Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Er scheint die PL aber trotzdem nicht völlig aufgegeben zu haben, zumindest
formuliert Neill (1982: 191) kurz vor seinem Tod, daß PL in Summerhill
„heutzutage selten gegeben wird“.
Die in der PL erhaltene Informationen mußte Neill strikt geheimhalten und
auch bei Verhandlungen über Vergehen strikt verbergen, daß er den Täter
kannte, und ruhig die Selbstverteidigungs-Lügengeschichte des Täters mit anhören.
Die Privatstunden (PL) standen in einem gewissem Gegensatz zur Selbstregierung
durch die Vollversammlung: Die Versammlung übergab psychologische
Fälle meist gern an Neill, weil sie den Kindern oft unheimlich waren.
Manchmal aber mußte Neill solche Fälle auch gegen den Willen der empörten
Versammlung an sich ziehen, die Neill Favoritismus vorwarf, weil er den
Übeltäter seiner verdienten Strafe entzog.
Bei den oft erheblichen Störungen der Kinder gab es häufig gute Gründe
für eine Feindschaft der Städter gegenüber der Schule: Ein Mädchen hatte
z. B. in der Metallwerkstatt der Schule Münzen geprägt und damit in der
Stadt Schokolade und Zigaretten gekauft 385 ; ein soeben aus Schweden angereister
Junge stahl das Altartuch der Kirche und benutzt es in seinem Zimmer
als Teppich. Andere Kinder stahlen in den Läden der Stadt. Neill konnte sich
in beiden Fällen mit der Polizei arrangieren: das Mädchen wurde vom Schulgericht
bestraft und mußte den Schaden bezahlen, der Junge das Altartuch zurückerstatten
und schleunigst nach Schweden zurückkehren (vgl. Croall 1984:
188).
Auch die von Neill erzählten Abenteuergeschichten waren ebenso wie die
PL und das spontane Theaterspiel Teil seiner psychologischen Tätigkeit:
Neill war ein außergewöhnlich guter und eindrucksvoller Erzähler, seine
Geschichten 386 wirkten sehr auf die Kinder. In seinen bei den Kindern sehr
begehrten spannenden Abenteuergeschichten traten die Summerhill-
Bewohner als Hauptpersonen auf, und die Kritik der Zuhörer bestimmte den
Handlungsverlauf mit.
Scheuen Kindern gab er mutige Rollen, die angepassten erhielten Schurkenrollen,
er selbst glänzte meist durch Feigheit und Faulheit.
Neill erklärt dies Erzähltalent mit einer Eigenschaft, die jeden guten Erzieher
(etwa Lane) kennzeichne: mit der Fähigkeit, emotional wieder das kindliche
Niveau anzunehmen, auf Wunsch wieder zum Kind zu werden, innerlich
Kind geblieben, nie ganz erwachsen geworden zu sein bzw. wie ein
385 „Rowna Ely remembers making coins in the metal shop and passing them off in the town
for chocolate and cigarettes. ‚I don't remember any police arriving. But after a meeting in
the hall, with Neill as judge, we were sentenced to three weeks without pocket money or
visits to the pictures, until we had paid back the forged money‘.“ (Croall 1984: 188)
386 Zwei der Geschichten wurden als Bücher veröffentlicht: A Dominies Five; (Neill 1924)
und Die Grüne Wolke (1971c, ursprünglich Last Man Alive, 1938).
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