09.12.2012 Aufrufe

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

damit zusammenhängen, daß die Zahl <strong>der</strong> Gesetze leicht weit über hun<strong>der</strong>t<br />

liegen kann und Gesetze nicht wie in den Junior Republics auf Dauer angelegt<br />

sind, son<strong>der</strong>n sehr schnell wechseln und auch schnell wechseln sollen, um<br />

sich dem jeweiligen Stand des Erziehungserfolges in Summerhill anzupassen.<br />

Jede detaillierte Beschreibung wäre schon bei Erscheinen veraltet gewesen.<br />

Der jeweilige Stand des Erziehungs- bzw. Lernerfolges bestimmt, wie<br />

gut die Selbstregierung funktioniert und welche Art von Gesetzen in<br />

Summerhill gerade benötigt und beschlossen werden: Gibt es zu viele gestörte,<br />

junge und neue Kin<strong>der</strong> und zu wenige länger anwesende ältere, an Freiheit<br />

gewöhnte psychisch gesunde Jugendliche (die die Selbstregierung wesentlich<br />

tragen), so wird das Leben in Summerhill schwierig 377 . Dies zeigt sich am<br />

Beispiel des Türen-verschließens: Durch Schülermehrheit wurde beschlossen,<br />

das Theater abzuschließen, nachdem kleinere Kin<strong>der</strong> dort einiges zerstört<br />

hatten. Die Notwendigkeit des Verschließens wurde eingesehen, nachdem die<br />

Zerstörung geschehen war (Erfahrungslernen) und wäre vermutlich bekämpft<br />

worden, wenn es von Erwachsenen <strong>aus</strong> nicht einsehbaren Gründen (es ist ja<br />

noch nie etwas passiert) vorgeschrieben worden wäre.<br />

Der Kleidungsverkauf ist verboten, weil die Kleidung gegebenenfalls von den Eltern<br />

wie<strong>der</strong>beschafft werden müsste (Segefjord 1971: 95 f.; Neill 1950: 57; 1969: 65). Den<br />

Besuchern ist es verboten, den Kin<strong>der</strong>n Geld o<strong>der</strong> Branntwein zu schenken (Segefjord<br />

1971: 100, 73). Niemand darf sich von einem Kleineren Geld leihen (Segefjord 1971:<br />

68). Im Aufenthaltsraum <strong>der</strong> Mitarbeiter haben Kin<strong>der</strong> <strong>nichts</strong> zu suchen, außer zur Musik<br />

am Samstagabend (Segefjord 1971: 146).<br />

Die Angst, ähnlich wie das Little Commonwealth geschlossen zu werden, war vor dem<br />

Krieg eine durch<strong>aus</strong> realistische Befürchtung, zumal die örtlichen Kirchenvertreter und<br />

Honoratioren recht feindlich eingestellt waren. Um Summerhill einen Rest von Reputation<br />

in Leiston zu erhalten, erließ die Versammlung (in einer Art Belagerungsmentalität)<br />

strenge Regeln über das Verhalten in <strong>der</strong> Stadt (nicht fluchen, ordentliche Kleidung, bei<br />

<strong>der</strong> Nationalhymne aufstehen) und achtete streng auf ihre Einhaltung.<br />

377 Neills Stiefsohn erläuterte die Entwicklung in Summerhill am Modell einer Welle:<br />

„Der Grund dafür, daß es sich heute in einem Wellental befand, lag in <strong>der</strong> Tatsache, daß<br />

zu viele Schüler in zu kurzer Zeit dort gewesen waren, um das Summerhill-Leben erfassen<br />

und entsprechend leben zu können. Vor nur zwei Jahren waren es nur 21 Schüler gewesen.<br />

Dann war Neills Buch ein Bestseller in den USA. Heute kommen die meisten<br />

Schüler <strong>aus</strong> Amerika. In den Ausschüssen, die dafür sorgen, daß die Beschlüsse des Parlaments<br />

<strong>aus</strong>geführt und eingehalten werden, sitzen entwe<strong>der</strong> zu kleine Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>,<br />

die nicht erfassen, was eine freie Schule bedeutet und welche Verantwortung sie ihnen<br />

auferlegt, weil sie nicht lange genug hier gewesen sind. Es ist ein großer A<strong>der</strong>laß für<br />

Summerhill, wenn eine Gruppe von Schülern, die seit ihrem sechsten bis achten Lebensjahr<br />

dort waren, auf einmal abgeht. Genau das war vor zwei Jahren <strong>der</strong> Fall. In fünf bis<br />

sechs Jahren ist Summerhills Kurve wie<strong>der</strong> am Scheitelpunkt angelangt. Denn dann sind<br />

die Kleinen <strong>aus</strong> den Wohnbereichen San und Carriage so groß, daß sie in guter Hinsicht<br />

tonangebend werden.“ (Neills Stiefsohn Peter Wood im November 1966; in Segefjord<br />

1971: 103 f. Hier muß ein Datierungsfehler vorliegen: Segefjord führte das Gespräch<br />

1966, darin wird aber behauptet, daß vor zwei Jahren in den USA das (dort 1960 erschienene)<br />

Buch Summerhill erschienen sei.)<br />

383

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!