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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Neill ging dabei davon <strong>aus</strong>, daß Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Phantasie (dort und nur<br />

dort!) töten wollen und es dort auch lustvoll und ohne Schuld dürfen sollten,<br />

was er mit den Geschichten demonstrativ ermutigte. Daß er sie als mutige<br />

Helden auftreten ließ, sollte den Kin<strong>der</strong>n auch Neills <strong>Wer</strong>tschätzung und Zuneigung<br />

demonstrieren.<br />

Schon um Ostern 1924 herum gab es schwere Probleme: die wegen eines<br />

Wun<strong>der</strong>s erbaute Wallfahrtskirche neben dem Wohnheim war das Ziel von<br />

Wallfahrten <strong>aus</strong> vielen Län<strong>der</strong>n, vor allem zu Ostern. Neill hielt gar <strong>nichts</strong><br />

davon, und die Kin<strong>der</strong> waren höchst respektlos, wirkten mittels Spiegeln eigene<br />

Heiligenschein-Wun<strong>der</strong> an den Heiligenfiguren <strong>der</strong> Umgebung, und eines<br />

warf einen Schneeball auf das verehrte Heiligenbild. Die Nachbarn, die<br />

z. T. von <strong>der</strong> Wallfahrt lebten, wurden äußerst feindselig und aggressiv gegen<br />

die das Kloster entweihende heidnische Schule. Auch die Behörden bestanden<br />

auf dem festen Stundenplan und katholischem Religionsunterricht, wie<br />

ihn das Schulgesetz <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts vorschrieb, und den<br />

Neill durch<strong>aus</strong> vermeiden wollte (kirchliche Sexualfeindschaft, Hierarchie,<br />

Autorität, Schuldgefühl,..). Nachbarn denunzierten die Erwachsenen <strong>der</strong><br />

Schule bei <strong>der</strong> Polizei wegen vermuteter illegaler sexueller Beziehungen. Eine<br />

behördliche Genehmigung für die Schule zu erlangen, schien 351 unmöglich.<br />

Neill und Frau Neustätter begaben sich auf die Suche nach einer neuer<br />

Bleibe und zogen Anfang Juli 1924 mit den restlichen Schülern nach England.<br />

17.5. Exkurs: Spätere Nutzungen <strong>der</strong> Bildungsanstalt<br />

Das große Pensionsh<strong>aus</strong> fand unmittelbar einen neuen Nutzer: Am 1.7.1925,<br />

zwei Tage nach <strong>der</strong> Übersiedlung <strong>der</strong> Rhythmik-Schule nach Laxenburg bei<br />

Wien, übersiedelte 352 das protestantische Töchterheim <strong>der</strong> Mathilde Zimmer<br />

Stiftung ins große Pensionsh<strong>aus</strong>, das seitdem als h<strong>aus</strong>wirtschaftliche Heim-<br />

351 Daß im Juni 1924 die Bank, bei <strong>der</strong> das Geld <strong>der</strong> Schule lag, zusammenbrach, kann nur<br />

ein unwesentlicher Nebengrund für den Umzug nach England gewesen sein, zumal Neill<br />

in <strong>der</strong> Meldung seines Umzugs nach England in <strong>der</strong> New Era (5.1924,3: 19) lediglich<br />

25£ Schulgeld eines deutschen Kindes erwähnt, die dort deponiert waren. Der Behördenschriftwechsel<br />

(Information von Axel Kühn) zeigt, daß Neill vor den behördlichen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an eine Schulgenehmigung gemäß Schulgesetz von 1869 bzw. §187 SchUO<br />

rasch kapitulierte und seinen Genehmigungsantrag Anfang Mai 1924 (wohl nach dem<br />

ersten ernsthaften Behördenkontakt) zurückzog. Die Abreise erfolgte am 9. Juli 1924,<br />

wenige Tage nach Fristablauf.<br />

352 Stadtarchiv Dresden, Bestand Rähnitz-Hellerau, Abt. 9 Nr. 74: Neue Schule und Privatschule,<br />

Bl.21.<br />

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