Verspannungen<br />

des Nackens und des Magens verschwanden, er lernte, seine bislang<br />

verborgenen Gefühle <strong>aus</strong>zudrücken.<br />

Die Analyse bei Reich, aber auch <strong>der</strong> Tod seiner Mutter (1934) und seines<br />

Vaters (November 1937) ermöglichten ihm auch, sich an Kindheitserlebnisse<br />

zu erinnern und veranlaßten ihn, sich mit seiner Kindheit zu befassen und sie<br />

aufzuschreiben. Dies wurde später als erster Teil seiner Autobiographie veröffentlicht.<br />

Sexuelle Probleme Neills waren einer <strong>der</strong> Hauptgründe für die Therapie bei<br />

Reich. Er kam trotz aller Hemmungen schwer zurecht mit seiner Vernunftehe<br />

ohne jede Sexualität mit Mrs. Lins. Obwohl viele junge Frauen um ihn herum<br />

ihn verehrten und bewun<strong>der</strong>ten, blieb Neill seiner Frau im allgemeinen treu,<br />

mit einer großen Ausnahme 410 : Anfang <strong>der</strong> 30er Jahre verliebte er sich in eine<br />

nach Summerhill gekommene junge österreichische Frau. Die beiden<br />

konnten sich nur sehr selten sehen, und in Briefen an Reich beklagte Neill das<br />

sexlose Leben, daß ihn zerstöre. Er litt an Kopfschmerz, war deprimiert, unzufrieden<br />

und haßerfüllt, fühlte sich dumpf und tot. Neill hätte seine Liebe zu<br />

Helga (fiktiver Name) gern offen gelebt, ihm waren die Heimlichkeiten, erfundenen<br />

Geschäftsreisen und Hotelzimmer unter falschen Namen zuwi<strong>der</strong>.<br />

Doch das hätte die Existenz <strong>der</strong> Schule ruinieren können, und dazu war er<br />

nicht bereit.<br />

410 Offenbar war dies die erste langandauernde, tiefgehende Liebesbeziehung Neills, wenn<br />

auch unter großen äußeren Schwierigkeiten und erst im Alter von etwa 50 Jahren.<br />

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